§ 1. Plan. Der Operationskreis der Algebra der binären Relative.
a) Es ist eine grossartige Disziplin, reich an Ausdrucksmitteln und mächtigen Schlussmethoden, fast überreich an Sätzen, wenn auch von unvergleichlichem Ebenmaasse, in welche ich versuchen will den Leser hiermit einzuführen.
Dürften auch ihre ersten Anfänge -- mit Augustus De Morgan -- kaum über die Mitte dieses Jahrhunderts zurückreichen, so ist die Literatur dieser Disziplin doch schon eine ziemlich umfangreiche, zudem ihre Kenntnissnahme eigentümlich erschwert nicht nur durch ihr Zer- streutsein in verschiedenen nicht leicht zugänglichen Schriftwerken, sondern auch durch die Verschiedenartigkeit der -- ich kann nur sagen: "Hieroglyphen"systeme, deren sich die Urheber der Disziplin bedienten und welche sogar bei ihrem Hauptförderer Charles S. Peirce zu- weilen fast unvermittelt gewechselt haben. Ausser diesen beiden Hauptschöpfern der Theorie dürfte dieselbe mittelbar den Arbeiten von Herrn R. Dedekind am meisten Förderung verdanken, und liegt es dem Verfasser ob, nun die Gesamtheit der bisherigen Leistungen zu dem gegenwärtigen Stande der Disziplin gleichsam aufzurunden.
Bei der fast unermesslichen Mannigfaltigkeit der Richtungen, nach welchen sich die Disziplin entwickelungsfähig zeigt, der Fülle ihrer Anwendungsmöglichkeiten auf die verschiedensten Gebiete -- zu denen die Begriffe von "Endlichkeit", "Anzahl", "Funktion" und "Substitution" ebensowol gehören als wie z. B. die "menschlichen Verwandtschafts- verhältnisse" --, bei ihrer Doppelnatur als einer Algebra einerseits und einer Entwickelungsform der Logik andrerseits, nämlich ihrer Aus- gestaltung zur Logik der Beziehungen (und Beziehungsbegriffe, "Relative") überhaupt, scheint es unerlässlich -- soll nicht die Übersicht leiden und der Eindruck der Schönheit und Konsequenz des Ganzen verloren
Schröder, Algebra der Relative. 1
Erste Vorlesung. Zur Einführung.
§ 1. Plan. Der Operationskreis der Algebra der binären Relative.
α) Es ist eine grossartige Disziplin, reich an Ausdrucksmitteln und mächtigen Schlussmethoden, fast überreich an Sätzen, wenn auch von unvergleichlichem Ebenmaasse, in welche ich versuchen will den Leser hiermit einzuführen.
Dürften auch ihre ersten Anfänge — mit Augustus De Morgan — kaum über die Mitte dieses Jahrhunderts zurückreichen, so ist die Literatur dieser Disziplin doch schon eine ziemlich umfangreiche, zudem ihre Kenntnissnahme eigentümlich erschwert nicht nur durch ihr Zer- streutsein in verschiedenen nicht leicht zugänglichen Schriftwerken, sondern auch durch die Verschiedenartigkeit der — ich kann nur sagen: „Hieroglyphen“systeme, deren sich die Urheber der Disziplin bedienten und welche sogar bei ihrem Hauptförderer Charles S. Peirce zu- weilen fast unvermittelt gewechselt haben. Ausser diesen beiden Hauptschöpfern der Theorie dürfte dieselbe mittelbar den Arbeiten von Herrn R. Dedekind am meisten Förderung verdanken, und liegt es dem Verfasser ob, nun die Gesamtheit der bisherigen Leistungen zu dem gegenwärtigen Stande der Disziplin gleichsam aufzurunden.
