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Schröder, Ernst: Vorlesungen über die Algebra der Logik. Bd. 2, Abt. 2. Leipzig, 1905.

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§ 56. Über die Modalität der Urteile.

Es kommt im Entwicklungsgange der Wissenschaften nicht selten
vor, dass die Ideale der Forschung sich verschieben. Was zuerst als
im höchsten Maasse erstrebenswert erschienen, zeigt sich bei weiterem
Fortschritt der Erkenntniss teils als gänzlich unmöglich, weder annähernd,
noch überhaupt erreichbar, teils als unklar und nach Klarstellung un-
haltbar, teils auch als verhältnissmässig wertlos, wogegen andre Ideale
sich in den Vordergrund drängen, denen immer näher zu kommen als
erreichbar und vom höchsten Wert erscheint, wenn auch ihre voll-
ständige Verwirklichung für alle Zeiten utopisch bleiben mag.

An die Stelle des Ideales, das durch folgerichtiges Denken Er-
schlossene nach jenen rohen und nicht durchaus haltbaren drei Kate-
gorien der Modalität zu beurteilen, tritt uns fortan das andere Ziel:

Aus den einzeln irgendwie gegebenen Wahrscheinlichkeiten der
Prämissen
zu deduktiven Schlussfolgerungen durch allgemeine Methoden
abzuleiten die Wahrscheinlichkeit einer jeden Art von Konklusion, die
sie zu liefern vermögen, -- ja sogar einer jeden Aussage, die zu den
Prämissen nur überhaupt in gegebener Beziehung steht!

Sofern wir auch die Wahrscheinlichkeiten zu ermitteln vermöchten
für empirisch oder induktorisch gewonnene Erkenntnisse, werden wir,
indem wir diesem Ideal zustreben, nach und nach in den Besitz eines
zuverlässigen Maassstabes für den Grad der Glaubwürdigkeit aller
unserer Überzeugungen und Meinungen gelangen.

Indessen fällt die Inangriffnahme dieses Problems ausserhalb des
Rahmens derjenigen Aufgaben, auf die ich in diesem Werke mich zu
beschränken mir vorgesetzt habe. Ich hoffe, dasjenige, was in jener
Hinsicht bereits geleistet erscheint, samt dem, was mir selbst darin zu
erreichen möglich, spätestens im dritten Bande meines Lehrbuchs1 der
Arithmetik und Algebra systematisch darzustellen, wofern es mir ver-
gönnt sein wird, auch dieses von mir begonnene Werk noch seiner
Vollendung entgegenzuführen.


§ 56. Über die Modalität der Urteile.

Es kommt im Entwicklungsgange der Wissenschaften nicht selten
vor, dass die Ideale der Forschung sich verschieben. Was zuerst als
im höchsten Maasse erstrebenswert erschienen, zeigt sich bei weiterem
Fortschritt der Erkenntniss teils als gänzlich unmöglich, weder annähernd,
noch überhaupt erreichbar, teils als unklar und nach Klarstellung un-
haltbar, teils auch als verhältnissmässig wertlos, wogegen andre Ideale
sich in den Vordergrund drängen, denen immer näher zu kommen als
erreichbar und vom höchsten Wert erscheint, wenn auch ihre voll-
ständige Verwirklichung für alle Zeiten utopisch bleiben mag.

An die Stelle des Ideales, das durch folgerichtiges Denken Er-
schlossene nach jenen rohen und nicht durchaus haltbaren drei Kate-
gorien der Modalität zu beurteilen, tritt uns fortan das andere Ziel:

Aus den einzeln irgendwie gegebenen Wahrscheinlichkeiten der
Prämissen
zu deduktiven Schlussfolgerungen durch allgemeine Methoden
abzuleiten die Wahrscheinlichkeit einer jeden Art von Konklusion, die
sie zu liefern vermögen, — ja sogar einer jeden Aussage, die zu den
Prämissen nur überhaupt in gegebener Beziehung steht!

Sofern wir auch die Wahrscheinlichkeiten zu ermitteln vermöchten
für empirisch oder induktorisch gewonnene Erkenntnisse, werden wir,
indem wir diesem Ideal zustreben, nach und nach in den Besitz eines
zuverlässigen Maassstabes für den Grad der Glaubwürdigkeit aller
unserer Überzeugungen und Meinungen gelangen.

Indessen fällt die Inangriffnahme dieses Problems ausserhalb des
Rahmens derjenigen Aufgaben, auf die ich in diesem Werke mich zu
beschränken mir vorgesetzt habe. Ich hoffe, dasjenige, was in jener
Hinsicht bereits geleistet erscheint, samt dem, was mir selbst darin zu
erreichen möglich, spätestens im dritten Bande meines Lehrbuchs1 der
Arithmetik und Algebra systematisch darzustellen, wofern es mir ver-
gönnt sein wird, auch dieses von mir begonnene Werk noch seiner
Vollendung entgegenzuführen.


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[511/0155] § 56. Über die Modalität der Urteile. Es kommt im Entwicklungsgange der Wissenschaften nicht selten vor, dass die Ideale der Forschung sich verschieben. Was zuerst als im höchsten Maasse erstrebenswert erschienen, zeigt sich bei weiterem Fortschritt der Erkenntniss teils als gänzlich unmöglich, weder annähernd, noch überhaupt erreichbar, teils als unklar und nach Klarstellung un- haltbar, teils auch als verhältnissmässig wertlos, wogegen andre Ideale sich in den Vordergrund drängen, denen immer näher zu kommen als erreichbar und vom höchsten Wert erscheint, wenn auch ihre voll- ständige Verwirklichung für alle Zeiten utopisch bleiben mag. An die Stelle des Ideales, das durch folgerichtiges Denken Er- schlossene nach jenen rohen und nicht durchaus haltbaren drei Kate- gorien der Modalität zu beurteilen, tritt uns fortan das andere Ziel: Aus den einzeln irgendwie gegebenen Wahrscheinlichkeiten der Prämissen zu deduktiven Schlussfolgerungen durch allgemeine Methoden abzuleiten die Wahrscheinlichkeit einer jeden Art von Konklusion, die sie zu liefern vermögen, — ja sogar einer jeden Aussage, die zu den Prämissen nur überhaupt in gegebener Beziehung steht! Sofern wir auch die Wahrscheinlichkeiten zu ermitteln vermöchten für empirisch oder induktorisch gewonnene Erkenntnisse, werden wir, indem wir diesem Ideal zustreben, nach und nach in den Besitz eines zuverlässigen Maassstabes für den Grad der Glaubwürdigkeit aller unserer Überzeugungen und Meinungen gelangen. Indessen fällt die Inangriffnahme dieses Problems ausserhalb des Rahmens derjenigen Aufgaben, auf die ich in diesem Werke mich zu beschränken mir vorgesetzt habe. Ich hoffe, dasjenige, was in jener Hinsicht bereits geleistet erscheint, samt dem, was mir selbst darin zu erreichen möglich, spätestens im dritten Bande meines Lehrbuchs1 der Arithmetik und Algebra systematisch darzustellen, wofern es mir ver- gönnt sein wird, auch dieses von mir begonnene Werk noch seiner Vollendung entgegenzuführen.

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Zitationshilfe: Schröder, Ernst: Vorlesungen über die Algebra der Logik. Bd. 2, Abt. 2. Leipzig, 1905, S. 511. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/schroeder_logik0202_1905/155>, abgerufen am 24.11.2024.