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Schröder, Ernst: Vorlesungen über die Algebra der Logik. Bd. 1. Leipzig, 1890.

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Einleitung.
name umfasst, auch einzeln abgegeben werden könnten, ohne dass
man nötig hätte, dabei auch an andre (die andern) Individuen dieser
Gattung zu denken, auf sie zu reflektiren -- mit der Berechtigung
also, von allen zwischen solchen Individuen etwa bestehenden Be-
ziehungen von vornherein abzusehen, zu abstrahiren. Mit dem Prädi-
kate freilich können dann auch Beziehungen zwischen Individuen der
Subjektklasse statuirt werden.

Wird dagegen ein Name als Kollektivname gebraucht, so werden
zwischen den Objekten, die er in sich zusammenfasst, gewisse Beziehungen
als vorhanden vorausgesetzt und kommen als solche wesentlich in Be-
tracht. Nicht alle Beziehungen, welche zwischen besagten Objekten
betrachtbar, brauchen gegeben zu sein oder als unveränderliche fest-
gehalten zu werden, aber gewisse wenigstens von diesen Beziehungen,
oder in gewissen Hinsichten wenigstens gelten diese Beziehungen uns
als feste. Jene Objekte und eventuell Individuen stehen vor unserm
Geiste nicht als eine Klasse, sondern als ein System.

Jedenfalls, was von dem Kollektivnamen gültig ausgesagt wird,
braucht von den Individuen, die er in sich zusammenfasst, nicht einzeln
gültig zu sein. Es darf aufhören zu gelten, sobald man solche getrennt
in's Auge fasst, sie separirt. Vielmehr braucht jenes Prädikat nur
der "Gesamtheit" der Individuen zuzukommen (d. i. dem der gleich-
zeitigen Vorstellung sämtlicher Individuen zugrunde liegenden Wirk-
lichen) mit Rücksicht auf alle Beziehungen, welche zwischen diesen Indi-
viduen
schon (faktisch oder theoretisch) bestehen, solange man sie also
in dieser ihrer Verbindung miteinander belässt*) (zuweilen auch, so-
bald man sie erst in gewisse feste Beziehungen zu einander gebracht
denkt, bringt). Auch kommt dem einzelnen Individuum der Kollektiv-
name (darum) nicht zu.

Der Flügelmann der ersten Kompagnie des ersten Regiments der
deutschen Armee ist "deutscher Soldat"; der Oberst desselben auch; aber
er ist nicht "(die) deutsche Armee". Die dentsche Armee ist schlagfertig;
der einzelne Soldat kann dies auch sein. Aber die deutsche Armee mag
auch der gegnerischen Armee überlegen sein, und von dem einzelnen
deutschen Soldaten könnte doch jedenfalls nicht ausgesagt werden, er sei

*) Die Individuen selbst müssen gleichwol nicht als gleichzeitig existirende
vorausgesetzt werden.
Verdient der Kollektivname die Bezeichnung als eine "Summe", "Quantität"
oder "Grösse", so ist sogar gefordert, dass man die Individuen bereits in eine
eigenartige Beziehung, Gedankenverbindung gebracht habe, deren Wesen die
Arithmetik auseinandersetzt.

Einleitung.
name umfasst, auch einzeln abgegeben werden könnten, ohne dass
man nötig hätte, dabei auch an andre (die andern) Individuen dieser
Gattung zu denken, auf sie zu reflektiren — mit der Berechtigung
also, von allen zwischen solchen Individuen etwa bestehenden Be-
ziehungen von vornherein abzusehen, zu abstrahiren. Mit dem Prädi-
kate freilich können dann auch Beziehungen zwischen Individuen der
Subjektklasse statuirt werden.

Wird dagegen ein Name als Kollektivname gebraucht, so werden
zwischen den Objekten, die er in sich zusammenfasst, gewisse Beziehungen
als vorhanden vorausgesetzt und kommen als solche wesentlich in Be-
tracht. Nicht alle Beziehungen, welche zwischen besagten Objekten
betrachtbar, brauchen gegeben zu sein oder als unveränderliche fest-
gehalten zu werden, aber gewisse wenigstens von diesen Beziehungen,
oder in gewissen Hinsichten wenigstens gelten diese Beziehungen uns
als feste. Jene Objekte und eventuell Individuen stehen vor unserm
Geiste nicht als eine Klasse, sondern als ein System.