Bei der fast unermesslichen Mannigfaltigkeit der Richtungen, nach welchen sich die Disziplin entwickelungsfähig zeigt, der Fülle ihrer Anwendungsmöglichkeiten auf die verschiedensten Gebiete — zu denen die Begriffe von „Endlichkeit“, „Anzahl“, „Funktion“ und „Substitution“ ebensowol gehören als wie z. B. die „menschlichen Verwandtschafts- verhältnisse“ —, bei ihrer Doppelnatur als einer Algebra einerseits und einer Entwickelungsform der Logik andrerseits, nämlich ihrer Aus- gestaltung zur Logik der Beziehungen (und Beziehungsbegriffe, „Relative“) überhaupt, scheint es unerlässlich — soll nicht die Übersicht leiden und der Eindruck der Schönheit und Konsequenz des Ganzen verloren
Schröder, Algebra der Relative. 1
<TEI><text><body><pbfacs="#f0015"n="[1]"/><divn="1"><head><hirendition="#g">Erste Vorlesung</hi>.<lb/><hirendition="#b">Zur Einführung.</hi></head><lb/><divn="2"><head>§ 1. <hirendition="#b">Plan. Der Operationskreis der Algebra der binären Relative.</hi></head><lb/><p><hirendition="#i">α</hi>) Es ist eine grossartige Disziplin, reich an Ausdrucksmitteln<lb/>
und mächtigen Schlussmethoden, fast überreich an Sätzen, wenn auch<lb/>
von unvergleichlichem Ebenmaasse, in welche ich versuchen will den<lb/>
Leser hiermit einzuführen.</p><lb/><p>Dürften auch ihre ersten Anfänge — mit <hirendition="#g">Augustus De Morgan</hi>—<lb/>
kaum über die Mitte dieses Jahrhunderts zurückreichen, so ist die<lb/>
Literatur dieser Disziplin doch schon eine ziemlich umfangreiche, zudem<lb/>
ihre Kenntnissnahme eigentümlich erschwert nicht nur durch ihr Zer-<lb/>
streutsein in verschiedenen nicht leicht zugänglichen Schriftwerken,<lb/>
sondern auch durch die Verschiedenartigkeit der — ich kann nur sagen:<lb/>„Hieroglyphen“systeme, deren sich die Urheber der Disziplin bedienten<lb/>
und welche sogar bei ihrem Hauptförderer <hirendition="#g">Charles S. Peirce</hi> zu-<lb/>
weilen fast unvermittelt gewechselt haben. Ausser diesen beiden<lb/>
Hauptschöpfern der Theorie dürfte dieselbe mittelbar den Arbeiten von<lb/>
Herrn R. <hirendition="#g">Dedekind</hi> am meisten Förderung verdanken, und liegt es<lb/>
dem Verfasser ob, nun die Gesamtheit der bisherigen Leistungen zu<lb/>
dem gegenwärtigen Stande der Disziplin gleichsam <hirendition="#i">auf</hi>zurunden.</p><lb/><p>Bei der fast unermesslichen Mannigfaltigkeit der Richtungen, nach<lb/>
welchen sich die Disziplin entwickelungsfähig zeigt, der Fülle ihrer<lb/>
Anwendungsmöglichkeiten auf die verschiedensten Gebiete — zu denen<lb/>
die Begriffe von „Endlichkeit“, „Anzahl“, „Funktion“ und „Substitution“<lb/>
ebensowol gehören als wie z. B. die „menschlichen Verwandtschafts-<lb/>
verhältnisse“—, bei ihrer Doppelnatur als einer <hirendition="#i">Algebra</hi> einerseits<lb/>
und einer Entwickelungsform der <hirendition="#i">Logik</hi> andrerseits, nämlich ihrer <hirendition="#i">Aus-<lb/>
gestaltung zur Logik der Beziehungen</hi> (<hirendition="#i">und Beziehungsbegriffe</hi>, „Relative“)<lb/><hirendition="#i">überhaupt</hi>, scheint es unerlässlich — soll nicht die Übersicht leiden<lb/>
und der Eindruck der Schönheit und Konsequenz des Ganzen verloren<lb/><fwplace="bottom"type="sig"><hirendition="#k">Schröder</hi>, Algebra der Relative. 1</fw><lb/></p></div></div></body></text></TEI>
[[1]/0015]
Erste Vorlesung.
Zur Einführung.
§ 1. Plan. Der Operationskreis der Algebra der binären Relative.
α) Es ist eine grossartige Disziplin, reich an Ausdrucksmitteln
und mächtigen Schlussmethoden, fast überreich an Sätzen, wenn auch
von unvergleichlichem Ebenmaasse, in welche ich versuchen will den
Leser hiermit einzuführen.
