Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Schubert, Gotthilf Heinrich: Ansichten von der Nachtseite der Naturwissenschaft. Dresden, 1808.

Bild:
<< vorherige Seite

Schmerzen vorauszusagen. Diese Schmerzen bewirkt
auch eine zufällige schnelle Abwechslung der Tempera-
tur, in welcher sich jene Theile befinden, unmittelbar.
Es scheint demnach etwas, wovon noch keine einzige
Spur vorhanden ist, auf diese Organe schon zu wirken,
welches ein Widerspruch wäre, wenn diese Naturer-
scheinung sich nicht auf andre Weise lösen ließe.

Auch bey jenen allgemein verbreiteten Volkskrank-
heiten, welche eine Folge der in gewissen Jahren herr-
schenden Witterung sind, sieht man kränklichere und
reizbarere Individuen früher davon ergriffen werden,
ehe vielleicht selbst jene Stimmung der Witterung oder
doch wenigstens die allgemeine, vielen gleichzeitige
Seuche, eingetreten ist. Andre vorzüglich unreizbare
Naturen, oder solche, bey denen wenigstens die Orga-
ne, welche jene Krankheit am meisten afficirt, im vor-
züglichsten Grade unreizbar sind, sehen wir noch spät
an der allgemeinen Krankheit darniederliegen, wenn
diese bey der Menge schon längst vorüber ist. -- Nach
demselben Gesetz sehen wir auch, wenn dem Körper ei-
ne allgemeine und heftige Krankheit bevorsteht, diese
zuerst nur gewisse Organe, mehr oder minder afficiren,
und so ihre Annäherung dem Arzte durch gewisse einzel-
ne Vorboten vorausverkündigen. Dieser Theil der Leh-
re von den Symptomen hängt unmittelbar mit der Leh-
re von den Perioden der Ausbildung und der Funktio-
nen der einzelnen Organe zusammen, denn es geschieht
dieses nach demselben Gesetz, nach welchem die zarte-
ren und schwächlichern Individuen derselben Art, frü-
her sich entwicklen, und früher wieder verblühen, als
die stärkeren und gesünderen, oder nach welchem die
minder selbstständigen Organe früher ausgebildet und
früher wieder zu ihrer Bestimmung untüchtiger werden,
als die vollkommneren, selbstständig entwickleten.


Schmerzen vorauszuſagen. Dieſe Schmerzen bewirkt
auch eine zufaͤllige ſchnelle Abwechslung der Tempera-
tur, in welcher ſich jene Theile befinden, unmittelbar.
Es ſcheint demnach etwas, wovon noch keine einzige
Spur vorhanden iſt, auf dieſe Organe ſchon zu wirken,
welches ein Widerſpruch waͤre, wenn dieſe Naturer-
ſcheinung ſich nicht auf andre Weiſe loͤſen ließe.

Auch bey jenen allgemein verbreiteten Volkskrank-
heiten, welche eine Folge der in gewiſſen Jahren herr-
ſchenden Witterung ſind, ſieht man kraͤnklichere und
reizbarere Individuen fruͤher davon ergriffen werden,
ehe vielleicht ſelbſt jene Stimmung der Witterung oder
doch wenigſtens die allgemeine, vielen gleichzeitige
Seuche, eingetreten iſt. Andre vorzuͤglich unreizbare
Naturen, oder ſolche, bey denen wenigſtens die Orga-
ne, welche jene Krankheit am meiſten afficirt, im vor-
zuͤglichſten Grade unreizbar ſind, ſehen wir noch ſpaͤt
an der allgemeinen Krankheit darniederliegen, wenn
dieſe bey der Menge ſchon laͤngſt voruͤber iſt. — Nach
demſelben Geſetz ſehen wir auch, wenn dem Koͤrper ei-
ne allgemeine und heftige Krankheit bevorſteht, dieſe
zuerſt nur gewiſſe Organe, mehr oder minder afficiren,
und ſo ihre Annaͤherung dem Arzte durch gewiſſe einzel-
ne Vorboten vorausverkuͤndigen. Dieſer Theil der Leh-
re von den Symptomen haͤngt unmittelbar mit der Leh-
re von den Perioden der Ausbildung und der Funktio-
nen der einzelnen Organe zuſammen, denn es geſchieht
dieſes nach demſelben Geſetz, nach welchem die zarte-
ren und ſchwaͤchlichern Individuen derſelben Art, fruͤ-
her ſich entwicklen, und fruͤher wieder verbluͤhen, als
die ſtaͤrkeren und geſuͤnderen, oder nach welchem die
minder ſelbſtſtaͤndigen Organe fruͤher ausgebildet und
fruͤher wieder zu ihrer Beſtimmung untuͤchtiger werden,
als die vollkommneren, ſelbſtſtaͤndig entwickleten.


