Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Schröder, Ernst: Vorlesungen über die Algebra der Logik. Bd. 1. Leipzig, 1890.

Bild:
<< vorherige Seite
Zur Gruppentheorie des identischen Kalkuls.

Ebenso ist ersichtlich, dass dieselben unter sich verschieden. Um
es zu beweisen, brauchte man nur ein jedes der Elemente nach den
beiden Argumenten a und b im Sinne des § 19 "entwickelt" darzu-
stellen, wie es die beiden letzten derselben, sowie die viere von a b
bis a1 b1 schon sind. Alsdann würde sich offenbaren, dass keine der
Entwickelungen durchaus dieselben Glieder enthält, wie irgend eine
andere, dass sie lauter verschiedene (additive) Kombinationen von den
vier Konstituenten a b, a b1, a1 b, a1 b1 vorstellen, m. a. W. durch die
Werte 0 oder 1 der Koeffizienten, mit denen diese Konstituenten in
ihnen (in den Entwickelungen) behaftet sind, sich unterscheiden.

Bleibt also nur noch darzuthun, dass mit dem angegebenen System
von Elementen die Gruppe erschöpfend angegeben ist: es bleibt die
"Vollständigkeit der Gruppe" zu beweisen.*)

Dieser Nachweis kann auf zwei Wegen geliefert werden.

Der erste Weg besteht in der Anwendung der Methode, durch
welche sich ein gegebenes System von Bestimmungselementen einer
Gruppe allemal zu dieser Gruppe vervollständigen oder ergänzen lässt.
Bleibt diese Methode bei dem vorliegenden System von (16) Elementen
erfolglos, indem durch sie keine weiteren Elemente demselben hinzu-
gefügt werden, so musste das System schon die vollständige Gruppe
gewesen sein.

Bevor wir von dem zweiten Wege sprechen, wollen wir diese
Methode näher in's Auge fassen.

Gegeben irgend welche Symbole oder Ausdrücke als Bestimmungs-
elemente einer Gruppe. Es handle sich darum, die ganze Gruppe her-
zustellen. Dies lässt sich unfehlbar, wie folgt, bewerkstelligen:

Man füge den gegebnen Bestimmungselementen (durch Kommata
getrennt) zunächst die 0 und 1, sowie die Negationen jener hinzu, so-
fern sie nicht bereits unter denselben sich mitangegeben finden. Hier-
mit wird dieser erste Prozess -- des Negirens -- sich als schon ab-
geschlossen erweisen, indem es nicht nötig fallen wird noch weiter
vom Negiren Anwendung zu machen.

Die Elemente 0 und 1, die wir uns vorangeschrieben denken,

*) Diese Ausdrucksweise ist bequem und verständlich, obzwar sie keine ganz
genaue. Ihrem Begriffe nach ist jede Gruppe eine vollständige. Eine "unvoll-
ständige Gruppe" wäre eine contradictio in adjecto, verdiente den Namen "Gruppe"
nicht, sondern wäre als blosses System von Elementen zu bezeichnen. Durch die
Redensart soll der Nachweis gemeint sein, dass das für eine Gruppe ausgegebene
System die Elemente einer solchen vollständig enthält, sonach den ihm gegebenen
Namen verdiente.
Zur Gruppentheorie des identischen Kalkuls.

Ebenso ist ersichtlich, dass dieselben unter sich verschieden. Um
es zu beweisen, brauchte man nur ein jedes der Elemente nach den
beiden Argumenten a und b im Sinne des § 19 „entwickelt“ darzu-
stellen, wie es die beiden letzten derselben, sowie die viere von a b
bis a1 b1 schon sind. Alsdann würde sich offenbaren, dass keine der
Entwickelungen durchaus dieselben Glieder enthält, wie irgend eine
andere, dass sie lauter verschiedene (additive) Kombinationen von den
vier Konstituenten a b, a b1, a1 b, a1 b1 vorstellen, m. a. W. durch die
Werte 0 oder 1 der Koeffizienten, mit denen diese Konstituenten in
ihnen (in den Entwickelungen) behaftet sind, sich unterscheiden.

Bleibt also nur noch darzuthun, dass mit dem angegebenen System
von Elementen die Gruppe erschöpfend angegeben ist: es bleibt die
„Vollständigkeit der Gruppe“ zu beweisen.*)

Dieser Nachweis kann auf zwei Wegen geliefert werden.

Der erste Weg besteht in der Anwendung der Methode, durch
welche sich ein gegebenes System von Bestimmungselementen einer
Gruppe allemal zu dieser Gruppe vervollständigen oder ergänzen lässt.
Bleibt diese Methode bei dem vorliegenden System von (16) Elementen
erfolglos, indem durch sie keine weiteren Elemente demselben hinzu-
gefügt werden, so musste das System schon die vollständige Gruppe
gewesen sein.

