Schubin, Ossip: Vollmondzauber. In: Engelhorns Allgemeine Romanbibliothek (Fünfzehnter Jahrgang. Band 17). 1. Bd. Stuttgart, 1899.erhalten haben konnte, nicht einmal durch das Telephon?" "Es handelt sich um eine Nichte von mir, der man diese sonderbare Eigenschaft zuschreibt," erklärte freundlich die alte Hausfrau den beiden Herren. Dann sich der neugierigen Freundin zuwendend: "Ich kann dir nicht sagen, ob es wahr ist. Neulich hatte sie den Anfall, aber den nächsten Tag war sie still und in sich gekehrt und wollte mit der Farbe nicht heraus." "Und wie benimmt sie sich während des Anfalls? Spricht sie aus dem Schlaf, kann man Fragen an sie stellen?" forschte die Stiftsdame weiter. "Ich habe sie während des Anfalls nicht gesehen, niemand hat sie gesehen. Emma läßt niemand zu ihr, während sie, wie Emma sich ausdrückt, krank ist. Emma ist wie ein Tiger!" "Schade - hm - da hast du also gar nichts davon," brummte die Ronitz. "Wovon denn?" fragte die Gräfin Zell und rückte an der goldenen Nadel, mit der ihr schwarzes Spitzenhäubchen auf ihren grauen Scheiteln befestigt war. "Na, von dem Besuch. Du hast doch Gina hauptsächlich eingeladen, weil du neugierig warst." "Nein, nein, Rosin', du gehst zu weit," wehrte lachend die Freundin. erhalten haben konnte, nicht einmal durch das Telephon?“ „Es handelt sich um eine Nichte von mir, der man diese sonderbare Eigenschaft zuschreibt,“ erklärte freundlich die alte Hausfrau den beiden Herren. Dann sich der neugierigen Freundin zuwendend: „Ich kann dir nicht sagen, ob es wahr ist. Neulich hatte sie den Anfall, aber den nächsten Tag war sie still und in sich gekehrt und wollte mit der Farbe nicht heraus.“ „Und wie benimmt sie sich während des Anfalls? Spricht sie aus dem Schlaf, kann man Fragen an sie stellen?“ forschte die Stiftsdame weiter. „Ich habe sie während des Anfalls nicht gesehen, niemand hat sie gesehen. Emma läßt niemand zu ihr, während sie, wie Emma sich ausdrückt, krank ist. Emma ist wie ein Tiger!“ „Schade – hm – da hast du also gar nichts davon,“ brummte die Ronitz. „Wovon denn?“ fragte die Gräfin Zell und rückte an der goldenen Nadel, mit der ihr schwarzes Spitzenhäubchen auf ihren grauen Scheiteln befestigt war. „Na, von dem Besuch. Du hast doch Gina hauptsächlich eingeladen, weil du neugierig warst.“ „Nein, nein, Rosin’, du gehst zu weit,“ wehrte lachend die Freundin. <TEI> <text> <body> <div n="1"> <p><pb facs="#f0113" n="112"/> erhalten haben konnte, nicht einmal durch das Telephon?“</p> <p>„Es handelt sich um eine Nichte von mir, der man diese sonderbare Eigenschaft zuschreibt,“ erklärte freundlich die alte Hausfrau den beiden Herren. Dann sich der neugierigen Freundin zuwendend: „Ich kann dir nicht sagen, ob es wahr ist. Neulich hatte sie den Anfall, aber den nächsten Tag war sie still und in sich gekehrt und wollte mit der Farbe nicht heraus.“</p> <p>„Und wie benimmt sie sich während des Anfalls? Spricht sie aus dem Schlaf, kann man Fragen an sie stellen?“ forschte die Stiftsdame weiter.</p> <p>„Ich habe sie während des Anfalls nicht gesehen, niemand hat sie gesehen. Emma läßt niemand zu ihr, während sie, wie Emma sich ausdrückt, krank ist. Emma ist wie ein Tiger!“</p> <p>„Schade – hm – da hast du also gar nichts davon,“ brummte die Ronitz.</p> <p>„Wovon denn?“ fragte die Gräfin Zell und rückte an der goldenen Nadel, mit der ihr schwarzes Spitzenhäubchen auf ihren grauen Scheiteln befestigt war.</p> <p>„Na, von dem Besuch. Du hast doch Gina hauptsächlich eingeladen, weil du neugierig warst.“</p> <p>„Nein, nein, Rosin’, du gehst zu weit,“ wehrte lachend die Freundin.</p> </div> </body> </text> </TEI> [112/0113]
erhalten haben konnte, nicht einmal durch das Telephon?“
„Es handelt sich um eine Nichte von mir, der man diese sonderbare Eigenschaft zuschreibt,“ erklärte freundlich die alte Hausfrau den beiden Herren. Dann sich der neugierigen Freundin zuwendend: „Ich kann dir nicht sagen, ob es wahr ist. Neulich hatte sie den Anfall, aber den nächsten Tag war sie still und in sich gekehrt und wollte mit der Farbe nicht heraus.“
„Und wie benimmt sie sich während des Anfalls? Spricht sie aus dem Schlaf, kann man Fragen an sie stellen?“ forschte die Stiftsdame weiter.
