den weiteren Schicksalen des Menschen, in seinen neuen, künstlicheren Verhältnissen.
Wir folgen derselben nun nur noch in einigen Zü- gen, bis zu jener Zeit, wo wieder deutlicher wird, daß jenes, wovon die Naturwissenschaft ausgegangen -- die Harmonie des Einzelnen mit dem Ganzen -- das eigenthümliche Wesen und letzte Streben derselben sey, und wie sich in ihrer Mitte, aus jenen Materialien, welche auch der Innhalt dieser Untersuchungen sind, eine neue höhere Zeit derselben bereitet. Doch wird dieses eigenthumliche Streben erst spät deutlich sichtbar.
Für das Ganze ist der Anfang der neueren Zeit, wo der Wille des Menschen gleichsam mündig gewor- den, der Eintritt des Christenthums; einzelne Völker aber sind einseitig und in einigen Bestrebungen, jener neuen Zeit früher entgegengereift, und sind wie in den Künsten, so in der eigentlich sogenannten Naturwissen- schaft, unsre Vorgänger gewesen. Von jenen einzel- nen Bestrebungen aus, wird der Geist sogleich in die Zeiten des Mittelalters geführt, wo der bis dahin ver- borgene Keim sich in der ersten Hoffnung zeigt. -- Es pflegen jederzeit große und kühne Ideen, wenn sie sich, kaum im Gemüth empfangen, nur noch als Ahndungen regen, für den Mund unaussprechlich zu seyn, und den Geist wie formlose Wesen, wie eine Gluth ohne Licht zu umschweben. So haben auch das
den weiteren Schickſalen des Menſchen, in ſeinen neuen, kuͤnſtlicheren Verhaͤltniſſen.
Wir folgen derſelben nun nur noch in einigen Zuͤ- gen, bis zu jener Zeit, wo wieder deutlicher wird, daß jenes, wovon die Naturwiſſenſchaft ausgegangen — die Harmonie des Einzelnen mit dem Ganzen — das eigenthuͤmliche Weſen und letzte Streben derſelben ſey, und wie ſich in ihrer Mitte, aus jenen Materialien, welche auch der Innhalt dieſer Unterſuchungen ſind, eine neue hoͤhere Zeit derſelben bereitet. Doch wird dieſes eigenthumliche Streben erſt ſpaͤt deutlich ſichtbar.
Fuͤr das Ganze iſt der Anfang der neueren Zeit, wo der Wille des Menſchen gleichſam muͤndig gewor- den, der Eintritt des Chriſtenthums; einzelne Voͤlker aber ſind einſeitig und in einigen Beſtrebungen, jener neuen Zeit fruͤher entgegengereift, und ſind wie in den Kuͤnſten, ſo in der eigentlich ſogenannten Naturwiſſen- ſchaft, unſre Vorgaͤnger geweſen. Von jenen einzel- nen Beſtrebungen aus, wird der Geiſt ſogleich in die Zeiten des Mittelalters gefuͤhrt, wo der bis dahin ver- borgene Keim ſich in der erſten Hoffnung zeigt. — Es pflegen jederzeit große und kuͤhne Ideen, wenn ſie ſich, kaum im Gemuͤth empfangen, nur noch als Ahndungen regen, fuͤr den Mund unausſprechlich zu ſeyn, und den Geiſt wie formloſe Weſen, wie eine Gluth ohne Licht zu umſchweben. So haben auch das
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den weiteren Schickſalen des Menſchen, in ſeinen
neuen, kuͤnſtlicheren Verhaͤltniſſen.
Wir folgen derſelben nun nur noch in einigen Zuͤ-
gen, bis zu jener Zeit, wo wieder deutlicher wird, daß
jenes, wovon die Naturwiſſenſchaft ausgegangen —
die Harmonie des Einzelnen mit dem Ganzen — das
eigenthuͤmliche Weſen und letzte Streben derſelben ſey,
und wie ſich in ihrer Mitte, aus jenen Materialien,
welche auch der Innhalt dieſer Unterſuchungen ſind,
eine neue hoͤhere Zeit derſelben bereitet. Doch wird
dieſes eigenthumliche Streben erſt ſpaͤt deutlich
ſichtbar.
Fuͤr das Ganze iſt der Anfang der neueren Zeit,
wo der Wille des Menſchen gleichſam muͤndig gewor-
den, der Eintritt des Chriſtenthums; einzelne Voͤlker
aber ſind einſeitig und in einigen Beſtrebungen, jener
neuen Zeit fruͤher entgegengereift, und ſind wie in den
Kuͤnſten, ſo in der eigentlich ſogenannten Naturwiſſen-
ſchaft, unſre Vorgaͤnger geweſen. Von jenen einzel-
nen Beſtrebungen aus, wird der Geiſt ſogleich in die
Zeiten des Mittelalters gefuͤhrt, wo der bis dahin ver-
borgene Keim ſich in der erſten Hoffnung zeigt. —
Es pflegen jederzeit große und kuͤhne Ideen, wenn ſie
ſich, kaum im Gemuͤth empfangen, nur noch als
Ahndungen regen, fuͤr den Mund unausſprechlich zu
ſeyn, und den Geiſt wie formloſe Weſen, wie eine
Gluth ohne Licht zu umſchweben. So haben auch das
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Schubert, Gotthilf Heinrich: Ansichten von der Nachtseite der Naturwissenschaft. Dresden, 1808, S. 12. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/schubert_naturwissenschaft_1808/26>, abgerufen am 24.11.2024.
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