Schubin, Ossip: Vollmondzauber. In: Engelhorns Allgemeine Romanbibliothek (Fünfzehnter Jahrgang. Band 17). 1. Bd. Stuttgart, 1899.gewöhnlich nicht aus den Reihen der Hochgeborenen, besonders nicht im Frieden. Der Posten ist mit viel zu viel Schererei und Schreiberei verbunden, um einem jungen Kavalier wünschenswert zu erscheinen. Aber Swoyschin füllte ihn vorzüglich aus, hielt sich auch tapfer mit der leidigen Schreiberei. Seine Neider - natürlich hatte er deren im Regiment - behaupteten, der Oberst mache es ihm leicht. Das mochte sein - jedenfalls vertrugen sich die beiden sehr gut, auch ganz abgesehen von dienstlichen Angelegenheiten. Der Oberst klimperte ein wenig Klavier, der Adjutant kratzte ein wenig auf der Geige. Wenn der Abend kam, sperrten sie die Thür zu und musizierten bis Mitternacht. Beide hatten denselben ruhigen, klassische Musik vorziehenden Geschmack. Sie spielten Mozart und Bach und hie und da ein Andante von Beethoven. Und wenn sie nicht spielten, so verloren sie sich in endlosen Gesprächen über Gott, die Menschen und die Weltordnung - oder vertieften sich in ein interessantes Buch, das Swoyschin dem Obersten vorlas. Die Adjutantenwohnung stieß an die des Vorgesetzten, und so waren Oberst und Adjutant von früh bis abends beisammen. Man lachte im Regiment über diese intime Freundschaft - nannte die beiden Wallenstein und Max -, gewöhnlich nicht aus den Reihen der Hochgeborenen, besonders nicht im Frieden. Der Posten ist mit viel zu viel Schererei und Schreiberei verbunden, um einem jungen Kavalier wünschenswert zu erscheinen. Aber Swoyschin füllte ihn vorzüglich aus, hielt sich auch tapfer mit der leidigen Schreiberei. Seine Neider – natürlich hatte er deren im Regiment – behaupteten, der Oberst mache es ihm leicht. Das mochte sein – jedenfalls vertrugen sich die beiden sehr gut, auch ganz abgesehen von dienstlichen Angelegenheiten. Der Oberst klimperte ein wenig Klavier, der Adjutant kratzte ein wenig auf der Geige. Wenn der Abend kam, sperrten sie die Thür zu und musizierten bis Mitternacht. Beide hatten denselben ruhigen, klassische Musik vorziehenden Geschmack. Sie spielten Mozart und Bach und hie und da ein Andante von Beethoven. Und wenn sie nicht spielten, so verloren sie sich in endlosen Gesprächen über Gott, die Menschen und die Weltordnung – oder vertieften sich in ein interessantes Buch, das Swoyschin dem Obersten vorlas. Die Adjutantenwohnung stieß an die des Vorgesetzten, und so waren Oberst und Adjutant von früh bis abends beisammen. Man lachte im Regiment über diese intime Freundschaft – nannte die beiden Wallenstein und Max –, <TEI> <text> <body> <div n="1"> <p><pb facs="#f0029" n="28"/> gewöhnlich nicht aus den Reihen der Hochgeborenen, besonders nicht im Frieden. Der Posten ist mit viel zu viel Schererei und Schreiberei verbunden, um einem jungen Kavalier wünschenswert zu erscheinen. Aber Swoyschin füllte ihn vorzüglich aus, hielt sich auch tapfer mit der leidigen Schreiberei. Seine Neider – natürlich hatte er deren im Regiment – behaupteten, der Oberst mache es ihm leicht. Das mochte sein – jedenfalls vertrugen sich die beiden sehr gut, auch ganz abgesehen von dienstlichen Angelegenheiten.</p> <p>Der Oberst klimperte ein wenig Klavier, der Adjutant kratzte ein wenig auf der Geige. Wenn der Abend kam, sperrten sie die Thür zu und musizierten bis Mitternacht. Beide hatten denselben ruhigen, klassische Musik vorziehenden Geschmack. Sie spielten Mozart und Bach und hie und da ein Andante von Beethoven. Und wenn sie nicht spielten, so verloren sie sich in endlosen Gesprächen über Gott, die Menschen und die Weltordnung – oder vertieften sich in ein interessantes Buch, das Swoyschin dem Obersten vorlas.</p> <p>Die Adjutantenwohnung stieß an die des Vorgesetzten, und so waren Oberst und Adjutant von früh bis abends beisammen.</p> <p>Man lachte im Regiment über diese intime Freundschaft – nannte die beiden Wallenstein und Max –, </p> </div> </body> </text> </TEI> [28/0029]
gewöhnlich nicht aus den Reihen der Hochgeborenen, besonders nicht im Frieden. Der Posten ist mit viel zu viel Schererei und Schreiberei verbunden, um einem jungen Kavalier wünschenswert zu erscheinen. Aber Swoyschin füllte ihn vorzüglich aus, hielt sich auch tapfer mit der leidigen Schreiberei. Seine Neider – natürlich hatte er deren im Regiment – behaupteten, der Oberst mache es ihm leicht. Das mochte sein – jedenfalls vertrugen sich die beiden sehr gut, auch ganz abgesehen von dienstlichen Angelegenheiten.
Der Oberst klimperte ein wenig Klavier, der Adjutant kratzte ein wenig auf der Geige. Wenn der Abend kam, sperrten sie die Thür zu und musizierten bis Mitternacht. Beide hatten denselben ruhigen, klassische Musik vorziehenden Geschmack. Sie spielten Mozart und Bach und hie und da ein Andante von Beethoven. Und wenn sie nicht spielten, so verloren sie sich in endlosen Gesprächen über Gott, die Menschen und die Weltordnung – oder vertieften sich in ein interessantes Buch, das Swoyschin dem Obersten vorlas.
Die Adjutantenwohnung stieß an die des Vorgesetzten, und so waren Oberst und Adjutant von früh bis abends beisammen.
Man lachte im Regiment über diese intime Freundschaft – nannte die beiden Wallenstein und Max –,
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