Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Schubin, Ossip: Vollmondzauber. In: Engelhorns Allgemeine Romanbibliothek (Fünfzehnter Jahrgang. Band 17). 1. Bd. Stuttgart, 1899.

Bild:
<< vorherige Seite

müsse ihn gewinnen, wenn es noch eine Gerechtigkeit gäbe in Österreich, nun, dann hätte alle Not ein Ende. Hier in der Gegend müsse auch eines von den Schlössern gelegen sein, das zu der bestrittenen Erbschaft gehöre - Zdibitz heiße es.

"Man sieht die Fassade von hier aus; bei der nächsten Lichtung zeig' ich sie Ihnen," bemerkte der Oberst.

Und in der That, als sie die nächste Lichtung erreichten, zeigte der Oberst seinem jungen Begleiter ein weißes Schloß, das einen fernen Hügel krönte.

Wieder legte Swoyschin lustig salutierend die Hand an die Mütze. Dann gönnten sich die Herren noch einen schneidigen Galopp und ließen hierauf die Pferde verschnaufen, ritten ruhig nebeneinander, behaglich träg. Obzwar sie sich erst seit einigen Stunden kannten, fühlten sie sich als gute alte Freunde und benahmen sich als solche. Wenn ihnen nichts mehr zu sagen einfiel, schwiegen sie.

Es war nichts zu hören als das leise Versinken der Pferdehufe in dem weichen, kurzen Rasen, das leise Knistern des Herbstes in den Wäldern - ringsum nur ein großes, dem Schlaf entgegenträumendes Schweigen in Wald und Flur, - goldene Blätter fielen von den Zweigen der Linden, wiegten sich einen letzten Augenblick wie frühlingstrunkene Schmetterlinge in der von Nebelgewinden durchschwebten Luft

müsse ihn gewinnen, wenn es noch eine Gerechtigkeit gäbe in Österreich, nun, dann hätte alle Not ein Ende. Hier in der Gegend müsse auch eines von den Schlössern gelegen sein, das zu der bestrittenen Erbschaft gehöre – Zdibitz heiße es.

„Man sieht die Fassade von hier aus; bei der nächsten Lichtung zeig’ ich sie Ihnen,“ bemerkte der Oberst.

Und in der That, als sie die nächste Lichtung erreichten, zeigte der Oberst seinem jungen Begleiter ein weißes Schloß, das einen fernen Hügel krönte.

Wieder legte Swoyschin lustig salutierend die Hand an die Mütze. Dann gönnten sich die Herren noch einen schneidigen Galopp und ließen hierauf die Pferde verschnaufen, ritten ruhig nebeneinander, behaglich träg. Obzwar sie sich erst seit einigen Stunden kannten, fühlten sie sich als gute alte Freunde und benahmen sich als solche. Wenn ihnen nichts mehr zu sagen einfiel, schwiegen sie.

Es war nichts zu hören als das leise Versinken der Pferdehufe in dem weichen, kurzen Rasen, das leise Knistern des Herbstes in den Wäldern – ringsum nur ein großes, dem Schlaf entgegenträumendes Schweigen in Wald und Flur, – goldene Blätter fielen von den Zweigen der Linden, wiegten sich einen letzten Augenblick wie frühlingstrunkene Schmetterlinge in der von Nebelgewinden durchschwebten Luft

