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Schubert, Gotthilf Heinrich: Ansichten von der Nachtseite der Naturwissenschaft. Dresden, 1808.

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jetzt von außen nach innen, dann von innen nach außen,
allbelebend strömen. Vielleicht, und wahrscheinlich
ist es, daß sie uns diese feste Gestalt nur heucheln, daß
sie diese überhaupt nur auf einem Theil ihres Laufs anneh-
men, während hernach, wie bey Wolken oder Meteoren in
größerem Maasstabe, Bahn und Gestalt sich wieder in die
alte Unbestimmtheit auflösen, was vielleicht überhaupt
immer an einer gewissen Gränze ihres Laufs geschieht,
und daß so in der Auflösung und Wiedererneuung der-
selben, der Kreislauf des Ganzen unterhalten wird. Wo
auch wirkliche Kerne in der Mitte der Kometennebel er-
scheinen, geben diese durch ihre Haupteigenschaft, das
Element aus dem sie bestehen, und die aller dauernden
Gestaltung widerstrebende Natur desselben zu erkennen,
und es ist ihnen auch dann die untergeordnete Function,
den allgemeinen Kreislauf zu unterhalten aufgetragen.



So haben wir in dieser heutigen Vorlesung, eine
ewig neue, nie stille stehende Schöpfung ihr unendli-
ches Tagewerk führen sehen, und wie hier ganze Welt-
gebaude noch im Entstehen, noch tief im Schooße des
ewigen gemeinschaftlichen Elements ruhen, andre hier
in der höchsten Vollendung ihrer Kräfte das Lebens-
werk des Umlaufs führen, während dort ganze Welt-
gebäude in das Element des Ursprungs zurücksinkend,
einer höheren Verwandlung entgegen gehen.

Es muß sich das Auge zuerst an jene unwandelba-
re Gleichartigkeit und Beständigkeit der Natur in der

jetzt von außen nach innen, dann von innen nach außen,
allbelebend ſtroͤmen. Vielleicht, und wahrſcheinlich
iſt es, daß ſie uns dieſe feſte Geſtalt nur heucheln, daß
ſie dieſe uͤberhaupt nur auf einem Theil ihres Laufs anneh-
men, waͤhrend hernach, wie bey Wolken oder Meteoren in
groͤßerem Maasſtabe, Bahn und Geſtalt ſich wieder in die
alte Unbeſtimmtheit aufloͤſen, was vielleicht uͤberhaupt
immer an einer gewiſſen Graͤnze ihres Laufs geſchieht,
und daß ſo in der Aufloͤſung und Wiedererneuung der-
ſelben, der Kreislauf des Ganzen unterhalten wird. Wo
auch wirkliche Kerne in der Mitte der Kometennebel er-
ſcheinen, geben dieſe durch ihre Haupteigenſchaft, das
Element aus dem ſie beſtehen, und die aller dauernden
Geſtaltung widerſtrebende Natur deſſelben zu erkennen,
und es iſt ihnen auch dann die untergeordnete Function,
den allgemeinen Kreislauf zu unterhalten aufgetragen.



So haben wir in dieſer heutigen Vorleſung, eine
ewig neue, nie ſtille ſtehende Schoͤpfung ihr unendli-
ches Tagewerk fuͤhren ſehen, und wie hier ganze Welt-
gebaude noch im Entſtehen, noch tief im Schooße des
ewigen gemeinſchaftlichen Elements ruhen, andre hier
in der hoͤchſten Vollendung ihrer Kraͤfte das Lebens-
werk des Umlaufs fuͤhren, waͤhrend dort ganze Welt-
gebaͤude in das Element des Urſprungs zuruͤckſinkend,
einer hoͤheren Verwandlung entgegen gehen.

Es muß ſich das Auge zuerſt an jene unwandelba-
re Gleichartigkeit und Beſtaͤndigkeit der Natur in der

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[151/0165] jetzt von außen nach innen, dann von innen nach außen, allbelebend ſtroͤmen. Vielleicht, und wahrſcheinlich iſt es, daß ſie uns dieſe feſte Geſtalt nur heucheln, daß ſie dieſe uͤberhaupt nur auf einem Theil ihres Laufs anneh- men, waͤhrend hernach, wie bey Wolken oder Meteoren in groͤßerem Maasſtabe, Bahn und Geſtalt ſich wieder in die alte Unbeſtimmtheit aufloͤſen, was vielleicht uͤberhaupt immer an einer gewiſſen Graͤnze ihres Laufs geſchieht, und daß ſo in der Aufloͤſung und Wiedererneuung der- ſelben, der Kreislauf des Ganzen unterhalten wird. Wo auch wirkliche Kerne in der Mitte der Kometennebel er- ſcheinen, geben dieſe durch ihre Haupteigenſchaft, das Element aus dem ſie beſtehen, und die aller dauernden Geſtaltung widerſtrebende Natur deſſelben zu erkennen, und es iſt ihnen auch dann die untergeordnete Function, den allgemeinen Kreislauf zu unterhalten aufgetragen. So haben wir in dieſer heutigen Vorleſung, eine ewig neue, nie ſtille ſtehende Schoͤpfung ihr unendli- ches Tagewerk fuͤhren ſehen, und wie hier ganze Welt- gebaude noch im Entſtehen, noch tief im Schooße des ewigen gemeinſchaftlichen Elements ruhen, andre hier in der hoͤchſten Vollendung ihrer Kraͤfte das Lebens- werk des Umlaufs fuͤhren, waͤhrend dort ganze Welt- gebaͤude in das Element des Urſprungs zuruͤckſinkend, einer hoͤheren Verwandlung entgegen gehen. Es muß ſich das Auge zuerſt an jene unwandelba- re Gleichartigkeit und Beſtaͤndigkeit der Natur in der

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Zitationshilfe: Schubert, Gotthilf Heinrich: Ansichten von der Nachtseite der Naturwissenschaft. Dresden, 1808, S. 151. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/schubert_naturwissenschaft_1808/165>, abgerufen am 30.04.2024.