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Schubert, Gotthilf Heinrich von: Die Symbolik des Traumes. Bamberg, 1814.

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Menschenähnlichkeit verschwindet nun ganz, ohngefähr
so wie der Umriß der am fernsten stehenden Gegen-
stände bey einer weiten Aussicht zuletzt ganz undeut-
lich und urkenntlich wird. Auch in der Maschinerie
der Tracheen, verräth sich der Charakter einer spätern
Ratur, bey deren Entstehen die jetzige Atmosphäre
ganz jene Hauptrolle gespielt zu haben scheint, welche
bey der früheren dem Wasser zugekommen. Was je-
doch diese jüngere Thierwelt am meisten charakterisirt,
ist: daß die Wesen nicht mehr in der ursprünglichen
Grundgestalt ihres Geschlechts auftreten, sondern daß
sie den größten Theil ihres Daseyns in dem Zustande
einer unkenntlichen, entstellten Larve zubringen, und
daß sie einer neuen höheren Geburt -- der Me-
tamorphose bedürfen, um wieder in den eigentlichen
Normal-Zustand ihres Geschlechts, in den elterli-
chen
zurückzukehren.

In einer andern Hinsicht wird jene Metamor-
phose, schon nach der ältesten Völkeransicht, ein trö-
stendes Sinnbild des Todes, als Wiedergeburt zu ei-
nem ursprünglichen, vollkommenen Daseyn, als Er-
wachen nach einem höheren Vorbilde, und das Wort
Tod, in seiner schrecklichen, wie in seiner tröstlichen
Bedeutung, scheint erst mit den jüngeren Perioden in
die Sprache der Natur gekommen, in diese aufgenom-
men worden zu seyn, wie denn diese jüngeren und
jüngsten Formationen erst aus der Zerstörung und dem
Tode der älteren hervorgehen. Die ganze früheste Na-
tur hat kein solches Bild für das Wort Tod; dieser
Begriff scheint ihr ursprünglich fremd zu seyn.

Wenn

Menſchenaͤhnlichkeit verſchwindet nun ganz, ohngefaͤhr
ſo wie der Umriß der am fernſten ſtehenden Gegen-
ſtaͤnde bey einer weiten Ausſicht zuletzt ganz undeut-
lich und urkenntlich wird. Auch in der Maſchinerie
der Tracheen, verraͤth ſich der Charakter einer ſpaͤtern
Ratur, bey deren Entſtehen die jetzige Atmoſphaͤre
ganz jene Hauptrolle geſpielt zu haben ſcheint, welche
bey der fruͤheren dem Waſſer zugekommen. Was je-
doch dieſe juͤngere Thierwelt am meiſten charakteriſirt,
iſt: daß die Weſen nicht mehr in der urſpruͤnglichen
Grundgeſtalt ihres Geſchlechts auftreten, ſondern daß
ſie den groͤßten Theil ihres Daſeyns in dem Zuſtande
einer unkenntlichen, entſtellten Larve zubringen, und
daß ſie einer neuen hoͤheren Geburt — der Me-
tamorphoſe beduͤrfen, um wieder in den eigentlichen
Normal-Zuſtand ihres Geſchlechts, in den elterli-
chen
zuruͤckzukehren.

In einer andern Hinſicht wird jene Metamor-
phoſe, ſchon nach der aͤlteſten Voͤlkeranſicht, ein troͤ-
ſtendes Sinnbild des Todes, als Wiedergeburt zu ei-
nem urſpruͤnglichen, vollkommenen Daſeyn, als Er-
wachen nach einem hoͤheren Vorbilde, und das Wort
Tod, in ſeiner ſchrecklichen, wie in ſeiner troͤſtlichen
Bedeutung, ſcheint erſt mit den juͤngeren Perioden in
die Sprache der Natur gekommen, in dieſe aufgenom-
men worden zu ſeyn, wie denn dieſe juͤngeren und
juͤngſten Formationen erſt aus der Zerſtoͤrung und dem
Tode der aͤlteren hervorgehen. Die ganze fruͤheſte Na-
tur hat kein ſolches Bild fuͤr das Wort Tod; dieſer
Begriff ſcheint ihr urſpruͤnglich fremd zu ſeyn.

Wenn
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[42/0052] Menſchenaͤhnlichkeit verſchwindet nun ganz, ohngefaͤhr ſo wie der Umriß der am fernſten ſtehenden Gegen- ſtaͤnde bey einer weiten Ausſicht zuletzt ganz undeut- lich und urkenntlich wird. Auch in der Maſchinerie der Tracheen, verraͤth ſich der Charakter einer ſpaͤtern Ratur, bey deren Entſtehen die jetzige Atmoſphaͤre ganz jene Hauptrolle geſpielt zu haben ſcheint, welche bey der fruͤheren dem Waſſer zugekommen. Was je- doch dieſe juͤngere Thierwelt am meiſten charakteriſirt, iſt: daß die Weſen nicht mehr in der urſpruͤnglichen Grundgeſtalt ihres Geſchlechts auftreten, ſondern daß ſie den groͤßten Theil ihres Daſeyns in dem Zuſtande einer unkenntlichen, entſtellten Larve zubringen, und daß ſie einer neuen hoͤheren Geburt — der Me- tamorphoſe beduͤrfen, um wieder in den eigentlichen Normal-Zuſtand ihres Geſchlechts, in den elterli- chen zuruͤckzukehren. In einer andern Hinſicht wird jene Metamor- phoſe, ſchon nach der aͤlteſten Voͤlkeranſicht, ein troͤ- ſtendes Sinnbild des Todes, als Wiedergeburt zu ei- nem urſpruͤnglichen, vollkommenen Daſeyn, als Er- wachen nach einem hoͤheren Vorbilde, und das Wort Tod, in ſeiner ſchrecklichen, wie in ſeiner troͤſtlichen Bedeutung, ſcheint erſt mit den juͤngeren Perioden in die Sprache der Natur gekommen, in dieſe aufgenom- men worden zu ſeyn, wie denn dieſe juͤngeren und juͤngſten Formationen erſt aus der Zerſtoͤrung und dem Tode der aͤlteren hervorgehen. Die ganze fruͤheſte Na- tur hat kein ſolches Bild fuͤr das Wort Tod; dieſer Begriff ſcheint ihr urſpruͤnglich fremd zu ſeyn. Wenn

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Zitationshilfe: Schubert, Gotthilf Heinrich von: Die Symbolik des Traumes. Bamberg, 1814, S. 42. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/schubert_symbolik_1814/52>, abgerufen am 24.11.2024.