<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <p><pb facs="#f0380" n="366"/>
Schmerzen vorauszu&#x017F;agen. Die&#x017F;e Schmerzen bewirkt<lb/>
auch eine zufa&#x0364;llige &#x017F;chnelle Abwechslung der Tempera-<lb/>
tur, in welcher &#x017F;ich jene Theile befinden, unmittelbar.<lb/>
Es &#x017F;cheint demnach etwas, wovon noch keine einzige<lb/>
Spur vorhanden i&#x017F;t, auf die&#x017F;e Organe &#x017F;chon zu wirken,<lb/>
welches ein Wider&#x017F;pruch wa&#x0364;re, wenn die&#x017F;e Naturer-<lb/>
&#x017F;cheinung &#x017F;ich nicht auf andre Wei&#x017F;e lo&#x0364;&#x017F;en ließe.</p><lb/>
        <p>Auch bey jenen allgemein verbreiteten Volkskrank-<lb/>
heiten, welche eine Folge der in gewi&#x017F;&#x017F;en Jahren herr-<lb/>
&#x017F;chenden Witterung &#x017F;ind, &#x017F;ieht man kra&#x0364;nklichere und<lb/>
reizbarere Individuen fru&#x0364;her davon ergriffen werden,<lb/>
ehe vielleicht &#x017F;elb&#x017F;t jene Stimmung der Witterung oder<lb/>
doch wenig&#x017F;tens die allgemeine, vielen gleichzeitige<lb/>
Seuche, eingetreten i&#x017F;t. Andre vorzu&#x0364;glich unreizbare<lb/>
Naturen, oder &#x017F;olche, bey denen wenig&#x017F;tens die Orga-<lb/>
ne, welche jene Krankheit am mei&#x017F;ten afficirt, im vor-<lb/>
zu&#x0364;glich&#x017F;ten Grade unreizbar &#x017F;ind, &#x017F;ehen wir noch &#x017F;pa&#x0364;t<lb/>
an der allgemeinen Krankheit darniederliegen, wenn<lb/>
die&#x017F;e bey der Menge &#x017F;chon la&#x0364;ng&#x017F;t voru&#x0364;ber i&#x017F;t. &#x2014; Nach<lb/>
dem&#x017F;elben Ge&#x017F;etz &#x017F;ehen wir auch, wenn dem Ko&#x0364;rper ei-<lb/>
ne allgemeine und heftige Krankheit bevor&#x017F;teht, die&#x017F;e<lb/>
zuer&#x017F;t nur gewi&#x017F;&#x017F;e Organe, mehr oder minder afficiren,<lb/>
und &#x017F;o ihre Anna&#x0364;herung dem Arzte durch gewi&#x017F;&#x017F;e einzel-<lb/>
ne Vorboten vorausverku&#x0364;ndigen. Die&#x017F;er Theil der Leh-<lb/>
re von den Symptomen ha&#x0364;ngt unmittelbar mit der Leh-<lb/>
re von den Perioden der Ausbildung und der Funktio-<lb/>
nen der einzelnen Organe zu&#x017F;ammen, denn es ge&#x017F;chieht<lb/>
die&#x017F;es nach dem&#x017F;elben Ge&#x017F;etz, nach welchem die zarte-<lb/>
ren und &#x017F;chwa&#x0364;chlichern Individuen der&#x017F;elben Art, fru&#x0364;-<lb/>
her &#x017F;ich entwicklen, und fru&#x0364;her wieder verblu&#x0364;hen, als<lb/>
die &#x017F;ta&#x0364;rkeren und ge&#x017F;u&#x0364;nderen, oder nach welchem die<lb/>
minder &#x017F;elb&#x017F;t&#x017F;ta&#x0364;ndigen Organe fru&#x0364;her ausgebildet und<lb/>
