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Schröder, Ernst: Vorlesungen über die Algebra der Logik. Bd. 2, Abt. 1. Leipzig, 1891.

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Fünfzehnte Vorlesung.
[Formel 1] wird sogar -- gemäss obiger Abmachung -- besagen, dass die Aus-
sage Fx für jedes Gebiet x, mithin, dass sie ganz allgemein im Gebiete-
kalkul gelte.

Dagegen wird eine Aussage:
[Formel 2] als eine identische Summe von Aussagen blos ausdrücken, konstatiren,
dass letztere alternativ gelten müssen: entweder die erste, oder auch
vielleicht die zweite, etc., "oder auch" mehrere von ihnen zugleich,
vielleicht auch alle zusammen. Es können alle, es braucht aber nur
ein Term zuzutreffen. Und demgemäss wird das Urteil
[Formel 3] schlechtweg besagen, dass die Aussage Fx wenigstens gelte für irgend
ein Gebiet x
, vielleicht für x = 0, oder vielleicht für x = 1, oder für
ein gewisses zwischenliegendes x, vielleicht sogar für mehrere, eine
ganze Klasse von solchen, vielleicht endlich -- nicht notwendig -- für
alle samt und sonders, "gewiss" nur, für mindestens eines.

Hiernach erscheint nun die zu Anfang nur einfach als Konvention
von uns hingestellte Erklärung der Zeichen [Formel 4] und [Formel 5] als durchaus
motivirt; sie ist hiermit erkannt als vollkommen konform oder analog
(wenn auch nicht identisch) der sonstigen Verwendungsweise dieser
Zeichen in der gesamten Mathematik.

Man merke einfach, dass in der Zeichensprache des Kalkuls P das
Symbol ist für das Pronomen "jedes" (every), S dasjenige für "ir-
gend ein
" (any, resp. some)*) -- kürzer: für den unbestimmten
Artikel "ein".

Jenes fordert gleichzeitiges, simultanes Vorstellen des dahinter ge-
setzten Termes in allen seinen Bedeutungen, dieses nur (fakultativ-)
alternatives in der einen oder andern, in gewissen oder irgend welchen
dieser Bedeutungen.

Mit Hülfe dieser beiden Zeichen, werden wir erfahren, lässt sich
jeder Grad von (bestimmter oder unbestimmter) Allgemeinheit an-
gemessen darstellen.

*) Das Pronomen "irgend ein" wird nicht selten auch gebraucht im Sinne von
"ein ganz beliebiges, sonach auch jedes". Dieses soll hier nicht gemeint sein.

Fünfzehnte Vorlesung.
[Formel 1] wird sogar — gemäss obiger Abmachung — besagen, dass die Aus-
sage Fx für jedes Gebiet x, mithin, dass sie ganz allgemein im Gebiete-
kalkul gelte.

Dagegen wird eine Aussage:
[Formel 2] als eine identische Summe von Aussagen blos ausdrücken, konstatiren,
dass letztere alternativ gelten müssen: entweder die erste, oder auch
vielleicht die zweite, etc., „oder auch“ mehrere von ihnen zugleich,
vielleicht auch alle zusammen. Es können alle, es braucht aber nur
ein Term zuzutreffen. Und demgemäss wird das Urteil
[Formel 3] schlechtweg besagen, dass die Aussage Fx wenigstens gelte für irgend
ein Gebiet x
, vielleicht für x = 0, oder vielleicht für x = 1, oder für
ein gewisses zwischenliegendes x, vielleicht sogar für mehrere, eine
ganze Klasse von solchen, vielleicht endlich — nicht notwendig — für
alle samt und sonders, „gewiss“ nur, für mindestens eines.

Hiernach erscheint nun die zu Anfang nur einfach als Konvention
von uns hingestellte Erklärung der Zeichen [Formel 4] und [Formel 5] als durchaus
motivirt; sie ist hiermit erkannt als vollkommen konform oder analog
(wenn auch nicht identisch) der sonstigen Verwendungsweise dieser
Zeichen in der gesamten Mathematik.

Man merke einfach, dass in der Zeichensprache des Kalkuls Π das
Symbol ist für das Pronomen „jedes“ (every), Σ dasjenige für „ir-
gend ein
“ (any, resp. some)*) — kürzer: für den unbestimmten
Artikel „ein“.

Jenes fordert gleichzeitiges, simultanes Vorstellen des dahinter ge-
setzten Termes in allen seinen Bedeutungen, dieses nur (fakultativ-)
alternatives in der einen oder andern, in gewissen oder irgend welchen
dieser Bedeutungen.

Mit Hülfe dieser beiden Zeichen, werden wir erfahren, lässt sich
jeder Grad von (bestimmter oder unbestimmter) Allgemeinheit an-
gemessen darstellen.

*) Das Pronomen „irgend ein“ wird nicht selten auch gebraucht im Sinne von
„ein ganz beliebiges, sonach auch jedes“. Dieses soll hier nicht gemeint sein.
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[42/0066] Fünfzehnte Vorlesung. [FORMEL] wird sogar — gemäss obiger Abmachung — besagen, dass die Aus- sage Fx für jedes Gebiet x, mithin, dass sie ganz allgemein im Gebiete- kalkul gelte. Dagegen wird eine Aussage: [FORMEL] als eine identische Summe von Aussagen blos ausdrücken, konstatiren, dass letztere alternativ gelten müssen: entweder die erste, oder auch vielleicht die zweite, etc., „oder auch“ mehrere von ihnen zugleich, vielleicht auch alle zusammen. Es können alle, es braucht aber nur ein Term zuzutreffen. Und demgemäss wird das Urteil [FORMEL] schlechtweg besagen, dass die Aussage Fx wenigstens gelte für irgend ein Gebiet x, vielleicht für x = 0, oder vielleicht für x = 1, oder für ein gewisses zwischenliegendes x, vielleicht sogar für mehrere, eine ganze Klasse von solchen, vielleicht endlich — nicht notwendig — für alle samt und sonders, „gewiss“ nur, für mindestens eines. Hiernach erscheint nun die zu Anfang nur einfach als Konvention von uns hingestellte Erklärung der Zeichen [FORMEL] und [FORMEL] als durchaus motivirt; sie ist hiermit erkannt als vollkommen konform oder analog (wenn auch nicht identisch) der sonstigen Verwendungsweise dieser Zeichen in der gesamten Mathematik. Man merke einfach, dass in der Zeichensprache des Kalkuls Π das Symbol ist für das Pronomen „jedes“ (every), Σ dasjenige für „ir- gend ein“ (any, resp. some) *) — kürzer: für den unbestimmten Artikel „ein“. Jenes fordert gleichzeitiges, simultanes Vorstellen des dahinter ge- setzten Termes in allen seinen Bedeutungen, dieses nur (fakultativ-) alternatives in der einen oder andern, in gewissen oder irgend welchen dieser Bedeutungen. Mit Hülfe dieser beiden Zeichen, werden wir erfahren, lässt sich jeder Grad von (bestimmter oder unbestimmter) Allgemeinheit an- gemessen darstellen. *) Das Pronomen „irgend ein“ wird nicht selten auch gebraucht im Sinne von „ein ganz beliebiges, sonach auch jedes“. Dieses soll hier nicht gemeint sein.

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Zitationshilfe: Schröder, Ernst: Vorlesungen über die Algebra der Logik. Bd. 2, Abt. 1. Leipzig, 1891, S. 42. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/schroeder_logik0201_1891/66>, abgerufen am 27.04.2024.