Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Schröder, Ernst: Vorlesungen über die Algebra der Logik. Bd. 2, Abt. 1. Leipzig, 1891.

Bild:
<< vorherige Seite
§ 45. Modus ponens und tollens. Dilemma.
Syllogismus): Wenn a gilt, so gilt b. Nun gilt b nicht. Ergo gilt
auch a nicht.

Die Prämisse a bei dem modus ponens, b1 bei dem modus tollens,
heisst die "Assumtion".

Die Bezeichnung des hypothetischen Schlusses als eines "gemischten"
soll den Gegensatz ausdrücken zu dem "reinen" hypothetischen Schlusse,
welcher nach Prinzip InIn stattfindet: (a b) (b c) (a c) -- vergleiche
den Schluss des § 44. --

Exempel. Wenn er sich wohl befindet, so kommt er. In der That
ist er aber wohl, also kommt er. Resp. Nun kommt er aber nicht, also
muss er unwohl sein.

Dagegen würden die Schlüsse:

Wenn er sich wohl befindet, so kommt er sicher. Nun kommt er; also
befindet er sich wohl. Resp. Wenn er sich wohl befände, so käme er.
Nun ist er aber krank, also kommt er nicht --

einfach Fehlschlüsse sein. (Vergl. Jevons 9 p. 145.)

Sich ähnlich auch mit der verbalen Formulirung der noch übrigen
Sätze z), e), k) und l) abzufinden, überlassen wir dem Leser. Dass
die mit denen k) oben verschmolzenen Formeln sich nach dem ange-
merkten Schema gx) hinzuergeben, wird ersichtlich, wenn man die Aus-
sage (a b) mit einem Buchstaben -- d zum Beispiel -- bezeichnet.

Was wir aber aus dem Bisherigen in Worte gekleidet haben, be-
kundet, dass auch in den gemischten und eigentümlichen Formeln des
Aussagenkalkuls wichtige Sätze niedergelegt sind, die vielfach unsere
verbalen Überlegungen und Diskussionen beherrschen, und schon des-
halb verdienten, zum Bewusstsein gebracht zu werden. --

Es dürfte hier der Ort sein, mit der am Schlusse des § 44 be-
gonnenen Betrachtung der traditionellen zusammengesetzten Schlüsse
zu Ende zu kommen.

Als "Dilemma" wird bekanntlich bezeichnet der dort schon ange-
führte Schluss:
(s a + b + c ...) (a p) (b p) (c p) ... (s p)
wenn für den Aussagenkalkul gedeutet, wo er lauten wird: Wenn s gilt,
so gilt entweder a, oder b, oder c, . . . . Wenn nun a gilt, so gilt p,
wenn b gilt, so gilt p, wenn c gilt, gilt p, . . . . Ergo: wenn s gilt, so
gilt p.
Bewiesen dachten wir uns denselben durch Zusammenziehung
-- gemäss Def. (3+) -- aller seiner auf die erste folgenden Prämissen
in: (a + b + c ... p), und Anwendung von Prinzip II.

Damit solches "Dilemma" seiner Namenbildung entspreche, ist übrigens
der obige Schluss wol auf nur zwei Terme des Major a + b ... einge-

§ 45. Modus ponens und tollens. Dilemma.
Syllogismus): Wenn a gilt, so gilt b. Nun gilt b nicht. Ergo gilt
auch a nicht.

Die Prämisse a bei dem modus ponens, b1 bei dem modus tollens,
heisst die „Assumtion“.

Die Bezeichnung des hypothetischen Schlusses als eines „gemischten“
soll den Gegensatz ausdrücken zu dem „reinen“ hypothetischen Schlusse,
welcher nach Prinzip ĪĪ stattfindet: (a b) (b c) (a c) — vergleiche
den Schluss des § 44. —

Exempel. Wenn er sich wohl befindet, so kommt er. In der That
ist er aber wohl, also kommt er. Resp. Nun kommt er aber nicht, also
muss er unwohl sein.

Dagegen würden die Schlüsse:

Wenn er sich wohl befindet, so kommt er sicher. Nun kommt er; also
befindet er sich wohl. Resp. Wenn er sich wohl befände, so käme er.
Nun ist er aber krank, also kommt er nicht —

einfach Fehlschlüsse sein. (Vergl. Jevons 9 p. 145.)

