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Schubert, Gotthilf Heinrich von: Die Symbolik des Traumes. Bamberg, 1814.

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sprünglichen Bestimmung abgewichen, und jenes geisti-
gen Organes bedient sich öfters eine der göttlichen sehr
entgegengesetzte Stimme, mißbraucht dasselbe aufs ent-
setzlichste. Wir vernehmen deßhalb, nicht bloß im Trau-
me, über dessen ungöttliche Natur schon alte Selbst-
bekenntnisse klagen, *) sondern auch in der pythischen
Begeisterung und im Fanatismus, sowohl des Unglau-
bens, als des Aberglaubens, durch jenes Organ eine
Geistersprache, die sich zwar zum Theil derselben Wor-
te bedient, als die ursprüngliche, aber diese in einem
ganz anderen ungeheuer verschiedenen Sinne gebraucht,
sie zu einem ganz entgegengesetzten Zwecke mißbraucht.
Indessen bleibt das Gewissen überall jene (im jetzigen
Daseyn dunkle) Region des Gefühles, auf welche,
und in welcher alle Einflüsse einer höheren oder nie-
deren, guten oder schlimmen Geisterwelt wirken, durch
welche sich alle Kräfte eines ehemaligen und künfti-
gen Lebens äußern.

In dieser Zweyseitigkeit und Doppelsinnigkeit
verräth sich jene geistige Anlage überall, und es ist
kein Zeitalter, keine Nation, woraus sich nicht, mit-
ten unter den ungeheuersten Mistönen, wozu bey ih-
nen jenes Organ entwürdigt worden, auch noch einzel-
ne Töne der entgegengesetzten höheren Stimme ver-
nehmen ließen.

Zu dem Altvater Antonius kam einst, ermüdet
und verwundet von mannichfaltiger Mißhandlung der
Menschen, ein Mann, den das Alterthum unter dem
Namen Paulus der Einfältige kennet. Der Ruhe
und der Belehrung bedürftig, bat er den Vater, er

möch-
*) Z. B. jene des Augustinus.

ſpruͤnglichen Beſtimmung abgewichen, und jenes geiſti-
gen Organes bedient ſich oͤfters eine der goͤttlichen ſehr
entgegengeſetzte Stimme, mißbraucht daſſelbe aufs ent-
ſetzlichſte. Wir vernehmen deßhalb, nicht bloß im Trau-
me, uͤber deſſen ungoͤttliche Natur ſchon alte Selbſt-
bekenntniſſe klagen, *) ſondern auch in der pythiſchen
Begeiſterung und im Fanatismus, ſowohl des Unglau-
bens, als des Aberglaubens, durch jenes Organ eine
Geiſterſprache, die ſich zwar zum Theil derſelben Wor-
te bedient, als die urſpruͤngliche, aber dieſe in einem
ganz anderen ungeheuer verſchiedenen Sinne gebraucht,
ſie zu einem ganz entgegengeſetzten Zwecke mißbraucht.
Indeſſen bleibt das Gewiſſen uͤberall jene (im jetzigen
Daſeyn dunkle) Region des Gefuͤhles, auf welche,
und in welcher alle Einfluͤſſe einer hoͤheren oder nie-
deren, guten oder ſchlimmen Geiſterwelt wirken, durch
welche ſich alle Kraͤfte eines ehemaligen und kuͤnfti-
gen Lebens aͤußern.

In dieſer Zweyſeitigkeit und Doppelſinnigkeit
verraͤth ſich jene geiſtige Anlage uͤberall, und es iſt
kein Zeitalter, keine Nation, woraus ſich nicht, mit-
ten unter den ungeheuerſten Mistoͤnen, wozu bey ih-
nen jenes Organ entwuͤrdigt worden, auch noch einzel-
ne Toͤne der entgegengeſetzten hoͤheren Stimme ver-
nehmen ließen.

Zu dem Altvater Antonius kam einſt, ermuͤdet
und verwundet von mannichfaltiger Mißhandlung der
Menſchen, ein Mann, den das Alterthum unter dem
Namen Paulus der Einfaͤltige kennet. Der Ruhe
und der Belehrung beduͤrftig, bat er den Vater, er

moͤch-
*) Z. B. jene des Auguſtinus.
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[58/0068] ſpruͤnglichen Beſtimmung abgewichen, und jenes geiſti- gen Organes bedient ſich oͤfters eine der goͤttlichen ſehr entgegengeſetzte Stimme, mißbraucht daſſelbe aufs ent- ſetzlichſte. Wir vernehmen deßhalb, nicht bloß im Trau- me, uͤber deſſen ungoͤttliche Natur ſchon alte Selbſt- bekenntniſſe klagen, *) ſondern auch in der pythiſchen Begeiſterung und im Fanatismus, ſowohl des Unglau- bens, als des Aberglaubens, durch jenes Organ eine Geiſterſprache, die ſich zwar zum Theil derſelben Wor- te bedient, als die urſpruͤngliche, aber dieſe in einem ganz anderen ungeheuer verſchiedenen Sinne gebraucht, ſie zu einem ganz entgegengeſetzten Zwecke mißbraucht. Indeſſen bleibt das Gewiſſen uͤberall jene (im jetzigen Daſeyn dunkle) Region des Gefuͤhles, auf welche, und in welcher alle Einfluͤſſe einer hoͤheren oder nie- deren, guten oder ſchlimmen Geiſterwelt wirken, durch welche ſich alle Kraͤfte eines ehemaligen und kuͤnfti- gen Lebens aͤußern. In dieſer Zweyſeitigkeit und Doppelſinnigkeit verraͤth ſich jene geiſtige Anlage uͤberall, und es iſt kein Zeitalter, keine Nation, woraus ſich nicht, mit- ten unter den ungeheuerſten Mistoͤnen, wozu bey ih- nen jenes Organ entwuͤrdigt worden, auch noch einzel- ne Toͤne der entgegengeſetzten hoͤheren Stimme ver- nehmen ließen. Zu dem Altvater Antonius kam einſt, ermuͤdet und verwundet von mannichfaltiger Mißhandlung der Menſchen, ein Mann, den das Alterthum unter dem Namen Paulus der Einfaͤltige kennet. Der Ruhe und der Belehrung beduͤrftig, bat er den Vater, er moͤch- *) Z. B. jene des Auguſtinus.

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Zitationshilfe: Schubert, Gotthilf Heinrich von: Die Symbolik des Traumes. Bamberg, 1814, S. 58. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/schubert_symbolik_1814/68>, abgerufen am 25.11.2024.