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Schubin, Ossip: Etiquette. Eine Rococo-Arabeske. Berlin, 1887.

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Am andern Ende des Schlosses harren Dauphin und Dauphine mit ihrem Hofstaat der Abwicklung des großen Ereignisses entgegen. Die Dauphine schlank, reizend mit hübsch gerundetem, ovalem Gesichtchen, in dem die feinen Züge noch nicht übermäßig geschärft hervortreten, wie in ihrer späteren Periode, plaudert immer und immer wieder heiter aus der feierlichen Schweigsamkeit heraus, welche der Ernst der Situation ihr abfordert, und theilt Madame de Lamballe eine neue Idee mit für die langweilige Hoftrauer.

Der Dauphin, schon damals schwerfällig behäbig, eine feiste Caricatur der legendären Bourbonenschönheit, runzelt die Stirn zu ihrer Leichtfertigkeit und wendet sich plötzlich an seinen Bruder, den Grafen von Provence, mit der Frage, ob es denn wahr, daß Choiseul die Haare verloren habe und dick geworden sei?

Mit ironischem Lächeln bestätigt der Graf von Provence das ominöse Gerücht, worauf der Dauphin sich erhebt und mit derselben schlaffen Bewegung, die bei jedem für ihn wichtigen Lebensmoment seine aufgeregte Unschlüssigkeit bekunden

Am andern Ende des Schlosses harren Dauphin und Dauphine mit ihrem Hofstaat der Abwicklung des großen Ereignisses entgegen. Die Dauphine schlank, reizend mit hübsch gerundetem, ovalem Gesichtchen, in dem die feinen Züge noch nicht übermäßig geschärft hervortreten, wie in ihrer späteren Periode, plaudert immer und immer wieder heiter aus der feierlichen Schweigsamkeit heraus, welche der Ernst der Situation ihr abfordert, und theilt Madame de Lamballe eine neue Idee mit für die langweilige Hoftrauer.

Der Dauphin, schon damals schwerfällig behäbig, eine feiste Caricatur der legendären Bourbonenschönheit, runzelt die Stirn zu ihrer Leichtfertigkeit und wendet sich plötzlich an seinen Bruder, den Grafen von Provence, mit der Frage, ob es denn wahr, daß Choiseul die Haare verloren habe und dick geworden sei?

Mit ironischem Lächeln bestätigt der Graf von Provence das ominöse Gerücht, worauf der Dauphin sich erhebt und mit derselben schlaffen Bewegung, die bei jedem für ihn wichtigen Lebensmoment seine aufgeregte Unschlüssigkeit bekunden

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[27/0027] Am andern Ende des Schlosses harren Dauphin und Dauphine mit ihrem Hofstaat der Abwicklung des großen Ereignisses entgegen. Die Dauphine schlank, reizend mit hübsch gerundetem, ovalem Gesichtchen, in dem die feinen Züge noch nicht übermäßig geschärft hervortreten, wie in ihrer späteren Periode, plaudert immer und immer wieder heiter aus der feierlichen Schweigsamkeit heraus, welche der Ernst der Situation ihr abfordert, und theilt Madame de Lamballe eine neue Idee mit für die langweilige Hoftrauer. Der Dauphin, schon damals schwerfällig behäbig, eine feiste Caricatur der legendären Bourbonenschönheit, runzelt die Stirn zu ihrer Leichtfertigkeit und wendet sich plötzlich an seinen Bruder, den Grafen von Provence, mit der Frage, ob es denn wahr, daß Choiseul die Haare verloren habe und dick geworden sei? Mit ironischem Lächeln bestätigt der Graf von Provence das ominöse Gerücht, worauf der Dauphin sich erhebt und mit derselben schlaffen Bewegung, die bei jedem für ihn wichtigen Lebensmoment seine aufgeregte Unschlüssigkeit bekunden

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Zitationshilfe: Schubin, Ossip: Etiquette. Eine Rococo-Arabeske. Berlin, 1887, S. 27. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/schubin_etiquette_1887/27>, abgerufen am 19.04.2024.