Sich ähnlich auch mit der verbalen Formulirung der noch übrigen
Sätze ζ), η), ϰ) und λ) abzufinden, überlassen wir dem Leser. Dass
die mit denen ϰ) oben verschmolzenen Formeln sich nach dem ange-
merkten Schema γ×) hinzuergeben, wird ersichtlich, wenn man die Aus-
sage (a b) mit einem Buchstaben — d zum Beispiel — bezeichnet.

Was wir aber aus dem Bisherigen in Worte gekleidet haben, be-
kundet, dass auch in den gemischten und eigentümlichen Formeln des
Aussagenkalkuls wichtige Sätze niedergelegt sind, die vielfach unsere
verbalen Überlegungen und Diskussionen beherrschen, und schon des-
halb verdienten, zum Bewusstsein gebracht zu werden. —

Es dürfte hier der Ort sein, mit der am Schlusse des § 44 be-
gonnenen Betrachtung der traditionellen zusammengesetzten Schlüsse
zu Ende zu kommen.

Als „Dilemma“ wird bekanntlich bezeichnet der dort schon ange-
führte Schluss:
(s a + b + c …) (a p) (b p) (c p) … (s p)
wenn für den Aussagenkalkul gedeutet, wo er lauten wird: Wenn s gilt,
so gilt entweder a, oder b, oder c, . . . . Wenn nun a gilt, so gilt p,
wenn b gilt, so gilt p, wenn c gilt, gilt p, . . . . Ergo: wenn s gilt, so
gilt p.
Bewiesen dachten wir uns denselben durch Zusammenziehung
— gemäss Def. (3+) — aller seiner auf die erste folgenden Prämissen
in: (a + b + c p), und Anwendung von Prinzip II.

Damit solches „Dilemma“ seiner Namenbildung entspreche, ist übrigens
der obige Schluss wol auf nur zwei Terme des Major a + b … einge-

