Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Schubert, Gotthilf Heinrich: Ansichten von der Nachtseite der Naturwissenschaft. Dresden, 1808.

Bild:
<< vorherige Seite

in den früheren Weltperioden, mußte mithin die Wir-
kung der auch damals schon an den Polen nur senkrecht
auffallendern Sonnenstrahlen, ohne daß wir deshalb ei-
ne veränderte Neigung der Erdaxe zu Hülfe zu nehmen
brauchten, so heftig seyn, als bey dem jetzigen Zu-
stand des Luftkreißes zwischen den Wendekreißen.

Die Pole waren mithin, in den ersten Weltperio-
den, sowohl wegen des noch vom Wasser bedeckten Zu-
standes der Erdoberfläche, nach den Wendekreißen hin,
als auch vielleicht selbst wegen des zu hohen Wärme-
grades jener Gegenden, nicht allein der Geburtsort, son-
dern der vorzüglichste und einzige Aufenthalt organischer
Wesen. Ja nicht allein die Thier- und Pflanzenwelt,
sondern selbst der Mensch scheint nach Einigen mehr von
der Nähe der Pole als der Wendekreiße, ausgegangen,
und der Aufenthalt jenes vorzüglich gebildeten Urvolks,
von dem wir früher sprachen, wird von Bailly, Rud-
beck u. A. weit hinauf nach dem Nordpol versetzt. Wir
wollen wenigstens einige der Gründe die dafür zu spre-
chen scheinen, vernehmen.

Wie die Lehren und der Kultus der alten Priester
der nördlichen Welt, vornehmlich der Schweden, mit
denen der Egypter in Vielen übereinstimmen, wurde
auch von den alten Schweden ein Fest, das wie das
des Osiris in Egypten 40 Tage dauerte, und diesem
in verschiedenen Umständen glich, gefeyert. Statt des
Osiris wurde aber die in jenem nördlichen Himmel 40

in den fruͤheren Weltperioden, mußte mithin die Wir-
kung der auch damals ſchon an den Polen nur ſenkrecht
auffallendern Sonnenſtrahlen, ohne daß wir deshalb ei-
ne veraͤnderte Neigung der Erdaxe zu Huͤlfe zu nehmen
brauchten, ſo heftig ſeyn, als bey dem jetzigen Zu-
ſtand des Luftkreißes zwiſchen den Wendekreißen.

Die Pole waren mithin, in den erſten Weltperio-
den, ſowohl wegen des noch vom Waſſer bedeckten Zu-
ſtandes der Erdoberflaͤche, nach den Wendekreißen hin,
als auch vielleicht ſelbſt wegen des zu hohen Waͤrme-
grades jener Gegenden, nicht allein der Geburtsort, ſon-
dern der vorzuͤglichſte und einzige Aufenthalt organiſcher
Weſen. Ja nicht allein die Thier- und Pflanzenwelt,
ſondern ſelbſt der Menſch ſcheint nach Einigen mehr von
der Naͤhe der Pole als der Wendekreiße, ausgegangen,
und der Aufenthalt jenes vorzuͤglich gebildeten Urvolks,
von dem wir fruͤher ſprachen, wird von Bailly, Rud-
beck u. A. weit hinauf nach dem Nordpol verſetzt. Wir
wollen wenigſtens einige der Gruͤnde die dafuͤr zu ſpre-
chen ſcheinen, vernehmen.

Wie die Lehren und der Kultus der alten Prieſter
der noͤrdlichen Welt, vornehmlich der Schweden, mit
denen der Egypter in Vielen uͤbereinſtimmen, wurde
auch von den alten Schweden ein Feſt, das wie das
des Oſiris in Egypten 40 Tage dauerte, und dieſem
in verſchiedenen Umſtaͤnden glich, gefeyert. Statt des
Oſiris wurde aber die in jenem noͤrdlichen Himmel 40

