Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Schubin, Ossip: Vollmondzauber. In: Engelhorns Allgemeine Romanbibliothek (Fünfzehnter Jahrgang. Band 17). 1. Bd. Stuttgart, 1899.

Bild:
<< vorherige Seite

ist's freilich heute zu Mut, als ob mir nichts mehr die Seele erleichtern könnte - aber das ist Unsinn, man lebt ja doch darüber hinweg." Er legte seiner Gewohnheit gemäß die Hand über die Augen, schöpfte tief Atem und fuhr fort: "Der Umstand, daß die Leute anfingen über meine Beziehungen zu der armen kleinen Doktorin zu reden, was die widerwärtige Neujahrssendung Märzfelds bewies, hatte mich - mehr noch als Ihre vorhergehenden, freundlichen Warnungen, Herr Oberst - dazu bestimmt, den Verkehr mit ihr so gut wie gänzlich aufzugeben, ihr gegenüber eine durchaus reservierte Haltung anzunehmen. Sie konnte sich nicht hineinfinden, armer Narr! - Sie schrieb mir Brief auf Brief, und ihre Briefe waren herzzerreißend! ... Sie bildete sich ein, daß ein geheimer Grund mein verändertes Benehmen herbeigeführt haben müsse, - es konnte nicht mit richtigen Dingen zugehen, man mußte sie mir gegenüber verleumdet haben. Sie flehte mich an, ich solle ihr Gelegenheit geben zu einer Auseinandersetzung. Und endlich sagte ich mir, daß es so doch nicht weitergehen könne, und ich entschloß mich, ihre Bitte zu erfüllen.

Ich besuchte sie zu der Stunde, die sie angegeben hatte - einer Stunde, in der wir ungestört miteinander reden konnten -, ich hoffte, daß es mir gelingen würde, sie zu beruhigen.

ist’s freilich heute zu Mut, als ob mir nichts mehr die Seele erleichtern könnte – aber das ist Unsinn, man lebt ja doch darüber hinweg.“ Er legte seiner Gewohnheit gemäß die Hand über die Augen, schöpfte tief Atem und fuhr fort: „Der Umstand, daß die Leute anfingen über meine Beziehungen zu der armen kleinen Doktorin zu reden, was die widerwärtige Neujahrssendung Märzfelds bewies, hatte mich – mehr noch als Ihre vorhergehenden, freundlichen Warnungen, Herr Oberst – dazu bestimmt, den Verkehr mit ihr so gut wie gänzlich aufzugeben, ihr gegenüber eine durchaus reservierte Haltung anzunehmen. Sie konnte sich nicht hineinfinden, armer Narr! – Sie schrieb mir Brief auf Brief, und ihre Briefe waren herzzerreißend! … Sie bildete sich ein, daß ein geheimer Grund mein verändertes Benehmen herbeigeführt haben müsse, – es konnte nicht mit richtigen Dingen zugehen, man mußte sie mir gegenüber verleumdet haben. Sie flehte mich an, ich solle ihr Gelegenheit geben zu einer Auseinandersetzung. Und endlich sagte ich mir, daß es so doch nicht weitergehen könne, und ich entschloß mich, ihre Bitte zu erfüllen.

Ich besuchte sie zu der Stunde, die sie angegeben hatte – einer Stunde, in der wir ungestört miteinander reden konnten –, ich hoffte, daß es mir gelingen würde, sie zu beruhigen.

