elemente -- durch Anrufen derselben -- wiederzubeleben oder in's Feld der Aufmerksamkeit zu rücken.
Um einen Ausspruch thun zu können, der eine Information zu liefern vermöchte, brauchen wir mindestens für die Kopula, welcher in unserm Beispiel "das (erwähnte) Zukommen" oder "der Besitz" entspricht, ein Wort von allgemeiner Bedeutung, das einen Gemeinnamen vertritt, und können damit dann allerdings als etwas für den Vernehmenden möglicher- weise Neues sagen: "Dieser Schnee" besitzt "diese Weisse".
Wir wollen nun nicht weiter ventiliren, mit welchem minimalen Be- stand an Gattungsnamen ein Bezeichnungssystem den Zwecken sprachlicher Mitteilung schon ausreichend zu genügen vermöchte -- in Anbetracht, dass auch andere Momente dahin drängen, solche in grosser Menge zu schaffen, und dass ein Reichtum der Sprache an Gattungsnamen nur vorteilhaft erscheint.
th2) Zunächst haben wir aber die vielwörterigen Gattungsnamen, welche sich aus einwörterigen und vielleicht auch andern Wortzeichen "ableiten" -- etwa rationell in Gestalt einer Definition oder Beschreibung aufbauen -- lassen, von unsrer Betrachtung natürlich auszuschliessen und unser Augenmerk zu richten auf die Erstellung der als "ursprüngliche" einwörterig zu gestaltenden Namen, die zu dem weiteren Aufbau uns erst die Bau- steine abgeben sollten.
Schon die oberflächlichste Überlegung zeigt, dass es gar nicht durchführbar sein würde, ein Jedes, was Objekt des Denkens werden mag, mit einem Worte als Eigennamen zu benennen.
Das wäre schon in Bezug auf die Dinge der Aussenwelt unthunlich.
Wie möchten wir z. B. Geometrie treiben, wenn jede Seite jede Ecke etc. eines jeden von irgend jemand in Betracht zu ziehenden Dreiecks ihren eigenen Namen führte, wenn sie von der Sprache je mit einem besonderen Worte bezeichnet würde und werden müsste? So ausserordentlich gross die Kombinationsfähigkeit der Buchstaben zu aussprechbaren Silben und so zahlreich die Arten auch sind, auf welche diese Silben sich zu Worten ver- knüpfen lassen, sie würden doch bei weitem nicht hinreichen um solchen. Bedarf an Eigennamen zu decken. Kein menschliches Gedächtniss aber würde die Kraft besitzen, wären solche Namen auch schon geschaffen (irgendwie, beliebig eingeführt), dieselben mitsamt ihrer Bedeutung zu be- halten, ganz abgesehen von der Schwierigkeit, sie zu erlernen.
Das Erlernen würde hier immer noch (in gewissem Umfange) wenigstens als möglich erscheinen.
Prinzipiell unmöglich aber müsste es genannt werden, falls die gleiche Praxis der Belehnung aller Dinge mit Eigennamen auf die Gebilde der geistigen Welt angewendet werden wollte. Da sich die Zustände des Bewusstseins eines Menschen, als namentlich seine Wahrnehmung von Unterschieden oder von Übereinstimmung an den Dingen, seine Empfindungen, Vorstellungen und Absichten etc. für die andern Menschen nicht sinnlich zur Wahrnehmung bringen lassen, da sich nicht, wie auf die Aussendinge auf solche hinweisen lässt, so wäre hier gar kein Weg denkbar, auf welchem
Einleitung.
elemente — durch Anrufen derselben — wiederzubeleben oder in's Feld der Aufmerksamkeit zu rücken.
Um einen Ausspruch thun zu können, der eine Information zu liefern vermöchte, brauchen wir mindestens für die Kopula, welcher in unserm Beispiel „das (erwähnte) Zukommen“ oder „der Besitz“ entspricht, ein Wort von allgemeiner Bedeutung, das einen Gemeinnamen vertritt, und können damit dann allerdings als etwas für den Vernehmenden möglicher- weise Neues sagen: „Dieser Schnee“ besitzt „diese Weisse“.
Wir wollen nun nicht weiter ventiliren, mit welchem minimalen Be- stand an Gattungsnamen ein Bezeichnungssystem den Zwecken sprachlicher Mitteilung schon ausreichend zu genügen vermöchte — in Anbetracht, dass auch andere Momente dahin drängen, solche in grosser Menge zu schaffen, und dass ein Reichtum der Sprache an Gattungsnamen nur vorteilhaft erscheint.
ϑ2) Zunächst haben wir aber die vielwörterigen Gattungsnamen, welche sich aus einwörterigen und vielleicht auch andern Wortzeichen „ableiten“ — etwa rationell in Gestalt einer Definition oder Beschreibung aufbauen — lassen, von unsrer Betrachtung natürlich auszuschliessen und unser Augenmerk zu richten auf die Erstellung der als „ursprüngliche“ einwörterig zu gestaltenden Namen, die zu dem weiteren Aufbau uns erst die Bau- steine abgeben sollten.
Schon die oberflächlichste Überlegung zeigt, dass es gar nicht durchführbar sein würde, ein Jedes, was Objekt des Denkens werden mag, mit einem Worte als Eigennamen zu benennen.
Das wäre schon in Bezug auf die Dinge der Aussenwelt unthunlich.
