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Schröder, Ernst: Vorlesungen über die Algebra der Logik. Bd. 1. Leipzig, 1890.

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Einleitung.

In ihrem ganzen Umfange kann diese Aufgabe begreiflicherweise nicht
sofort gelöst werden. Aus dem allgemeinen Hintergrunde derselben hebt
sich zunächst ein elementarer Teil hervor, für welchen die Aufgabe nicht
nur als lösbar, sondern bereits als definitiv und nahezu vollständig gelöst
erscheinen wird (ich meine die im Englischen als "logic of absolute terms"
bezeichnete Disziplin). An ihn reiht sich ein höherer Teil (die "logic of
relatives"), dessen Behandlung sich mehr noch in den Anfangsstadien ihrer
Entwickelung befindet.

Was namentlich den zu allerletzt charakterisirten Teil der Aufgabe be-
trifft, so muss die künftige Entwickelung der logischen Disziplin erst vollends
herausstellen, inwieweit er überhaupt durch allgemeine Methoden lösbar ist,
und wann etwa zu seiner Lösung die Spezial wissenschaften einzutreten haben.

Wir könnten uns hienach mit dem bisher Gesagten begnügen, und
mit dem Beginn der "ersten Vorlesung" sogleich in medias res eintreten.

n) Um indessen dem ersten unsrer Motti (in welchem ich eine
hohe Weisheit erblicke) thunlichst gerecht zu werden, will ich mir
doch gestatten, etwas weiter auszuholen, und versuchen, dem Ursprung
des logischen Denkens auch noch von einer andern Seite beizukommen,
denselben noch eingehender darzulegen, die angedeuteten Rätsel und
Probleme wenigstens streifend.

Ich thue dies nicht ohne Widerstreben, hervorgerufen durch das Be-
wusstsein subjektiver Fehlbarkeit, sowie der bei der unerschöpflichen Viel-
seitigkeit des Themas höchst wahrscheinlichen Einseitigkeit der Betrachtungen.
Ausdrücklich möchte ich mit diesen einleitenden Überlegungen ebenso an-
spruchslos auftreten, als ich zuversichtlich der alsdann entwickelten Theorie
einen hohen Grad von Vollkommenheit in sachlicher Hinsicht zuspreche, und be-
merke ich zum voraus, dass auch solche Leser, die mir bei jenen nicht überall
zustimmend zu folgen vermöchten, sich mittelst Überschlagung von etlichen
Seiten darüber hinwegsetzen mögen und die Korrektheit sowol als Wirksamkeit
der alsdann folgenden Ausführungen gleichwol nicht werden bestreiten können.

Im Anschluss an gedachte Überlegungen werde ich zudem schliesslich
Gelegenheit und Veranlassung finden, mich über die Eigenart der hier be-
vorzugten Darstellungsweise der logischen Theorie, und des Buches insbe-
sondere, noch näher auszulassen, dieselbe in gewissem Sinne zu rechtfertigen.


x) Der Mensch ist sich seines Daseins unmittelbar bewusst, und
schreibt sich einen Geist zu. Die Existenz des eignen Ich's in der
Form der Zeit ist wol (für dieses selbst) die unzweifelhafteste, die un-
bestreitbarste und auch unbestrittenste von allen Thatsachen.

Von dieser der allersichersten Thatsache sind vorsichtige Philosophen
jederzeit ausgegangen und werden solche es auch in Zukunft voraussicht-
lich thun müssen.

Mit dem Bewusstsein aber ist uns ein Mannigfaltiges gegeben.
Eine ganze Welt von Empfindungen, Erinnerungen, Vorstellungen und

Einleitung.

In ihrem ganzen Umfange kann diese Aufgabe begreiflicherweise nicht
sofort gelöst werden. Aus dem allgemeinen Hintergrunde derselben hebt
sich zunächst ein elementarer Teil hervor, für welchen die Aufgabe nicht
nur als lösbar, sondern bereits als definitiv und nahezu vollständig gelöst
erscheinen wird (ich meine die im Englischen als „logic of absolute terms“
bezeichnete Disziplin). An ihn reiht sich ein höherer Teil (die „logic of
relatives“), dessen Behandlung sich mehr noch in den Anfangsstadien ihrer
Entwickelung befindet.

Was namentlich den zu allerletzt charakterisirten Teil der Aufgabe be-
trifft, so muss die künftige Entwickelung der logischen Disziplin erst vollends
herausstellen, inwieweit er überhaupt durch allgemeine Methoden lösbar ist,
und wann etwa zu seiner Lösung die Spezial wissenschaften einzutreten haben.

Wir könnten uns hienach mit dem bisher Gesagten begnügen, und
mit dem Beginn der „ersten Vorlesung“ sogleich in medias res eintreten.

ν) Um indessen dem ersten unsrer Motti (in welchem ich eine
hohe Weisheit erblicke) thunlichst gerecht zu werden, will ich mir
doch gestatten, etwas weiter auszuholen, und versuchen, dem Ursprung
des logischen Denkens auch noch von einer andern Seite beizukommen,
denselben noch eingehender darzulegen, die angedeuteten Rätsel und
Probleme wenigstens streifend.