fru&#x0364;her wieder zu ihrer Be&#x017F;timmung untu&#x0364;chtiger werden,<lb/>
als die vollkommneren, &#x017F;elb&#x017F;t&#x017F;ta&#x0364;ndig entwickleten.</p><lb/>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[366/0380] Schmerzen vorauszuſagen. Dieſe Schmerzen bewirkt auch eine zufaͤllige ſchnelle Abwechslung der Tempera- tur, in welcher ſich jene Theile befinden, unmittelbar. Es ſcheint demnach etwas, wovon noch keine einzige Spur vorhanden iſt, auf dieſe Organe ſchon zu wirken, welches ein Widerſpruch waͤre, wenn dieſe Naturer- ſcheinung ſich nicht auf andre Weiſe loͤſen ließe. Auch bey jenen allgemein verbreiteten Volkskrank- heiten, welche eine Folge der in gewiſſen Jahren herr- ſchenden Witterung ſind, ſieht man kraͤnklichere und reizbarere Individuen fruͤher davon ergriffen werden, ehe vielleicht ſelbſt jene Stimmung der Witterung oder doch wenigſtens die allgemeine, vielen gleichzeitige Seuche, eingetreten iſt. Andre vorzuͤglich unreizbare Naturen, oder ſolche, bey denen wenigſtens die Orga- ne, welche jene Krankheit am meiſten afficirt, im vor- zuͤglichſten Grade unreizbar ſind, ſehen wir noch ſpaͤt an der allgemeinen Krankheit darniederliegen, wenn dieſe bey der Menge ſchon laͤngſt voruͤber iſt. — Nach demſelben Geſetz ſehen wir auch, wenn dem Koͤrper ei- ne allgemeine und heftige Krankheit bevorſteht, dieſe zuerſt nur gewiſſe Organe, mehr oder minder afficiren, und ſo ihre Annaͤherung dem Arzte durch gewiſſe einzel- ne Vorboten vorausverkuͤndigen. Dieſer Theil der Leh- re von den Symptomen haͤngt unmittelbar mit der Leh- re von den Perioden der Ausbildung und der Funktio- nen der einzelnen Organe zuſammen, denn es geſchieht dieſes nach demſelben Geſetz, nach welchem die zarte- ren und ſchwaͤchlichern Individuen derſelben Art, fruͤ- her ſich entwicklen, und fruͤher wieder verbluͤhen, als die ſtaͤrkeren und geſuͤnderen, oder nach welchem die minder ſelbſtſtaͤndigen Organe fruͤher ausgebildet und fruͤher wieder zu ihrer Beſtimmung untuͤchtiger werden, als die vollkommneren, ſelbſtſtaͤndig entwickleten.

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/schubert_naturwissenschaft_1808
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/schubert_naturwissenschaft_1808/380
Zitationshilfe: Schubert, Gotthilf Heinrich: Ansichten von der Nachtseite der Naturwissenschaft. Dresden, 1808, S. 366. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/schubert_naturwissenschaft_1808/380>, abgerufen am 25.11.2024.