Jedenfalls, was von dem Kollektivnamen gültig ausgesagt wird,
braucht von den Individuen, die er in sich zusammenfasst, nicht einzeln
gültig zu sein. Es darf aufhören zu gelten, sobald man solche getrennt
in's Auge fasst, sie separirt. Vielmehr braucht jenes Prädikat nur
der „Gesamtheit“ der Individuen zuzukommen (d. i. dem der gleich-
zeitigen Vorstellung sämtlicher Individuen zugrunde liegenden Wirk-
lichen) mit Rücksicht auf alle Beziehungen, welche zwischen diesen Indi-
viduen
schon (faktisch oder theoretisch) bestehen, solange man sie also
in dieser ihrer Verbindung miteinander belässt*) (zuweilen auch, so-
bald man sie erst in gewisse feste Beziehungen zu einander gebracht
denkt, bringt). Auch kommt dem einzelnen Individuum der Kollektiv-
name (darum) nicht zu.

Der Flügelmann der ersten Kompagnie des ersten Regiments der
deutschen Armee ist „deutscher Soldat“; der Oberst desselben auch; aber
er ist nicht „(die) deutsche Armee“. Die dentsche Armee ist schlagfertig;
der einzelne Soldat kann dies auch sein. Aber die deutsche Armee mag
auch der gegnerischen Armee überlegen sein, und von dem einzelnen
deutschen Soldaten könnte doch jedenfalls nicht ausgesagt werden, er sei

*) Die Individuen selbst müssen gleichwol nicht als gleichzeitig existirende
vorausgesetzt werden.
Verdient der Kollektivname die Bezeichnung als eine „Summe“, „Quantität“
oder „Grösse“, so ist sogar gefordert, dass man die Individuen bereits in eine
eigenartige Beziehung, Gedankenverbindung gebracht habe, deren Wesen die
Arithmetik auseinandersetzt.
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[71/0091] Einleitung. name umfasst, auch einzeln abgegeben werden könnten, ohne dass man nötig hätte, dabei auch an andre (die andern) Individuen dieser Gattung zu denken, auf sie zu reflektiren — mit der Berechtigung also, von allen zwischen solchen Individuen etwa bestehenden Be- ziehungen von vornherein abzusehen, zu abstrahiren. Mit dem Prädi- kate freilich können dann auch Beziehungen zwischen Individuen der Subjektklasse statuirt werden. Wird dagegen ein Name als Kollektivname gebraucht, so werden zwischen den Objekten, die er in sich zusammenfasst, gewisse Beziehungen als vorhanden vorausgesetzt und kommen als solche wesentlich in Be- tracht. Nicht alle Beziehungen, welche zwischen besagten Objekten betrachtbar, brauchen gegeben zu sein oder als unveränderliche fest- gehalten zu werden, aber gewisse wenigstens von diesen Beziehungen, oder in gewissen Hinsichten wenigstens gelten diese Beziehungen uns als feste. Jene Objekte und eventuell Individuen stehen vor unserm Geiste nicht als eine Klasse, sondern als ein System. Jedenfalls, was von dem Kollektivnamen gültig ausgesagt wird, braucht von den Individuen, die er in sich zusammenfasst, nicht einzeln gültig zu sein. Es darf aufhören zu gelten, sobald man solche getrennt in's Auge fasst, sie separirt. Vielmehr braucht jenes Prädikat nur der „Gesamtheit“ der Individuen zuzukommen (d. i. dem der gleich- zeitigen Vorstellung sämtlicher Individuen zugrunde liegenden Wirk- lichen) mit Rücksicht auf alle Beziehungen, welche zwischen diesen Indi- viduen schon (faktisch oder theoretisch) bestehen, solange man sie also in dieser ihrer Verbindung miteinander belässt *) (zuweilen auch, so- bald man sie erst in gewisse feste Beziehungen zu einander gebracht denkt, bringt). Auch kommt dem einzelnen Individuum der Kollektiv- name (darum) nicht zu. Der Flügelmann der ersten Kompagnie des ersten Regiments der deutschen Armee ist „deutscher Soldat“; der Oberst desselben auch; aber er ist nicht „(die) deutsche Armee“. Die dentsche Armee ist schlagfertig; der einzelne Soldat kann dies auch sein. Aber die deutsche Armee mag auch der gegnerischen Armee überlegen sein, und von dem einzelnen deutschen Soldaten könnte doch jedenfalls nicht ausgesagt werden, er sei *) Die Individuen selbst müssen gleichwol nicht als gleichzeitig existirende vorausgesetzt werden. Verdient der Kollektivname die Bezeichnung als eine „Summe“, „Quantität“ oder „Grösse“, so ist sogar gefordert, dass man die Individuen bereits in eine eigenartige Beziehung, Gedankenverbindung gebracht habe, deren Wesen die Arithmetik auseinandersetzt.

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Zitationshilfe: Schröder, Ernst: Vorlesungen über die Algebra der Logik. Bd. 1. Leipzig, 1890, S. 71. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/schroeder_logik01_1890/91>, abgerufen am 30.11.2024.