Wie möchten wir z. B. Geometrie treiben, wenn jede Seite jede Ecke etc. eines jeden von irgend jemand in Betracht zu ziehenden Dreiecks ihren eigenen Namen führte, wenn sie von der Sprache je mit einem besonderen Worte bezeichnet würde und werden müsste? So ausserordentlich gross die Kombinationsfähigkeit der Buchstaben zu aussprechbaren Silben und so zahlreich die Arten auch sind, auf welche diese Silben sich zu Worten ver- knüpfen lassen, sie würden doch bei weitem nicht hinreichen um solchen. Bedarf an Eigennamen zu decken. Kein menschliches Gedächtniss aber würde die Kraft besitzen, wären solche Namen auch schon geschaffen (irgendwie, beliebig eingeführt), dieselben mitsamt ihrer Bedeutung zu be- halten, ganz abgesehen von der Schwierigkeit, sie zu erlernen.
Das Erlernen würde hier immer noch (in gewissem Umfange) wenigstens als möglich erscheinen.
Prinzipiell unmöglich aber müsste es genannt werden, falls die gleiche Praxis der Belehnung aller Dinge mit Eigennamen auf die Gebilde der geistigen Welt angewendet werden wollte. Da sich die Zustände des Bewusstseins eines Menschen, als namentlich seine Wahrnehmung von Unterschieden oder von Übereinstimmung an den Dingen, seine Empfindungen, Vorstellungen und Absichten etc. für die andern Menschen nicht sinnlich zur Wahrnehmung bringen lassen, da sich nicht, wie auf die Aussendinge auf solche hinweisen lässt, so wäre hier gar kein Weg denkbar, auf welchem
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[66/0086]
Einleitung.
elemente — durch Anrufen derselben — wiederzubeleben oder in's Feld
der Aufmerksamkeit zu rücken.
Um einen Ausspruch thun zu können, der eine Information zu liefern
vermöchte, brauchen wir mindestens für die Kopula, welcher in unserm
Beispiel „das (erwähnte) Zukommen“ oder „der Besitz“ entspricht, ein
Wort von allgemeiner Bedeutung, das einen Gemeinnamen vertritt, und
können damit dann allerdings als etwas für den Vernehmenden möglicher-
weise Neues sagen: „Dieser Schnee“ besitzt „diese Weisse“.
Wir wollen nun nicht weiter ventiliren, mit welchem minimalen Be-
stand an Gattungsnamen ein Bezeichnungssystem den Zwecken sprachlicher
Mitteilung schon ausreichend zu genügen vermöchte — in Anbetracht, dass
auch andere Momente dahin drängen, solche in grosser Menge zu schaffen,
und dass ein Reichtum der Sprache an Gattungsnamen nur vorteilhaft
erscheint.
ϑ2) Zunächst haben wir aber die vielwörterigen Gattungsnamen, welche
sich aus einwörterigen und vielleicht auch andern Wortzeichen „ableiten“
— etwa rationell in Gestalt einer Definition oder Beschreibung aufbauen
— lassen, von unsrer Betrachtung natürlich auszuschliessen und unser
Augenmerk zu richten auf die Erstellung der als „ursprüngliche“ einwörterig
zu gestaltenden Namen, die zu dem weiteren Aufbau uns erst die Bau-
steine abgeben sollten.
Schon die oberflächlichste Überlegung zeigt, dass es gar nicht
durchführbar sein würde, ein Jedes, was Objekt des Denkens werden
mag, mit einem Worte als Eigennamen zu benennen.
Das wäre schon in Bezug auf die Dinge der Aussenwelt unthunlich.
Wie möchten wir z. B. Geometrie treiben, wenn jede Seite jede Ecke
etc. eines jeden von irgend jemand in Betracht zu ziehenden Dreiecks ihren
eigenen Namen führte, wenn sie von der Sprache je mit einem besonderen
Worte bezeichnet würde und werden müsste? So ausserordentlich gross
die Kombinationsfähigkeit der Buchstaben zu aussprechbaren Silben und so
zahlreich die Arten auch sind, auf welche diese Silben sich zu Worten ver-
knüpfen lassen, sie würden doch bei weitem nicht hinreichen um solchen.
Bedarf an Eigennamen zu decken. Kein menschliches Gedächtniss aber
würde die Kraft besitzen, wären solche Namen auch schon geschaffen
(irgendwie, beliebig eingeführt), dieselben mitsamt ihrer Bedeutung zu be-
halten, ganz abgesehen von der Schwierigkeit, sie zu erlernen.
Das Erlernen würde hier immer noch (in gewissem Umfange) wenigstens
als möglich erscheinen.
Prinzipiell unmöglich aber müsste es genannt werden, falls die gleiche
Praxis der Belehnung aller Dinge mit Eigennamen auf die Gebilde der
geistigen Welt angewendet werden wollte. Da sich die Zustände des
Bewusstseins eines Menschen, als namentlich seine Wahrnehmung von
Unterschieden oder von Übereinstimmung an den Dingen, seine Empfindungen,
Vorstellungen und Absichten etc. für die andern Menschen nicht sinnlich
zur Wahrnehmung bringen lassen, da sich nicht, wie auf die Aussendinge
auf solche hinweisen lässt, so wäre hier gar kein Weg denkbar, auf welchem
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Schröder, Ernst: Vorlesungen über die Algebra der Logik. Bd. 1. Leipzig, 1890, S. 66. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/schroeder_logik01_1890/86>, abgerufen am 30.11.2024.
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