<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <p><pb facs="#f0024" n="23"/>
müsse ihn gewinnen, wenn es noch eine Gerechtigkeit gäbe in Österreich, nun, dann hätte alle Not ein Ende. Hier in der Gegend müsse auch eines von den Schlössern gelegen sein, das zu der bestrittenen Erbschaft gehöre &#x2013; Zdibitz heiße es.</p>
        <p>&#x201E;Man sieht die Fassade von hier aus; bei der nächsten Lichtung zeig&#x2019; ich sie Ihnen,&#x201C; bemerkte der Oberst.</p>
        <p>Und in der That, als sie die nächste Lichtung erreichten, zeigte der Oberst seinem jungen Begleiter ein weißes Schloß, das einen fernen Hügel krönte.</p>
        <p>Wieder legte Swoyschin lustig salutierend die Hand an die Mütze. Dann gönnten sich die Herren noch einen schneidigen Galopp und ließen hierauf die Pferde verschnaufen, ritten ruhig nebeneinander, behaglich träg. Obzwar sie sich erst seit einigen Stunden kannten, fühlten sie sich als gute alte Freunde und benahmen sich als solche. Wenn ihnen nichts mehr zu sagen einfiel, schwiegen sie.</p>
        <p>Es war nichts zu hören als das leise Versinken der Pferdehufe in dem weichen, kurzen Rasen, das leise Knistern des Herbstes in den Wäldern &#x2013; ringsum nur ein großes, dem Schlaf entgegenträumendes Schweigen in Wald und Flur, &#x2013; goldene Blätter fielen von den Zweigen der Linden, wiegten sich einen letzten Augenblick wie frühlingstrunkene Schmetterlinge in der von Nebelgewinden durchschwebten Luft
</p>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[23/0024] müsse ihn gewinnen, wenn es noch eine Gerechtigkeit gäbe in Österreich, nun, dann hätte alle Not ein Ende. Hier in der Gegend müsse auch eines von den Schlössern gelegen sein, das zu der bestrittenen Erbschaft gehöre – Zdibitz heiße es. „Man sieht die Fassade von hier aus; bei der nächsten Lichtung zeig’ ich sie Ihnen,“ bemerkte der Oberst. Und in der That, als sie die nächste Lichtung erreichten, zeigte der Oberst seinem jungen Begleiter ein weißes Schloß, das einen fernen Hügel krönte. Wieder legte Swoyschin lustig salutierend die Hand an die Mütze. Dann gönnten sich die Herren noch einen schneidigen Galopp und ließen hierauf die Pferde verschnaufen, ritten ruhig nebeneinander, behaglich träg. Obzwar sie sich erst seit einigen Stunden kannten, fühlten sie sich als gute alte Freunde und benahmen sich als solche. Wenn ihnen nichts mehr zu sagen einfiel, schwiegen sie. Es war nichts zu hören als das leise Versinken der Pferdehufe in dem weichen, kurzen Rasen, das leise Knistern des Herbstes in den Wäldern – ringsum nur ein großes, dem Schlaf entgegenträumendes Schweigen in Wald und Flur, – goldene Blätter fielen von den Zweigen der Linden, wiegten sich einen letzten Augenblick wie frühlingstrunkene Schmetterlinge in der von Nebelgewinden durchschwebten Luft

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
TCF (tokenisiert, serialisiert, lemmatisiert, normalisiert)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde im Rahmen des Moduls DTA-Erweiterungen (DTAE) digitalisiert. Weitere Informationen …

Wikisource: Bereitstellung der Texttranskription und Auszeichnung in Wikisource-Syntax. (2012-10-29T10:30:31Z) Bitte beachten Sie, dass die aktuelle Transkription (und Textauszeichnung) mittlerweile nicht mehr dem Stand zum Zeitpunkt der Übernahme aus Wikisource entsprechen muss.
Wikimedia Commons: Bereitstellung der Bilddigitalisate (2012-10-29T10:30:31Z)
Frank Wiegand: Konvertierung von Wikisource-Markup nach XML/TEI gemäß DTA-Basisformat. (2012-10-29T10:30:31Z)

Weitere Informationen:

Anmerkungen zur Transkription:

  • Als Grundlage dienen die Wikisource:Editionsrichtlinien.
  • Geviertstriche „—“ werden als normale Gedankenstriche „–“ wiedergegeben.
  • Die Majuskelschreibweise Ae, Oe, Ue wird als Ä, Ö, Ü wiedergegeben.
  • Worttrennungen am Zeilenende werden ignoriert. Das Wort wird noch auf der gleichen Seite vervollständigt.
  • Die Transkription folgt im Übrigen dem Original.



Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/schubin_vollmondzauber01_1899
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/schubin_vollmondzauber01_1899/24
Zitationshilfe: Schubin, Ossip: Vollmondzauber. In: Engelhorns Allgemeine Romanbibliothek (Fünfzehnter Jahrgang. Band 17). 1. Bd. Stuttgart, 1899, S. 23. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/schubin_vollmondzauber01_1899/24>, abgerufen am 06.05.2024.