<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <div n="2">
          <div n="3">
            <list>
              <item><pb facs="#f0291" n="267"/><fw place="top" type="header">§ 45. Modus ponens und tollens. Dilemma.</fw><lb/>
Syllogismus): <hi rendition="#i">Wenn a gilt</hi>, <hi rendition="#i">so gilt b. Nun gilt b nicht. Ergo gilt<lb/>
auch a nicht.</hi></item>
            </list><lb/>
            <p>Die Prämisse <hi rendition="#i">a</hi> bei dem modus ponens, <hi rendition="#i">b</hi><hi rendition="#sub">1</hi> bei dem modus tollens,<lb/>
heisst die &#x201E;<hi rendition="#i">Assumtion</hi>&#x201C;.</p><lb/>
            <p>Die Bezeichnung des hypothetischen Schlusses als eines &#x201E;gemischten&#x201C;<lb/>
soll den Gegensatz ausdrücken zu dem &#x201E;reinen&#x201C; hypothetischen Schlusse,<lb/>
welcher nach Prinzip I&#x0304;I&#x0304; stattfindet: (<hi rendition="#i">a</hi> <choice><orig>&#xFFFC;</orig><reg>&#x2286;</reg></choice> <hi rendition="#i">b</hi>) (<hi rendition="#i">b</hi> <choice><orig>&#xFFFC;</orig><reg>&#x2286;</reg></choice> <hi rendition="#i">c</hi>) <choice><orig>&#xFFFC;</orig><reg>&#x2286;</reg></choice> (<hi rendition="#i">a</hi> <choice><orig>&#xFFFC;</orig><reg>&#x2286;</reg></choice> <hi rendition="#i">c</hi>) &#x2014; vergleiche<lb/>
den Schluss des § 44. &#x2014;</p><lb/>
            <p>Exempel. Wenn er sich wohl befindet, so kommt er. In der That<lb/>
ist er aber wohl, also kommt er. Resp. Nun kommt er aber nicht, also<lb/>
muss er unwohl sein.</p><lb/>
            <p>Dagegen würden die Schlüsse:</p><lb/>
            <list>
              <item>Wenn er sich wohl befindet, so kommt er sicher. Nun kommt er; also<lb/>
befindet er sich wohl. Resp. Wenn er sich wohl befände, so käme er.<lb/>
Nun ist er aber krank, also kommt er nicht &#x2014;</item>
            </list><lb/>
            <p>einfach Fehlschlüsse sein. (Vergl. Jevons <hi rendition="#sup">9</hi> p. 145.)</p><lb/>
            <p>Sich ähnlich auch mit der verbalen Formulirung der noch übrigen<lb/>
Sätze <hi rendition="#i">&#x03B6;</hi>), <hi rendition="#i">&#x03B7;</hi>), <hi rendition="#i">&#x03F0;</hi>) und <hi rendition="#i">&#x03BB;</hi>) abzufinden, überlassen wir dem Leser. Dass<lb/>
die mit denen <hi rendition="#i">&#x03F0;</hi>) oben verschmolzenen Formeln sich nach dem ange-<lb/>
merkten Schema <hi rendition="#i">&#x03B3;</hi><hi rendition="#sub">×</hi>) hinzuergeben, wird ersichtlich, wenn man die Aus-<lb/>
sage (<hi rendition="#i">a</hi> <choice><orig>&#xFFFC;</orig><reg>&#x2286;</reg></choice> <hi rendition="#i">b</hi>) mit einem Buchstaben &#x2014; <hi rendition="#i">d</hi> zum Beispiel &#x2014; bezeichnet.</p><lb/>
            <p>Was wir aber aus dem Bisherigen in Worte gekleidet haben, be-<lb/>
kundet, dass auch in den gemischten und eigentümlichen Formeln des<lb/>
Aussagenkalkuls wichtige Sätze niedergelegt sind, die vielfach unsere<lb/>
verbalen Überlegungen und Diskussionen beherrschen, und schon des-<lb/>
halb verdienten, zum Bewusstsein gebracht zu werden. &#x2014;</p><lb/>
            <p>Es dürfte hier der Ort sein, mit der am Schlusse des § 44 be-<lb/>
gonnenen Betrachtung der traditionellen zusammengesetzten Schlüsse<lb/>
zu Ende zu kommen.</p><lb/>
            <p>Als &#x201E;<hi rendition="#i">Dilemma</hi>&#x201C; wird bekanntlich bezeichnet der dort schon ange-<lb/>
führte Schluss:<lb/><hi rendition="#c">(<hi rendition="#i">s</hi> <choice><orig>&#xFFFC;</orig><reg>&#x2286;</reg></choice> <hi rendition="#i">a</hi> + <hi rendition="#i">b</hi> + <hi rendition="#i">c</hi> &#x2026;) (<hi rendition="#i">a</hi> <choice><orig>&#xFFFC;</orig><reg>&#x2286;</reg></choice> <hi rendition="#i">p</hi>) (<hi rendition="#i">b</hi> <choice><orig>&#xFFFC;</orig><reg>&#x2286;</reg></choice> <hi rendition="#i">p</hi>) (<hi rendition="#i">c</hi> <choice><orig>&#xFFFC;</orig><reg>&#x2286;</reg></choice> <hi rendition="#i">p</hi>) &#x2026; <choice><orig>&#xFFFC;</orig><reg>&#x2286;</reg></choice> (<hi rendition="#i">s</hi> <choice><orig>&#xFFFC;</orig><reg>&#x2286;</reg></choice> <hi rendition="#i">p</hi>)</hi><lb/><hi rendition="#i">wenn für den Aussagenkalkul gedeutet</hi>, wo er lauten wird: <hi rendition="#i">Wenn s gilt</hi>,<lb/><hi rendition="#i">so gilt entweder a</hi>, <hi rendition="#i">oder b</hi>, <hi rendition="#i">oder c</hi>, . . . . <hi rendition="#i">Wenn nun a gilt</hi>, <hi rendition="#i">so gilt p</hi>,<lb/><hi rendition="#i">wenn b gilt, so gilt p</hi>, <hi rendition="#i">wenn c gilt</hi>, <hi rendition="#i">gilt p</hi>, . . . . <hi rendition="#i">Ergo: wenn s gilt</hi>, <hi rendition="#i">so<lb/>
