Schubin, Ossip: Etiquette. Eine Rococo-Arabeske. Berlin, 1887.Lancelot Joseph le Provost du Vighan, Seigneur de Letoriere, war ein armer Edelmann aus der Xaintonge. Er gehörte zu der zweiten Noblesse. Als Ludwig XV. eines Tages seinen Rath M. Cherin gefragt, wer denn der hübsche, junge Cavalier sei, den Niemand kenne und dem er seit einiger Zeit auf allen seinen Wegen begegne - ein gewisser M. de Letoriere - da hatte M. Cherin mit dem Kopfe schüttelnd geantwortet: der junge Herr habe ihm zwar seine Papiere vorgelegt, aber es stünde damit so - so. Jedenfalls dürfte M. de Letoriere Schwierigkeiten haben, zu Hof zu kommen, denn ... "Er ist charmant - ich will ihn bei Hof sehen, richten Sie sich danach. Geben Sie ihm den Titel eines Vicomte!" schnitt der Monarch dem allzu gewissenhaften Adelsforscher das Wort ab. Und M. Cherin richtete sich danach - der Vicomte de Letoriere kam zu Hof. In den Augen des Königs war er ein hübscher, amüsanter Mensch, den man gern um sich leiden und in Folge dessen, ohne viel an seine Lancelot Joseph le Provost du Vighan, Seigneur de Letorière, war ein armer Edelmann aus der Xaintonge. Er gehörte zu der zweiten Noblesse. Als Ludwig XV. eines Tages seinen Rath M. Chérin gefragt, wer denn der hübsche, junge Cavalier sei, den Niemand kenne und dem er seit einiger Zeit auf allen seinen Wegen begegne – ein gewisser M. de Letorière – da hatte M. Chérin mit dem Kopfe schüttelnd geantwortet: der junge Herr habe ihm zwar seine Papiere vorgelegt, aber es stünde damit so – so. Jedenfalls dürfte M. de Letorière Schwierigkeiten haben, zu Hof zu kommen, denn … „Er ist charmant – ich will ihn bei Hof sehen, richten Sie sich danach. Geben Sie ihm den Titel eines Vicomte!“ schnitt der Monarch dem allzu gewissenhaften Adelsforscher das Wort ab. Und M. Chérin richtete sich danach – der Vicomte de Letorière kam zu Hof. In den Augen des Königs war er ein hübscher, amüsanter Mensch, den man gern um sich leiden und in Folge dessen, ohne viel an seine <TEI> <text> <body> <div n="1"> <pb facs="#f0020" n="20"/> <p>Lancelot Joseph le Provost du Vighan, Seigneur de Letorière, war ein armer Edelmann aus der Xaintonge. Er gehörte zu der zweiten Noblesse.</p> <p>Als Ludwig XV. eines Tages seinen Rath M. Chérin gefragt, wer denn der hübsche, junge Cavalier sei, den Niemand kenne und dem er seit einiger Zeit auf allen seinen Wegen begegne – ein gewisser M. de Letorière – da hatte M. Chérin mit dem Kopfe schüttelnd geantwortet: der junge Herr habe ihm zwar seine Papiere vorgelegt, aber es stünde damit so – so. Jedenfalls dürfte M. de Letorière Schwierigkeiten haben, zu Hof zu kommen, denn …</p> <p>„Er ist charmant – ich <hi rendition="#aq">will</hi> ihn bei Hof sehen, richten Sie sich danach. Geben Sie ihm den Titel eines Vicomte!“ schnitt der Monarch dem allzu gewissenhaften Adelsforscher das Wort ab.</p> <p>Und M. Chérin richtete sich danach – der Vicomte de Letorière kam zu Hof.</p> <p>In den Augen des Königs war er ein hübscher, amüsanter Mensch, den man gern um sich leiden und in Folge dessen, ohne viel an seine </p> </div> </body> </text> </TEI> [20/0020]
Lancelot Joseph le Provost du Vighan, Seigneur de Letorière, war ein armer Edelmann aus der Xaintonge. Er gehörte zu der zweiten Noblesse.
Als Ludwig XV. eines Tages seinen Rath M. Chérin gefragt, wer denn der hübsche, junge Cavalier sei, den Niemand kenne und dem er seit einiger Zeit auf allen seinen Wegen begegne – ein gewisser M. de Letorière – da hatte M. Chérin mit dem Kopfe schüttelnd geantwortet: der junge Herr habe ihm zwar seine Papiere vorgelegt, aber es stünde damit so – so. Jedenfalls dürfte M. de Letorière Schwierigkeiten haben, zu Hof zu kommen, denn …
„Er ist charmant – ich will ihn bei Hof sehen, richten Sie sich danach. Geben Sie ihm den Titel eines Vicomte!“ schnitt der Monarch dem allzu gewissenhaften Adelsforscher das Wort ab.
Und M. Chérin richtete sich danach – der Vicomte de Letorière kam zu Hof.
In den Augen des Königs war er ein hübscher, amüsanter Mensch, den man gern um sich leiden und in Folge dessen, ohne viel an seine
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