Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Schubert, Gotthilf Heinrich: Ansichten von der Nachtseite der Naturwissenschaft. Dresden, 1808.

Bild:
<< vorherige Seite

schaften die sich im gewöhnlichen Somnambulismus
zeigen, in einer vorzüglichen Stärke da, und die in
ihm Begriffenen wissen alles was sie in jenem Zustand
gedacht und gesprochen haben. Dagegen findet sich,
was wohl zu bemerken ist, im gewöhnlichen
Wachen auch nicht die Spur einer Erinnerung an den
Zustand des Somnambulismus, eben so wenig als sich
in diesem eine an das zeigt, was im Doppelschlaf mit
den Kranken vorgieng. Was uns hier diesen Zustand
vorzüglich merkwürdig macht, ist, daß die im Dop-
pelschlaf befindlichen, nur für ihren Magnetiseur Sinn
haben, nur seinen Fragen antworten, und nur seine
Nähe mit dem gewöhnlichen Wohlgefallen ertragen,
während ihnen andre Personen, selbst wenn sie sich nur
unvermerkt nähern, Angst und Schmerzen verursachen.
Wenn diese selbst mit lauter Stimme und ganz nahe
stehend, die Schlafenden anreden, werden sie von ihr
eben so wenig vernommen, als von einer fest Schla-
fenden oder Ohnmächtigen.

In Beziehung mit ihr gesetzt, scheinen sie ihr aus
weiter Ferne und unvernehmlich, oder in einem unver-
ständlichen Dialekt zu sprechen. In diesem Zustand
nimmt die Somnambüle nur durch jene innige Verbin-
dung der beyden Seelen, an dem Wachen des Magne-
tiseurs Theil, für die übrige Außenwelt ist sie im tie-
fen Schlaf. In Gmelins Krankengenschichten sehen
wir diesen Zustand, wo die magnetisch Schlafenden
nur noch für ihren Magnetiseur, mit dessen Seele die
ihrige Eins scheint, Sinn und Bewußtseyn haben, öf-

ſchaften die ſich im gewoͤhnlichen Somnambulismus
zeigen, in einer vorzuͤglichen Staͤrke da, und die in
ihm Begriffenen wiſſen alles was ſie in jenem Zuſtand
gedacht und geſprochen haben. Dagegen findet ſich,
was wohl zu bemerken iſt, im gewoͤhnlichen
Wachen auch nicht die Spur einer Erinnerung an den
Zuſtand des Somnambulismus, eben ſo wenig als ſich
in dieſem eine an das zeigt, was im Doppelſchlaf mit
den Kranken vorgieng. Was uns hier dieſen Zuſtand
vorzuͤglich merkwuͤrdig macht, iſt, daß die im Dop-
pelſchlaf befindlichen, nur fuͤr ihren Magnetiſeur Sinn
haben, nur ſeinen Fragen antworten, und nur ſeine
Naͤhe mit dem gewoͤhnlichen Wohlgefallen ertragen,
waͤhrend ihnen andre Perſonen, ſelbſt wenn ſie ſich nur
unvermerkt naͤhern, Angſt und Schmerzen verurſachen.
Wenn dieſe ſelbſt mit lauter Stimme und ganz nahe
ſtehend, die Schlafenden anreden, werden ſie von ihr
eben ſo wenig vernommen, als von einer feſt Schla-
fenden oder Ohnmaͤchtigen.

In Beziehung mit ihr geſetzt, ſcheinen ſie ihr aus
weiter Ferne und unvernehmlich, oder in einem unver-
ſtaͤndlichen Dialekt zu ſprechen. In dieſem Zuſtand
nimmt die Somnambuͤle nur durch jene innige Verbin-
dung der beyden Seelen, an dem Wachen des Magne-
tiſeurs Theil, fuͤr die uͤbrige Außenwelt iſt ſie im tie-
fen Schlaf. In Gmelins Krankengenſchichten ſehen
wir dieſen Zuſtand, wo die magnetiſch Schlafenden
nur noch fuͤr ihren Magnetiſeur, mit deſſen Seele die
ihrige Eins ſcheint, Sinn und Bewußtſeyn haben, oͤf-