Dürften auch ihre ersten Anfänge — mit Augustus De Morgan —
kaum über die Mitte dieses Jahrhunderts zurückreichen, so ist die
Literatur dieser Disziplin doch schon eine ziemlich umfangreiche, zudem
ihre Kenntnissnahme eigentümlich erschwert nicht nur durch ihr Zer-
streutsein in verschiedenen nicht leicht zugänglichen Schriftwerken,
sondern auch durch die Verschiedenartigkeit der — ich kann nur sagen:
„Hieroglyphen“systeme, deren sich die Urheber der Disziplin bedienten
und welche sogar bei ihrem Hauptförderer Charles S. Peirce zu-
weilen fast unvermittelt gewechselt haben. Ausser diesen beiden
Hauptschöpfern der Theorie dürfte dieselbe mittelbar den Arbeiten von
Herrn R. Dedekind am meisten Förderung verdanken, und liegt es
dem Verfasser ob, nun die Gesamtheit der bisherigen Leistungen zu
dem gegenwärtigen Stande der Disziplin gleichsam aufzurunden.
Bei der fast unermesslichen Mannigfaltigkeit der Richtungen, nach
welchen sich die Disziplin entwickelungsfähig zeigt, der Fülle ihrer
Anwendungsmöglichkeiten auf die verschiedensten Gebiete — zu denen
die Begriffe von „Endlichkeit“, „Anzahl“, „Funktion“ und „Substitution“
ebensowol gehören als wie z. B. die „menschlichen Verwandtschafts-
verhältnisse“ —, bei ihrer Doppelnatur als einer Algebra einerseits
und einer Entwickelungsform der Logik andrerseits, nämlich ihrer Aus-
gestaltung zur Logik der Beziehungen (und Beziehungsbegriffe, „Relative“)
überhaupt, scheint es unerlässlich — soll nicht die Übersicht leiden
und der Eindruck der Schönheit und Konsequenz des Ganzen verloren
Schröder, Algebra der Relative. 1
Informationen zur CAB-Ansicht
Diese Ansicht bietet Ihnen die Darstellung des Textes in normalisierter Orthographie.
Diese Textvariante wird vollautomatisch erstellt und kann aufgrund dessen auch Fehler enthalten.
Alle veränderten Wortformen sind grau hinterlegt. Als fremdsprachliches Material erkannte
Textteile sind ausgegraut dargestellt.
Schröder, Ernst: Vorlesungen über die Algebra der Logik. Bd. 3, Abt. 1. Leipzig, 1895, S. [1]. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/schroeder_logik03_1895/15>, abgerufen am 24.11.2024.
Alle Inhalte dieser Seite unterstehen, soweit nicht anders gekennzeichnet, einer
Creative-Commons-Lizenz.
Die Rechte an den angezeigten Bilddigitalisaten, soweit nicht anders gekennzeichnet, liegen bei den besitzenden Bibliotheken.
Weitere Informationen finden Sie in den DTA-Nutzungsbedingungen.
Insbesondere im Hinblick auf die §§ 86a StGB und 130 StGB wird festgestellt, dass die auf
diesen Seiten abgebildeten Inhalte weder in irgendeiner Form propagandistischen Zwecken
dienen, oder Werbung für verbotene Organisationen oder Vereinigungen darstellen, oder
nationalsozialistische Verbrechen leugnen oder verharmlosen, noch zum Zwecke der
Herabwürdigung der Menschenwürde gezeigt werden.
Die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte (in Wort und Bild) dienen im Sinne des
§ 86 StGB Abs. 3 ausschließlich historischen, sozial- oder kulturwissenschaftlichen
Forschungszwecken. Ihre Veröffentlichung erfolgt in der Absicht, Wissen zur Anregung
der intellektuellen Selbstständigkeit und Verantwortungsbereitschaft des Staatsbürgers zu
vermitteln und damit der Förderung seiner Mündigkeit zu dienen.
Zitierempfehlung: Deutsches Textarchiv. Grundlage für ein Referenzkorpus der neuhochdeutschen Sprache. Herausgegeben von der Berlin-Brandenburgischen Akademie der Wissenschaften, Berlin 2024. URL: https://www.deutschestextarchiv.de/.