<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <p><pb facs="#f0224" n="210"/>
in den fru&#x0364;heren Weltperioden, mußte mithin die Wir-<lb/>
kung der auch damals &#x017F;chon an den Polen nur &#x017F;enkrecht<lb/>
auffallendern Sonnen&#x017F;trahlen, ohne daß wir deshalb ei-<lb/>
ne vera&#x0364;nderte Neigung der Erdaxe zu Hu&#x0364;lfe zu nehmen<lb/>
brauchten, &#x017F;o heftig &#x017F;eyn, als bey dem jetzigen Zu-<lb/>
&#x017F;tand des Luftkreißes zwi&#x017F;chen den Wendekreißen.</p><lb/>
        <p>Die Pole waren mithin, in den er&#x017F;ten Weltperio-<lb/>
den, &#x017F;owohl wegen des noch vom Wa&#x017F;&#x017F;er bedeckten Zu-<lb/>
&#x017F;tandes der Erdoberfla&#x0364;che, nach den Wendekreißen hin,<lb/>
als auch vielleicht &#x017F;elb&#x017F;t wegen des zu hohen Wa&#x0364;rme-<lb/>
grades jener Gegenden, nicht allein der Geburtsort, &#x017F;on-<lb/>
dern der vorzu&#x0364;glich&#x017F;te und einzige Aufenthalt organi&#x017F;cher<lb/>
We&#x017F;en. Ja nicht allein die Thier- und Pflanzenwelt,<lb/>
&#x017F;ondern &#x017F;elb&#x017F;t der Men&#x017F;ch &#x017F;cheint nach Einigen mehr von<lb/>
der Na&#x0364;he der Pole als der Wendekreiße, ausgegangen,<lb/>
und der Aufenthalt jenes vorzu&#x0364;glich gebildeten Urvolks,<lb/>
von dem wir fru&#x0364;her &#x017F;prachen, wird von Bailly, Rud-<lb/>
beck u. A. weit hinauf nach dem Nordpol ver&#x017F;etzt. Wir<lb/>
wollen wenig&#x017F;tens einige der Gru&#x0364;nde die dafu&#x0364;r zu &#x017F;pre-<lb/>
chen &#x017F;cheinen, vernehmen.</p><lb/>
        <p>Wie die Lehren und der Kultus der alten Prie&#x017F;ter<lb/>
der no&#x0364;rdlichen Welt, vornehmlich der Schweden, mit<lb/>
denen der Egypter in Vielen u&#x0364;berein&#x017F;timmen, wurde<lb/>
auch von den alten Schweden ein Fe&#x017F;t, das wie das<lb/>
des O&#x017F;iris in Egypten 40 Tage dauerte, und die&#x017F;em<lb/>
in ver&#x017F;chiedenen Um&#x017F;ta&#x0364;nden glich, gefeyert. Statt des<lb/>
O&#x017F;iris wurde aber die in jenem no&#x0364;rdlichen Himmel 40<lb/></p>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[210/0224] in den fruͤheren Weltperioden, mußte mithin die Wir- kung der auch damals ſchon an den Polen nur ſenkrecht auffallendern Sonnenſtrahlen, ohne daß wir deshalb ei- ne veraͤnderte Neigung der Erdaxe zu Huͤlfe zu nehmen brauchten, ſo heftig ſeyn, als bey dem jetzigen Zu- ſtand des Luftkreißes zwiſchen den Wendekreißen. Die Pole waren mithin, in den erſten Weltperio- den, ſowohl wegen des noch vom Waſſer bedeckten Zu- ſtandes der Erdoberflaͤche, nach den Wendekreißen hin, als auch vielleicht ſelbſt wegen des zu hohen Waͤrme- grades jener Gegenden, nicht allein der Geburtsort, ſon- dern der vorzuͤglichſte und einzige Aufenthalt organiſcher Weſen. Ja nicht allein die Thier- und Pflanzenwelt, ſondern ſelbſt der Menſch ſcheint nach Einigen mehr von der Naͤhe der Pole als der Wendekreiße, ausgegangen, und der Aufenthalt jenes vorzuͤglich gebildeten Urvolks, von dem wir fruͤher ſprachen, wird von Bailly, Rud- beck u. A. weit hinauf nach dem Nordpol verſetzt. Wir wollen wenigſtens einige der Gruͤnde die dafuͤr zu ſpre- chen ſcheinen, vernehmen. Wie die Lehren und der Kultus der alten Prieſter der noͤrdlichen Welt, vornehmlich der Schweden, mit denen der Egypter in Vielen uͤbereinſtimmen, wurde auch von den alten Schweden ein Feſt, das wie das des Oſiris in Egypten 40 Tage dauerte, und dieſem in verſchiedenen Umſtaͤnden glich, gefeyert. Statt des Oſiris wurde aber die in jenem noͤrdlichen Himmel 40

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/schubert_naturwissenschaft_1808
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/schubert_naturwissenschaft_1808/224
Zitationshilfe: Schubert, Gotthilf Heinrich: Ansichten von der Nachtseite der Naturwissenschaft. Dresden, 1808, S. 210. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/schubert_naturwissenschaft_1808/224>, abgerufen am 22.11.2024.