Ich thue dies nicht ohne Widerstreben, hervorgerufen durch das Be-
wusstsein subjektiver Fehlbarkeit, sowie der bei der unerschöpflichen Viel-
seitigkeit des Themas höchst wahrscheinlichen Einseitigkeit der Betrachtungen.
Ausdrücklich möchte ich mit diesen einleitenden Überlegungen ebenso an-
spruchslos auftreten, als ich zuversichtlich der alsdann entwickelten Theorie
einen hohen Grad von Vollkommenheit in sachlicher Hinsicht zuspreche, und be-
merke ich zum voraus, dass auch solche Leser, die mir bei jenen nicht überall
zustimmend zu folgen vermöchten, sich mittelst Überschlagung von etlichen
Seiten darüber hinwegsetzen mögen und die Korrektheit sowol als Wirksamkeit
der alsdann folgenden Ausführungen gleichwol nicht werden bestreiten können.

Im Anschluss an gedachte Überlegungen werde ich zudem schliesslich
Gelegenheit und Veranlassung finden, mich über die Eigenart der hier be-
vorzugten Darstellungsweise der logischen Theorie, und des Buches insbe-
sondere, noch näher auszulassen, dieselbe in gewissem Sinne zu rechtfertigen.


ξ) Der Mensch ist sich seines Daseins unmittelbar bewusst, und
schreibt sich einen Geist zu. Die Existenz des eignen Ich's in der
Form der Zeit ist wol (für dieses selbst) die unzweifelhafteste, die un-
bestreitbarste und auch unbestrittenste von allen Thatsachen.

Von dieser der allersichersten Thatsache sind vorsichtige Philosophen
jederzeit ausgegangen und werden solche es auch in Zukunft voraussicht-
lich thun müssen.

Mit dem Bewusstsein aber ist uns ein Mannigfaltiges gegeben.
Eine ganze Welt von Empfindungen, Erinnerungen, Vorstellungen und

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[18/0038] Einleitung. In ihrem ganzen Umfange kann diese Aufgabe begreiflicherweise nicht sofort gelöst werden. Aus dem allgemeinen Hintergrunde derselben hebt sich zunächst ein elementarer Teil hervor, für welchen die Aufgabe nicht nur als lösbar, sondern bereits als definitiv und nahezu vollständig gelöst erscheinen wird (ich meine die im Englischen als „logic of absolute terms“ bezeichnete Disziplin). An ihn reiht sich ein höherer Teil (die „logic of relatives“), dessen Behandlung sich mehr noch in den Anfangsstadien ihrer Entwickelung befindet. Was namentlich den zu allerletzt charakterisirten Teil der Aufgabe be- trifft, so muss die künftige Entwickelung der logischen Disziplin erst vollends herausstellen, inwieweit er überhaupt durch allgemeine Methoden lösbar ist, und wann etwa zu seiner Lösung die Spezial wissenschaften einzutreten haben. Wir könnten uns hienach mit dem bisher Gesagten begnügen, und mit dem Beginn der „ersten Vorlesung“ sogleich in medias res eintreten. ν) Um indessen dem ersten unsrer Motti (in welchem ich eine hohe Weisheit erblicke) thunlichst gerecht zu werden, will ich mir doch gestatten, etwas weiter auszuholen, und versuchen, dem Ursprung des logischen Denkens auch noch von einer andern Seite beizukommen, denselben noch eingehender darzulegen, die angedeuteten Rätsel und Probleme wenigstens streifend. Ich thue dies nicht ohne Widerstreben, hervorgerufen durch das Be- wusstsein subjektiver Fehlbarkeit, sowie der bei der unerschöpflichen Viel- seitigkeit des Themas höchst wahrscheinlichen Einseitigkeit der Betrachtungen. Ausdrücklich möchte ich mit diesen einleitenden Überlegungen ebenso an- spruchslos auftreten, als ich zuversichtlich der alsdann entwickelten Theorie einen hohen Grad von Vollkommenheit in sachlicher Hinsicht zuspreche, und be- merke ich zum voraus, dass auch solche Leser, die mir bei jenen nicht überall zustimmend zu folgen vermöchten, sich mittelst Überschlagung von etlichen Seiten darüber hinwegsetzen mögen und die Korrektheit sowol als Wirksamkeit der alsdann folgenden Ausführungen gleichwol nicht werden bestreiten können. Im Anschluss an gedachte Überlegungen werde ich zudem schliesslich Gelegenheit und Veranlassung finden, mich über die Eigenart der hier be- vorzugten Darstellungsweise der logischen Theorie, und des Buches insbe- sondere, noch näher auszulassen, dieselbe in gewissem Sinne zu rechtfertigen. ξ) Der Mensch ist sich seines Daseins unmittelbar bewusst, und schreibt sich einen Geist zu. Die Existenz des eignen Ich's in der Form der Zeit ist wol (für dieses selbst) die unzweifelhafteste, die un- bestreitbarste und auch unbestrittenste von allen Thatsachen. Von dieser der allersichersten Thatsache sind vorsichtige Philosophen jederzeit ausgegangen und werden solche es auch in Zukunft voraussicht- lich thun müssen. Mit dem Bewusstsein aber ist uns ein Mannigfaltiges gegeben. Eine ganze Welt von Empfindungen, Erinnerungen, Vorstellungen und

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Zitationshilfe: Schröder, Ernst: Vorlesungen über die Algebra der Logik. Bd. 1. Leipzig, 1890, S. 18. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/schroeder_logik01_1890/38>, abgerufen am 23.11.2024.