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Schröder, Ernst: Vorlesungen über die Algebra der Logik. Bd. 3, Abt. 1. Leipzig, 1895.

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Erste Vorlesung.
von Relativen einer bestimmten Ordnung aus diesem ihrem gemein-
samen Denkbereiche umzudeuten in einen Denkbereich von andrer Ord-
nung
. Nämlich, je nach Wunsch, entweder: sie "vorzudeuten" in einen
Denkbereich von höherer Ordnung, indem alle den Ausdruck zusammen-
setzenden, resp. in die Relation oder Formel eingehenden, Relative der
gegebenen Ordnung gültig umgeschrieben (transformirt) werden in lauter
solche von dieser verlangten höheren Ordnung. Oder (sofern der
Denkbereich, dem die gegebenen Relative angehören, nicht schon von
der niedersten also ersten Ordnung ist) auch: sie "zurückzudeuten" in
einen Denkbereieh von niedrerer Ordnung.

Bei der Zurückdeutung jedoch gehen gewisse Momente (Elemente)
unsrer Kenntniss über die Konstitution der betreffenden Relative ver-
loren
, resp. sie werden ignorirt, es wird von ihnen abstrahirt, m. a. W.
es werden gewisse Teile unsres Wissens fallen gelassen, preisgegeben,
welche hernach bei einer etwa darauf folgenden Wieder-Vordeutung
nicht wieder gewonnen werden, sich nicht mehr restituiren, sodass
der durch eine Zurückdeutung herbeigeführte Verlust an Erkenntniss-
kapital ein dauernder bleibt -- natürlich unbeschadet der Zulässigkeit
und Berechtigung des ganzen Prozesses.

Im richtigen Erfassen dieser Prozesse, in der angemessenen Inter-
pretation
und Verwertung der für einen Denkbereich aufgestellten
Formeln für einen andern unsrer Denkbereiche, liegen wol die Haupt-
schwierigkeiten, denen das Verständniss unsrer Theorie begegnen mag
und welche behufs Erzielung solchen Verständnisses überkommen
werden müssen. Die Umdeutung aus dem zweiten in den ersten Denk-
bereich -- sowie umgekehrt -- wird hiefür vorbildlich sein.

Wir wollen deshalb an die Frage erst wieder herantreten, nach-
dem wir uns in diesen beiden Denkbereichen gründlich orientirt haben
werden, und gehn darum jetzt zur eingehenden Betrachtung des
zweiten Denkbereiches, 12, über, dem wir unsre Aufmerksamkeit auf
lange Zeit fast ausschliesslich zuwenden, d. h. wir beschränken unsre
Betrachtungen auf die Algebra und Logik, die Theorie
der binären Relative.



Erste Vorlesung.
von Relativen einer bestimmten Ordnung aus diesem ihrem gemein-
samen Denkbereiche umzudeuten in einen Denkbereich von andrer Ord-
nung
. Nämlich, je nach Wunsch, entweder: sie „vorzudeuten“ in einen
Denkbereich von höherer Ordnung, indem alle den Ausdruck zusammen-
setzenden, resp. in die Relation oder Formel eingehenden, Relative der
gegebenen Ordnung gültig umgeschrieben (transformirt) werden in lauter
solche von dieser verlangten höheren Ordnung. Oder (sofern der
Denkbereich, dem die gegebenen Relative angehören, nicht schon von
der niedersten also ersten Ordnung ist) auch: sie „zurückzudeuten“ in
einen Denkbereieh von niedrerer Ordnung.

Bei der Zurückdeutung jedoch gehen gewisse Momente (Elemente)
unsrer Kenntniss über die Konstitution der betreffenden Relative ver-
loren
, resp. sie werden ignorirt, es wird von ihnen abstrahirt, m. a. W.
es werden gewisse Teile unsres Wissens fallen gelassen, preisgegeben,
welche hernach bei einer etwa darauf folgenden Wieder-Vordeutung
nicht wieder gewonnen werden, sich nicht mehr restituiren, sodass
der durch eine Zurückdeutung herbeigeführte Verlust an Erkenntniss-
kapital ein dauernder bleibt — natürlich unbeschadet der Zulässigkeit
und Berechtigung des ganzen Prozesses.