<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <p><pb facs="#f0363" n="349"/>
&#x017F;chaften die &#x017F;ich im gewo&#x0364;hnlichen Somnambulismus<lb/>
zeigen, in einer vorzu&#x0364;glichen Sta&#x0364;rke da, und die in<lb/>
ihm Begriffenen wi&#x017F;&#x017F;en alles was &#x017F;ie in jenem Zu&#x017F;tand<lb/>
gedacht und ge&#x017F;prochen haben. Dagegen findet &#x017F;ich,<lb/><hi rendition="#g">was wohl zu bemerken i&#x017F;t</hi>, im gewo&#x0364;hnlichen<lb/>
Wachen auch nicht die Spur einer Erinnerung an den<lb/>
Zu&#x017F;tand des Somnambulismus, eben &#x017F;o wenig als &#x017F;ich<lb/>
in die&#x017F;em eine an das zeigt, was im Doppel&#x017F;chlaf mit<lb/>
den Kranken vorgieng. Was uns hier die&#x017F;en Zu&#x017F;tand<lb/>
vorzu&#x0364;glich merkwu&#x0364;rdig macht, i&#x017F;t, daß die im Dop-<lb/>
pel&#x017F;chlaf befindlichen, nur fu&#x0364;r ihren Magneti&#x017F;eur Sinn<lb/>
haben, nur &#x017F;einen Fragen antworten, und nur &#x017F;eine<lb/>
Na&#x0364;he mit dem gewo&#x0364;hnlichen Wohlgefallen ertragen,<lb/>
wa&#x0364;hrend ihnen andre Per&#x017F;onen, &#x017F;elb&#x017F;t wenn &#x017F;ie &#x017F;ich nur<lb/>
unvermerkt na&#x0364;hern, Ang&#x017F;t und Schmerzen verur&#x017F;achen.<lb/>
Wenn die&#x017F;e &#x017F;elb&#x017F;t mit lauter Stimme und ganz nahe<lb/>
&#x017F;tehend, die Schlafenden anreden, werden &#x017F;ie von ihr<lb/>
eben &#x017F;o wenig vernommen, als von einer fe&#x017F;t Schla-<lb/>
fenden oder Ohnma&#x0364;chtigen.</p><lb/>
        <p>In Beziehung mit ihr ge&#x017F;etzt, &#x017F;cheinen &#x017F;ie ihr aus<lb/>
weiter Ferne und unvernehmlich, oder in einem unver-<lb/>
&#x017F;ta&#x0364;ndlichen Dialekt zu &#x017F;prechen. In die&#x017F;em Zu&#x017F;tand<lb/>
nimmt die Somnambu&#x0364;le nur durch jene innige Verbin-<lb/>
dung der beyden Seelen, an dem Wachen des Magne-<lb/>
ti&#x017F;eurs Theil, fu&#x0364;r die u&#x0364;brige Außenwelt i&#x017F;t &#x017F;ie im tie-<lb/>
fen Schlaf. In Gmelins Krankengen&#x017F;chichten &#x017F;ehen<lb/>
wir die&#x017F;en Zu&#x017F;tand, wo die magneti&#x017F;ch Schlafenden<lb/>
nur noch fu&#x0364;r ihren Magneti&#x017F;eur, mit de&#x017F;&#x017F;en Seele die<lb/>
ihrige Eins &#x017F;cheint, Sinn und Bewußt&#x017F;eyn haben, o&#x0364;f-<lb/></p>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[349/0363] ſchaften die ſich im gewoͤhnlichen Somnambulismus zeigen, in einer vorzuͤglichen Staͤrke da, und die in ihm Begriffenen wiſſen alles was ſie in jenem Zuſtand gedacht und geſprochen haben. Dagegen findet ſich, was wohl zu bemerken iſt, im gewoͤhnlichen Wachen auch nicht die Spur einer Erinnerung an den Zuſtand des Somnambulismus, eben ſo wenig als ſich in dieſem eine an das zeigt, was im Doppelſchlaf mit den Kranken vorgieng. Was uns hier dieſen Zuſtand vorzuͤglich merkwuͤrdig macht, iſt, daß die im Dop- pelſchlaf befindlichen, nur fuͤr ihren Magnetiſeur Sinn haben, nur ſeinen Fragen antworten, und nur ſeine Naͤhe mit dem gewoͤhnlichen Wohlgefallen ertragen, waͤhrend ihnen andre Perſonen, ſelbſt wenn ſie ſich nur unvermerkt naͤhern, Angſt und Schmerzen verurſachen. Wenn dieſe ſelbſt mit lauter Stimme und ganz nahe ſtehend, die Schlafenden anreden, werden ſie von ihr eben ſo wenig vernommen, als von einer feſt Schla- fenden oder Ohnmaͤchtigen. In Beziehung mit ihr geſetzt, ſcheinen ſie ihr aus weiter Ferne und unvernehmlich, oder in einem unver- ſtaͤndlichen Dialekt zu ſprechen. In dieſem Zuſtand nimmt die Somnambuͤle nur durch jene innige Verbin- dung der beyden Seelen, an dem Wachen des Magne- tiſeurs Theil, fuͤr die uͤbrige Außenwelt iſt ſie im tie- fen Schlaf. In Gmelins Krankengenſchichten ſehen wir dieſen Zuſtand, wo die magnetiſch Schlafenden nur noch fuͤr ihren Magnetiſeur, mit deſſen Seele die ihrige Eins ſcheint, Sinn und Bewußtſeyn haben, oͤf-

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
TCF (tokenisiert, serialisiert, lemmatisiert, normalisiert)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/schubert_naturwissenschaft_1808
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/schubert_naturwissenschaft_1808/363
Zitationshilfe: Schubert, Gotthilf Heinrich: Ansichten von der Nachtseite der Naturwissenschaft. Dresden, 1808, S. 349. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/schubert_naturwissenschaft_1808/363>, abgerufen am 12.05.2024.