„Ich habe sie während des Anfalls nicht gesehen, niemand hat sie gesehen. Emma läßt niemand zu ihr, während sie, wie Emma sich ausdrückt, krank ist. Emma ist wie ein Tiger!“
„Schade – hm – da hast du also gar nichts davon,“ brummte die Ronitz.
„Wovon denn?“ fragte die Gräfin Zell und rückte an der goldenen Nadel, mit der ihr schwarzes Spitzenhäubchen auf ihren grauen Scheiteln befestigt war.
„Na, von dem Besuch. Du hast doch Gina hauptsächlich eingeladen, weil du neugierig warst.“
„Nein, nein, Rosin’, du gehst zu weit,“ wehrte lachend die Freundin.
Suche im WerkInformationen zum Werk
Download dieses Werks
XML (TEI P5) ·
HTML ·
Text Metadaten zum WerkTEI-Header · CMDI · Dublin Core Ansichten dieser Seite
Voyant Tools ?Language Resource Switchboard?FeedbackSie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden. Kommentar zur DTA-AusgabeDieses Werk wurde im Rahmen des Moduls DTA-Erweiterungen (DTAE) digitalisiert. Weitere Informationen … Wikisource: Bereitstellung der Texttranskription und Auszeichnung in Wikisource-Syntax.
(2012-10-29T10:30:31Z)
Bitte beachten Sie, dass die aktuelle Transkription (und Textauszeichnung) mittlerweile nicht mehr dem Stand zum Zeitpunkt der Übernahme aus Wikisource entsprechen muss.
Wikimedia Commons: Bereitstellung der Bilddigitalisate
(2012-10-29T10:30:31Z)
Frank Wiegand: Konvertierung von Wikisource-Markup nach XML/TEI gemäß DTA-Basisformat.
(2012-10-29T10:30:31Z)
Weitere Informationen:Anmerkungen zur Transkription:
|
Insbesondere im Hinblick auf die §§ 86a StGB und 130 StGB wird festgestellt, dass die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte weder in irgendeiner Form propagandistischen Zwecken dienen, oder Werbung für verbotene Organisationen oder Vereinigungen darstellen, oder nationalsozialistische Verbrechen leugnen oder verharmlosen, noch zum Zwecke der Herabwürdigung der Menschenwürde gezeigt werden. Die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte (in Wort und Bild) dienen im Sinne des § 86 StGB Abs. 3 ausschließlich historischen, sozial- oder kulturwissenschaftlichen Forschungszwecken. Ihre Veröffentlichung erfolgt in der Absicht, Wissen zur Anregung der intellektuellen Selbstständigkeit und Verantwortungsbereitschaft des Staatsbürgers zu vermitteln und damit der Förderung seiner Mündigkeit zu dienen.
2007–2024 Deutsches Textarchiv, Berlin-Brandenburgische Akademie der Wissenschaften.
Kontakt: redaktion(at)deutschestextarchiv.de. |