Bevor wir von dem zweiten Wege sprechen, wollen wir diese
Methode näher in's Auge fassen.

Gegeben irgend welche Symbole oder Ausdrücke als Bestimmungs-
elemente einer Gruppe. Es handle sich darum, die ganze Gruppe her-
zustellen. Dies lässt sich unfehlbar, wie folgt, bewerkstelligen:

Man füge den gegebnen Bestimmungselementen (durch Kommata
getrennt) zunächst die 0 und 1, sowie die Negationen jener hinzu, so-
fern sie nicht bereits unter denselben sich mitangegeben finden. Hier-
mit wird dieser erste Prozess — des Negirens — sich als schon ab-
geschlossen erweisen, indem es nicht nötig fallen wird noch weiter
vom Negiren Anwendung zu machen.

Die Elemente 0 und 1, die wir uns vorangeschrieben denken,

*) Diese Ausdrucksweise ist bequem und verständlich, obzwar sie keine ganz
genaue. Ihrem Begriffe nach ist jede Gruppe eine vollständige. Eine „unvoll-
ständige Gruppe“ wäre eine contradictio in adjecto, verdiente den Namen „Gruppe“
nicht, sondern wäre als blosses System von Elementen zu bezeichnen. Durch die
Redensart soll der Nachweis gemeint sein, dass das für eine Gruppe ausgegebene
System die Elemente einer solchen vollständig enthält, sonach den ihm gegebenen
Namen verdiente.
<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <div n="2">
          <pb facs="#f0673" n="653"/>
          <fw place="top" type="header">Zur Gruppentheorie des identischen Kalkuls.</fw><lb/>
          <p>Ebenso ist ersichtlich, dass dieselben unter sich verschieden. Um<lb/>
es zu beweisen, brauchte man nur ein jedes der Elemente nach den<lb/>
beiden Argumenten <hi rendition="#i">a</hi> und <hi rendition="#i">b</hi> im Sinne des § 19 &#x201E;entwickelt&#x201C; darzu-<lb/>
stellen, wie es die beiden letzten derselben, sowie die viere von <hi rendition="#i">a b</hi><lb/>
bis <hi rendition="#i">a</hi><hi rendition="#sub">1</hi> <hi rendition="#i">b</hi><hi rendition="#sub">1</hi> schon sind. Alsdann würde sich offenbaren, dass keine der<lb/>
Entwickelungen durchaus dieselben Glieder enthält, wie irgend eine<lb/>
andere, dass sie lauter verschiedene (additive) Kombinationen von den<lb/>
vier Konstituenten <hi rendition="#i">a b</hi>, <hi rendition="#i">a b</hi><hi rendition="#sub">1</hi>, <hi rendition="#i">a</hi><hi rendition="#sub">1</hi> <hi rendition="#i">b</hi>, <hi rendition="#i">a</hi><hi rendition="#sub">1</hi> <hi rendition="#i">b</hi><hi rendition="#sub">1</hi> vorstellen, m. a. W. durch die<lb/>
Werte 0 oder 1 der Koeffizienten, mit denen diese Konstituenten in<lb/>
ihnen (in den Entwickelungen) behaftet sind, sich unterscheiden.</p><lb/>
          <p>Bleibt also nur noch darzuthun, dass mit dem angegebenen System<lb/>
von Elementen die Gruppe erschöpfend angegeben ist: es bleibt die<lb/>
&#x201E;Vollständigkeit der Gruppe&#x201C; zu beweisen.<note place="foot" n="*)">Diese Ausdrucksweise ist bequem und verständlich, obzwar sie keine ganz<lb/>
genaue. Ihrem Begriffe nach ist jede Gruppe eine vollständige. Eine &#x201E;unvoll-<lb/>
ständige Gruppe&#x201C; wäre eine contradictio in adjecto, verdiente den Namen &#x201E;Gruppe&#x201C;<lb/>
nicht, sondern wäre als blosses System von Elementen zu bezeichnen. Durch die<lb/>
Redensart soll der Nachweis gemeint sein, dass das <hi rendition="#i">für eine Gruppe ausgegebene</hi><lb/>
System die Elemente einer solchen vollständig enthält, sonach den ihm gegebenen<lb/>
Namen verdiente.</note></p><lb/>
          <p>Dieser Nachweis kann auf zwei Wegen geliefert werden.</p><lb/>
          <p>Der erste Weg besteht in der Anwendung der Methode, durch<lb/>
welche sich ein gegebenes System von Bestimmungselementen einer<lb/>
Gruppe allemal zu dieser Gruppe vervollständigen oder ergänzen lässt.<lb/>
Bleibt diese Methode bei dem vorliegenden System von (16) Elementen<lb/>
erfolglos, indem durch sie keine weiteren Elemente demselben hinzu-<lb/>
gefügt werden, so musste das System schon die vollständige Gruppe<lb/>