gilt p.</hi> Bewiesen dachten wir uns denselben durch Zusammenziehung<lb/>
&#x2014; gemäss Def. (3<hi rendition="#sub">+</hi>) &#x2014; aller seiner auf die erste folgenden Prämissen<lb/>
in: (<hi rendition="#i">a</hi> + <hi rendition="#i">b</hi> + <hi rendition="#i">c</hi> &#x2026; <choice><orig>&#xFFFC;</orig><reg>&#x2286;</reg></choice> <hi rendition="#i">p</hi>), und Anwendung von Prinzip II.</p><lb/>
            <p>Damit solches &#x201E;<hi rendition="#i">Di</hi>lemma&#x201C; seiner Namenbildung entspreche, ist übrigens<lb/>
der obige Schluss wol auf nur <hi rendition="#i">zwei</hi> Terme des Major <hi rendition="#i">a</hi> + <hi rendition="#i">b</hi> &#x2026; einge-<lb/></p>
          </div>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[267/0291] § 45. Modus ponens und tollens. Dilemma. Syllogismus): Wenn a gilt, so gilt b. Nun gilt b nicht. Ergo gilt auch a nicht. Die Prämisse a bei dem modus ponens, b1 bei dem modus tollens, heisst die „Assumtion“. Die Bezeichnung des hypothetischen Schlusses als eines „gemischten“ soll den Gegensatz ausdrücken zu dem „reinen“ hypothetischen Schlusse, welcher nach Prinzip ĪĪ stattfindet: (a  b) (b  c)  (a  c) — vergleiche den Schluss des § 44. — Exempel. Wenn er sich wohl befindet, so kommt er. In der That ist er aber wohl, also kommt er. Resp. Nun kommt er aber nicht, also muss er unwohl sein. Dagegen würden die Schlüsse: Wenn er sich wohl befindet, so kommt er sicher. Nun kommt er; also befindet er sich wohl. Resp. Wenn er sich wohl befände, so käme er. Nun ist er aber krank, also kommt er nicht — einfach Fehlschlüsse sein. (Vergl. Jevons 9 p. 145.) Sich ähnlich auch mit der verbalen Formulirung der noch übrigen Sätze ζ), η), ϰ) und λ) abzufinden, überlassen wir dem Leser. Dass die mit denen ϰ) oben verschmolzenen Formeln sich nach dem ange- merkten Schema γ×) hinzuergeben, wird ersichtlich, wenn man die Aus- sage (a  b) mit einem Buchstaben — d zum Beispiel — bezeichnet. Was wir aber aus dem Bisherigen in Worte gekleidet haben, be- kundet, dass auch in den gemischten und eigentümlichen Formeln des Aussagenkalkuls wichtige Sätze niedergelegt sind, die vielfach unsere verbalen Überlegungen und Diskussionen beherrschen, und schon des- halb verdienten, zum Bewusstsein gebracht zu werden. — Es dürfte hier der Ort sein, mit der am Schlusse des § 44 be- gonnenen Betrachtung der traditionellen zusammengesetzten Schlüsse zu Ende zu kommen. Als „Dilemma“ wird bekanntlich bezeichnet der dort schon ange- führte Schluss: (s  a + b + c …) (a  p) (b  p) (c  p) …  (s  p) wenn für den Aussagenkalkul gedeutet, wo er lauten wird: Wenn s gilt, so gilt entweder a, oder b, oder c, . . . . Wenn nun a gilt, so gilt p, wenn b gilt, so gilt p, wenn c gilt, gilt p, . . . . Ergo: wenn s gilt, so gilt p. Bewiesen dachten wir uns denselben durch Zusammenziehung — gemäss Def. (3+) — aller seiner auf die erste folgenden Prämissen in: (a + b + c …  p), und Anwendung von Prinzip II. Damit solches „Dilemma“ seiner Namenbildung entspreche, ist übrigens der obige Schluss wol auf nur zwei Terme des Major a + b … einge-

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
TCF (tokenisiert, serialisiert, lemmatisiert, normalisiert)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/schroeder_logik0201_1891
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/schroeder_logik0201_1891/291
Zitationshilfe: Schröder, Ernst: Vorlesungen über die Algebra der Logik. Bd. 2, Abt. 1. Leipzig, 1891, S. 267. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/schroeder_logik0201_1891/291>, abgerufen am 09.05.2024.