Im richtigen Erfassen dieser Prozesse, in der angemessenen Inter-
pretation
und Verwertung der für einen Denkbereich aufgestellten
Formeln für einen andern unsrer Denkbereiche, liegen wol die Haupt-
schwierigkeiten, denen das Verständniss unsrer Theorie begegnen mag
und welche behufs Erzielung solchen Verständnisses überkommen
werden müssen. Die Umdeutung aus dem zweiten in den ersten Denk-
bereich — sowie umgekehrt — wird hiefür vorbildlich sein.

Wir wollen deshalb an die Frage erst wieder herantreten, nach-
dem wir uns in diesen beiden Denkbereichen gründlich orientirt haben
werden, und gehn darum jetzt zur eingehenden Betrachtung des
zweiten Denkbereiches, 12, über, dem wir unsre Aufmerksamkeit auf
lange Zeit fast ausschliesslich zuwenden, d. h. wir beschränken unsre
Betrachtungen auf die Algebra und Logik, die Theorie
der binären Relative.



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[16/0030] Erste Vorlesung. von Relativen einer bestimmten Ordnung aus diesem ihrem gemein- samen Denkbereiche umzudeuten in einen Denkbereich von andrer Ord- nung. Nämlich, je nach Wunsch, entweder: sie „vorzudeuten“ in einen Denkbereich von höherer Ordnung, indem alle den Ausdruck zusammen- setzenden, resp. in die Relation oder Formel eingehenden, Relative der gegebenen Ordnung gültig umgeschrieben (transformirt) werden in lauter solche von dieser verlangten höheren Ordnung. Oder (sofern der Denkbereich, dem die gegebenen Relative angehören, nicht schon von der niedersten also ersten Ordnung ist) auch: sie „zurückzudeuten“ in einen Denkbereieh von niedrerer Ordnung. Bei der Zurückdeutung jedoch gehen gewisse Momente (Elemente) unsrer Kenntniss über die Konstitution der betreffenden Relative ver- loren, resp. sie werden ignorirt, es wird von ihnen abstrahirt, m. a. W. es werden gewisse Teile unsres Wissens fallen gelassen, preisgegeben, welche hernach bei einer etwa darauf folgenden Wieder-Vordeutung nicht wieder gewonnen werden, sich nicht mehr restituiren, sodass der durch eine Zurückdeutung herbeigeführte Verlust an Erkenntniss- kapital ein dauernder bleibt — natürlich unbeschadet der Zulässigkeit und Berechtigung des ganzen Prozesses. Im richtigen Erfassen dieser Prozesse, in der angemessenen Inter- pretation und Verwertung der für einen Denkbereich aufgestellten Formeln für einen andern unsrer Denkbereiche, liegen wol die Haupt- schwierigkeiten, denen das Verständniss unsrer Theorie begegnen mag und welche behufs Erzielung solchen Verständnisses überkommen werden müssen. Die Umdeutung aus dem zweiten in den ersten Denk- bereich — sowie umgekehrt — wird hiefür vorbildlich sein. Wir wollen deshalb an die Frage erst wieder herantreten, nach- dem wir uns in diesen beiden Denkbereichen gründlich orientirt haben werden, und gehn darum jetzt zur eingehenden Betrachtung des zweiten Denkbereiches, 12, über, dem wir unsre Aufmerksamkeit auf lange Zeit fast ausschliesslich zuwenden, d. h. wir beschränken unsre Betrachtungen auf die Algebra und Logik, die Theorie der binären Relative.

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Zitationshilfe: Schröder, Ernst: Vorlesungen über die Algebra der Logik. Bd. 3, Abt. 1. Leipzig, 1895, S. 16. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/schroeder_logik03_1895/30>, abgerufen am 24.11.2024.