keine Rede sein kann. Wesentlich insbesondere ist die Wechselwirkung, in die beide unter Umständen treten, nämlich vor allem die unter ge- wissen Voraussetzungen eintretende Einwirkung des Dinges auf unsre Empfindung und Vorstellung von demselben, wie sie unabhängig von unserm Willen durch eine Naturnotwendigkeit gegeben erscheint, so- dann eventuell die Einwirkung unsrer Handlungen auf das Ding, oder vielmehr wiederum deren dadurch hervorgerufene Rückwirkung auf uns selber.
Die Eindeutigkeit solchen Entsprechens kann übrigens schon in Zweifel gezogen werden; ihr Ausdruck ist eventuell zu modifiziren -- in Anbetracht der Möglichkeit, dass gleichwie ein geschliffener Krystall mit seinen ver- schiedenen Facetten das Bild eines leuchtenden Punktes als ein mehrfaches zurückwirft, auch unser Geist in der Lage sein könnte (falls ein Sinnes- organ dem "Facettenauge" vergleichbar), ein Ding an sich stets nur als eine Mehrheit von Dingen wahrzunehmen. Auch umgekehrt ist denkbar, dass wir Dinge a, b und c isolirt nicht zu erkennen vermögen, dass uns wohl aber a, wenn in Verbindung mit b, als ein Ding und ebenso a mit c als ein ander Ding in die Erscheinung tritt, ohne dass wir doch von dem gemeinsamen Element a der beiden eine Ahnung bekommen, und anderes mehr.
e1) Aus diesem gesetzmässigen Entsprechen, der erwähnten natur- notwendigen Wechselwirkung zwischen Ding und Vorstellung schöpfen wir nun die Berechtigung, doch in einem gewissen Sinne von den Dingen selbst zu reden, und nicht blos von unsern Vorstellungen über dieselben, trotzdem jene "an sich" sich unsrer Erkenntniss beharrlich verschliessen, und nur diese in unser Bewusstsein einzutreten vermögen.
Unstreitig wollen und beanspruchen wir, solches zu thun. Wenn wir z. B. sagen (vergl. Mill1): "Die Sonne (genauer: der Stand der Sonne über dem Horizont) ist die Ursache des Tages", so soll damit nicht etwa blos ausgedrückt werden, dass die Vorstellung (oder "Idee") von der Sonne die Ursache (oder Idee von der Ursache?) sei von unsrer Vorstellung des Tages; es soll nicht blos eine Beschreibung des sub- jektiven Zustands unsrer Vorstellungen damit gegeben werden, der als solcher ja ebenso gut in unsrer Laune oder Willkür blos begründet sein könnte -- sondern es soll mit solchem Ausspruch darauf hinge- wiesen sein, dass in dem den erwähnten Erscheinungen (der Sonne und des Tages) zugrunde liegenden (unbekannten) Wirklichen etwas liegt, was kraft naturgesetzlicher Notwendigkeit uns zwingt, einen ur- sächlichen Zusammenhang zwischen beiden anzunehmen.
Im Hinblick, unter steter und als selbstverständlich geltender Be- zugnahme auf jenen Zwang des Entsprechens und unter dem (aller- dings nur zu oft ausser Acht gelassenen) "metaphysischen Vorbehalt"
Einleitung.
keine Rede sein kann. Wesentlich insbesondere ist die Wechselwirkung, in die beide unter Umständen treten, nämlich vor allem die unter ge- wissen Voraussetzungen eintretende Einwirkung des Dinges auf unsre Empfindung und Vorstellung von demselben, wie sie unabhängig von unserm Willen durch eine Naturnotwendigkeit gegeben erscheint, so- dann eventuell die Einwirkung unsrer Handlungen auf das Ding, oder vielmehr wiederum deren dadurch hervorgerufene Rückwirkung auf uns selber.
Die Eindeutigkeit solchen Entsprechens kann übrigens schon in Zweifel gezogen werden; ihr Ausdruck ist eventuell zu modifiziren — in Anbetracht der Möglichkeit, dass gleichwie ein geschliffener Krystall mit seinen ver- schiedenen Facetten das Bild eines leuchtenden Punktes als ein mehrfaches zurückwirft, auch unser Geist in der Lage sein könnte (falls ein Sinnes- organ dem „Facettenauge“ vergleichbar), ein Ding an sich stets nur als eine Mehrheit von Dingen wahrzunehmen. Auch umgekehrt ist denkbar, dass wir Dinge a, b und c isolirt nicht zu erkennen vermögen, dass uns wohl aber a, wenn in Verbindung mit b, als ein Ding und ebenso a mit c als ein ander Ding in die Erscheinung tritt, ohne dass wir doch von dem gemeinsamen Element a der beiden eine Ahnung bekommen, und anderes mehr.
ε1) Aus diesem gesetzmässigen Entsprechen, der erwähnten natur- notwendigen Wechselwirkung zwischen Ding und Vorstellung schöpfen wir nun die Berechtigung, doch in einem gewissen Sinne von den Dingen selbst zu reden, und nicht blos von unsern Vorstellungen über dieselben, trotzdem jene „an sich“ sich unsrer Erkenntniss beharrlich verschliessen, und nur diese in unser Bewusstsein einzutreten vermögen.