<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <p><pb facs="#f0068" n="67"/>
ist&#x2019;s freilich heute zu Mut, als ob mir nichts mehr die Seele erleichtern könnte &#x2013; aber das ist Unsinn, man lebt ja doch darüber hinweg.&#x201C; Er legte seiner Gewohnheit gemäß die Hand über die Augen, schöpfte tief Atem und fuhr fort: &#x201E;Der Umstand, daß die Leute anfingen über meine Beziehungen zu der armen kleinen Doktorin zu reden, was die widerwärtige Neujahrssendung Märzfelds bewies, hatte mich &#x2013; mehr noch als Ihre vorhergehenden, freundlichen Warnungen, Herr Oberst &#x2013; dazu bestimmt, den Verkehr mit ihr so gut wie gänzlich aufzugeben, ihr gegenüber eine durchaus reservierte Haltung anzunehmen. Sie konnte sich nicht hineinfinden, armer Narr! &#x2013; Sie schrieb mir Brief auf Brief, und ihre Briefe waren herzzerreißend! &#x2026; Sie bildete sich ein, daß ein geheimer Grund mein verändertes Benehmen herbeigeführt haben müsse, &#x2013; es konnte nicht mit richtigen Dingen zugehen, man mußte sie mir gegenüber verleumdet haben. Sie flehte mich an, ich solle ihr Gelegenheit geben zu einer Auseinandersetzung. Und endlich sagte ich mir, daß es so doch nicht weitergehen könne, und ich entschloß mich, ihre Bitte zu erfüllen.</p>
        <p>Ich besuchte sie zu der Stunde, die sie angegeben hatte &#x2013; einer Stunde, in der wir ungestört miteinander reden konnten &#x2013;, ich hoffte, daß es mir gelingen würde, sie zu beruhigen.</p>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[67/0068] ist’s freilich heute zu Mut, als ob mir nichts mehr die Seele erleichtern könnte – aber das ist Unsinn, man lebt ja doch darüber hinweg.“ Er legte seiner Gewohnheit gemäß die Hand über die Augen, schöpfte tief Atem und fuhr fort: „Der Umstand, daß die Leute anfingen über meine Beziehungen zu der armen kleinen Doktorin zu reden, was die widerwärtige Neujahrssendung Märzfelds bewies, hatte mich – mehr noch als Ihre vorhergehenden, freundlichen Warnungen, Herr Oberst – dazu bestimmt, den Verkehr mit ihr so gut wie gänzlich aufzugeben, ihr gegenüber eine durchaus reservierte Haltung anzunehmen. Sie konnte sich nicht hineinfinden, armer Narr! – Sie schrieb mir Brief auf Brief, und ihre Briefe waren herzzerreißend! … Sie bildete sich ein, daß ein geheimer Grund mein verändertes Benehmen herbeigeführt haben müsse, – es konnte nicht mit richtigen Dingen zugehen, man mußte sie mir gegenüber verleumdet haben. Sie flehte mich an, ich solle ihr Gelegenheit geben zu einer Auseinandersetzung. Und endlich sagte ich mir, daß es so doch nicht weitergehen könne, und ich entschloß mich, ihre Bitte zu erfüllen. Ich besuchte sie zu der Stunde, die sie angegeben hatte – einer Stunde, in der wir ungestört miteinander reden konnten –, ich hoffte, daß es mir gelingen würde, sie zu beruhigen.

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
TCF (tokenisiert, serialisiert, lemmatisiert, normalisiert)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde im Rahmen des Moduls DTA-Erweiterungen (DTAE) digitalisiert. Weitere Informationen …

Wikisource: Bereitstellung der Texttranskription und Auszeichnung in Wikisource-Syntax. (2012-10-29T10:30:31Z) Bitte beachten Sie, dass die aktuelle Transkription (und Textauszeichnung) mittlerweile nicht mehr dem Stand zum Zeitpunkt der Übernahme aus Wikisource entsprechen muss.
Wikimedia Commons: Bereitstellung der Bilddigitalisate (2012-10-29T10:30:31Z)
Frank Wiegand: Konvertierung von Wikisource-Markup nach XML/TEI gemäß DTA-Basisformat. (2012-10-29T10:30:31Z)

Weitere Informationen:

Anmerkungen zur Transkription:

  • Als Grundlage dienen die Wikisource:Editionsrichtlinien.
  • Geviertstriche „—“ werden als normale Gedankenstriche „–“ wiedergegeben.
  • Die Majuskelschreibweise Ae, Oe, Ue wird als Ä, Ö, Ü wiedergegeben.
  • Worttrennungen am Zeilenende werden ignoriert. Das Wort wird noch auf der gleichen Seite vervollständigt.
  • Die Transkription folgt im Übrigen dem Original.



Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/schubin_vollmondzauber01_1899
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/schubin_vollmondzauber01_1899/68
Zitationshilfe: Schubin, Ossip: Vollmondzauber. In: Engelhorns Allgemeine Romanbibliothek (Fünfzehnter Jahrgang. Band 17). 1. Bd. Stuttgart, 1899, S. 67. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/schubin_vollmondzauber01_1899/68>, abgerufen am 18.05.2024.