gewesen sein.</p><lb/>
          <p>Bevor wir von dem zweiten Wege sprechen, wollen wir diese<lb/>
Methode näher in's Auge fassen.</p><lb/>
          <p>Gegeben irgend welche Symbole oder Ausdrücke als Bestimmungs-<lb/>
elemente einer Gruppe. Es handle sich darum, die ganze Gruppe her-<lb/>
zustellen. Dies lässt sich unfehlbar, wie folgt, bewerkstelligen:</p><lb/>
          <p>Man füge den gegebnen Bestimmungselementen (durch Kommata<lb/>
getrennt) zunächst die 0 und 1, sowie die Negationen jener hinzu, so-<lb/>
fern sie nicht bereits unter denselben sich mitangegeben finden. Hier-<lb/>
mit wird dieser erste Prozess &#x2014; des Negirens &#x2014; sich als schon ab-<lb/>
geschlossen erweisen, indem es nicht nötig fallen wird noch weiter<lb/>
vom Negiren Anwendung zu machen.</p><lb/>
          <p>Die Elemente 0 und 1, die wir uns <hi rendition="#i">voran</hi>geschrieben denken,<lb/></p>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[653/0673] Zur Gruppentheorie des identischen Kalkuls. Ebenso ist ersichtlich, dass dieselben unter sich verschieden. Um es zu beweisen, brauchte man nur ein jedes der Elemente nach den beiden Argumenten a und b im Sinne des § 19 „entwickelt“ darzu- stellen, wie es die beiden letzten derselben, sowie die viere von a b bis a1 b1 schon sind. Alsdann würde sich offenbaren, dass keine der Entwickelungen durchaus dieselben Glieder enthält, wie irgend eine andere, dass sie lauter verschiedene (additive) Kombinationen von den vier Konstituenten a b, a b1, a1 b, a1 b1 vorstellen, m. a. W. durch die Werte 0 oder 1 der Koeffizienten, mit denen diese Konstituenten in ihnen (in den Entwickelungen) behaftet sind, sich unterscheiden. Bleibt also nur noch darzuthun, dass mit dem angegebenen System von Elementen die Gruppe erschöpfend angegeben ist: es bleibt die „Vollständigkeit der Gruppe“ zu beweisen. *) Dieser Nachweis kann auf zwei Wegen geliefert werden. Der erste Weg besteht in der Anwendung der Methode, durch welche sich ein gegebenes System von Bestimmungselementen einer Gruppe allemal zu dieser Gruppe vervollständigen oder ergänzen lässt. Bleibt diese Methode bei dem vorliegenden System von (16) Elementen erfolglos, indem durch sie keine weiteren Elemente demselben hinzu- gefügt werden, so musste das System schon die vollständige Gruppe gewesen sein. Bevor wir von dem zweiten Wege sprechen, wollen wir diese Methode näher in's Auge fassen. Gegeben irgend welche Symbole oder Ausdrücke als Bestimmungs- elemente einer Gruppe. Es handle sich darum, die ganze Gruppe her- zustellen. Dies lässt sich unfehlbar, wie folgt, bewerkstelligen: Man füge den gegebnen Bestimmungselementen (durch Kommata getrennt) zunächst die 0 und 1, sowie die Negationen jener hinzu, so- fern sie nicht bereits unter denselben sich mitangegeben finden. Hier- mit wird dieser erste Prozess — des Negirens — sich als schon ab- geschlossen erweisen, indem es nicht nötig fallen wird noch weiter vom Negiren Anwendung zu machen. Die Elemente 0 und 1, die wir uns vorangeschrieben denken, *) Diese Ausdrucksweise ist bequem und verständlich, obzwar sie keine ganz genaue. Ihrem Begriffe nach ist jede Gruppe eine vollständige. Eine „unvoll- ständige Gruppe“ wäre eine contradictio in adjecto, verdiente den Namen „Gruppe“ nicht, sondern wäre als blosses System von Elementen zu bezeichnen. Durch die Redensart soll der Nachweis gemeint sein, dass das für eine Gruppe ausgegebene System die Elemente einer solchen vollständig enthält, sonach den ihm gegebenen Namen verdiente.

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/schroeder_logik01_1890
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/schroeder_logik01_1890/673
Zitationshilfe: Schröder, Ernst: Vorlesungen über die Algebra der Logik. Bd. 1. Leipzig, 1890, S. 653. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/schroeder_logik01_1890/673>, abgerufen am 23.11.2024.