Unstreitig wollen und beanspruchen wir, solches zu thun. Wenn wir z. B. sagen (vergl. Mill1): „Die Sonne (genauer: der Stand der Sonne über dem Horizont) ist die Ursache des Tages“, so soll damit nicht etwa blos ausgedrückt werden, dass die Vorstellung (oder „Idee“) von der Sonne die Ursache (oder Idee von der Ursache?) sei von unsrer Vorstellung des Tages; es soll nicht blos eine Beschreibung des sub- jektiven Zustands unsrer Vorstellungen damit gegeben werden, der als solcher ja ebenso gut in unsrer Laune oder Willkür blos begründet sein könnte — sondern es soll mit solchem Ausspruch darauf hinge- wiesen sein, dass in dem den erwähnten Erscheinungen (der Sonne und des Tages) zugrunde liegenden (unbekannten) Wirklichen etwas liegt, was kraft naturgesetzlicher Notwendigkeit uns zwingt, einen ur- sächlichen Zusammenhang zwischen beiden anzunehmen.
Im Hinblick, unter steter und als selbstverständlich geltender Be- zugnahme auf jenen Zwang des Entsprechens und unter dem (aller- dings nur zu oft ausser Acht gelassenen) „metaphysischen Vorbehalt“
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Einleitung.
keine Rede sein kann. Wesentlich insbesondere ist die Wechselwirkung,
in die beide unter Umständen treten, nämlich vor allem die unter ge-
wissen Voraussetzungen eintretende Einwirkung des Dinges auf unsre
Empfindung und Vorstellung von demselben, wie sie unabhängig von
unserm Willen durch eine Naturnotwendigkeit gegeben erscheint, so-
dann eventuell die Einwirkung unsrer Handlungen auf das Ding, oder
vielmehr wiederum deren dadurch hervorgerufene Rückwirkung auf
uns selber.
Die Eindeutigkeit solchen Entsprechens kann übrigens schon in Zweifel
gezogen werden; ihr Ausdruck ist eventuell zu modifiziren — in Anbetracht
der Möglichkeit, dass gleichwie ein geschliffener Krystall mit seinen ver-
schiedenen Facetten das Bild eines leuchtenden Punktes als ein mehrfaches
zurückwirft, auch unser Geist in der Lage sein könnte (falls ein Sinnes-
organ dem „Facettenauge“ vergleichbar), ein Ding an sich stets nur als
eine Mehrheit von Dingen wahrzunehmen. Auch umgekehrt ist denkbar,
dass wir Dinge a, b und c isolirt nicht zu erkennen vermögen, dass uns
wohl aber a, wenn in Verbindung mit b, als ein Ding und ebenso a mit c
als ein ander Ding in die Erscheinung tritt, ohne dass wir doch von dem
gemeinsamen Element a der beiden eine Ahnung bekommen, und anderes mehr.
ε1) Aus diesem gesetzmässigen Entsprechen, der erwähnten natur-
notwendigen Wechselwirkung zwischen Ding und Vorstellung schöpfen
wir nun die Berechtigung, doch in einem gewissen Sinne von den Dingen
selbst zu reden, und nicht blos von unsern Vorstellungen über dieselben,
trotzdem jene „an sich“ sich unsrer Erkenntniss beharrlich verschliessen,
und nur diese in unser Bewusstsein einzutreten vermögen.
Unstreitig wollen und beanspruchen wir, solches zu thun. Wenn
wir z. B. sagen (vergl. Mill1): „Die Sonne (genauer: der Stand der
Sonne über dem Horizont) ist die Ursache des Tages“, so soll damit
nicht etwa blos ausgedrückt werden, dass die Vorstellung (oder „Idee“)
von der Sonne die Ursache (oder Idee von der Ursache?) sei von unsrer
Vorstellung des Tages; es soll nicht blos eine Beschreibung des sub-
jektiven Zustands unsrer Vorstellungen damit gegeben werden, der als
solcher ja ebenso gut in unsrer Laune oder Willkür blos begründet
sein könnte — sondern es soll mit solchem Ausspruch darauf hinge-
wiesen sein, dass in dem den erwähnten Erscheinungen (der Sonne
und des Tages) zugrunde liegenden (unbekannten) Wirklichen etwas
liegt, was kraft naturgesetzlicher Notwendigkeit uns zwingt, einen ur-
sächlichen Zusammenhang zwischen beiden anzunehmen.
Im Hinblick, unter steter und als selbstverständlich geltender Be-
zugnahme auf jenen Zwang des Entsprechens und unter dem (aller-
dings nur zu oft ausser Acht gelassenen) „metaphysischen Vorbehalt“
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Schröder, Ernst: Vorlesungen über die Algebra der Logik. Bd. 1. Leipzig, 1890, S. 32. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/schroeder_logik01_1890/52>, abgerufen am 22.11.2024.
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