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Schröder, Ernst: Vorlesungen über die Algebra der Logik. Bd. 1. Leipzig, 1890.

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§ 4. Definition von 0 und 1. Folgesätze.
zählen wir jedenfalls hinfort mit zu den "Gebieten" unsrer Mannig-
faltigkeit. Eventuell, möglicherweise, werden es "uneigentliche" Ge-
biete sein, d. h. sie bleiben leere Namen, wenn unter den bisher als
solche angesehenen wirklichen oder "eigentlichen" Gebieten, die mit
der Mannigfaltigkeit zugleich uns virtuell, fakultativ gegeben erschei-
nen, sie sich nicht nachweisen lassen sollten -- eine Frage, auf die
wir im System uns erst an einer späteren Stelle einlassen wollen.

Auch die Beweggründe, welche uns zur Einführung ebendieser
Symbole bestimmen, das Willkürliche, welches in ihrer Definition zu
liegen scheint, erklärend rechtfertigen, können wir erst unter Def. (3)
in § 5 auseinandersetzen.

Lediglich aus didaktischen Gründen -- damit der Leser, falls er nicht
will, niemals den Leitfaden der Anschauung zu verlassen braucht -- sei
indess die Bedeutung welche den Symbolen 0 und 1 zukommen wird, vor-
greifend schon hier kurz angegeben: Die 0 wird uns ein leeres Gebiet vor-
stellen, welches keinen Punkt der Mannigfaltigkeit enthält, und wenn von
Klassen die Rede ist, dem Begriffe des "Nichts" entspricht. Die 1 dagegen
wird die ganze Mannigfaltigkeit vorstellen, hier, im bevorzugten Falle, also
die ganze Fläche der Schultafel. Und falls a, b, c, ... uns Klassen vor-
stellen, wird 1 die umfassendste Klasse bedeuten, welche alle die Klassen
und Individuen, von denen in der Untersuchung die Rede ist, in sich ver-
einigt. Vergleiche § 7.

Es wird sich zeigen, dass die hier vollzogene Aufnahme, Einver-
leibung, Adjungirung der identischen Null unter die Gebiete (der leeren
Klasse unter die Klassen, des Begriffs des "Nichts" unter die Begriffe)
unsrer ganzen Disziplin ihren eigenartigen Charakter aufprägt. Die
Tragweite dieser unscheinbaren Übereinkunft (2x) ist kaum mit Ge-
ringerem zu vergleichen, als mit den Wirkungen der Einführung der
arithmetischen Null, der Aufnahme dieser unter die Ziffern und Zahlen.
Letztere war eine That, in Bezug auf die mich Herrn Hermann
Schubert
's interessante Studie "Zählen und Zahl" (Hamburg 1887,
36 Seiten) belehrt (pag. 34), dass sie ungeachtet ihres heute allgemein
anerkannten Wertes seinerzeit hartnäckige und heftige Opposition her-
vorgerufen.

Zusatz 1 zu Def. (2). Es kann nicht mehr als ein Gebiet von
der in Def. (2x) resp. (2+) geforderten Eigenschaft geben.

Denn gäbe es ausser 0 resp. 1 auch noch ein zweites Gebiet 0'
resp. 1' von jener gedachten Eigenschaft, dass nämlich

0' aa 1'
allgemein sein müsste, so hätten wir auch
0 0' nebst 0' 01' 1 nebst 1 1'

§ 4. Definition von 0 und 1. Folgesätze.
zählen wir jedenfalls hinfort mit zu den „Gebieten“ unsrer Mannig-
faltigkeit. Eventuell, möglicherweise, werden es „uneigentliche“ Ge-
biete sein, d. h. sie bleiben leere Namen, wenn unter den bisher als
solche angesehenen wirklichen oder „eigentlichen“ Gebieten, die mit
der Mannigfaltigkeit zugleich uns virtuell, fakultativ gegeben erschei-
nen, sie sich nicht nachweisen lassen sollten — eine Frage, auf die
wir im System uns erst an einer späteren Stelle einlassen wollen.

Auch die Beweggründe, welche uns zur Einführung ebendieser
Symbole bestimmen, das Willkürliche, welches in ihrer Definition zu
liegen scheint, erklärend rechtfertigen, können wir erst unter Def. (3)
in § 5 auseinandersetzen.

Lediglich aus didaktischen Gründen — damit der Leser, falls er nicht
will, niemals den Leitfaden der Anschauung zu verlassen braucht — sei
indess die Bedeutung welche den Symbolen 0 und 1 zukommen wird, vor-
greifend schon hier kurz angegeben: Die 0 wird uns ein leeres Gebiet vor-
stellen, welches keinen Punkt der Mannigfaltigkeit enthält, und wenn von
Klassen die Rede ist, dem Begriffe des „Nichts“ entspricht. Die 1 dagegen
wird die ganze Mannigfaltigkeit vorstellen, hier, im bevorzugten Falle, also
die ganze Fläche der Schultafel. Und falls a, b, c, … uns Klassen vor-
stellen, wird 1 die umfassendste Klasse bedeuten, welche alle die Klassen
und Individuen, von denen in der Untersuchung die Rede ist, in sich ver-
einigt. Vergleiche § 7.

Es wird sich zeigen, dass die hier vollzogene Aufnahme, Einver-
leibung, Adjungirung der identischen Null unter die Gebiete (der leeren
Klasse unter die Klassen, des Begriffs des „Nichts“ unter die Begriffe)
unsrer ganzen Disziplin ihren eigenartigen Charakter aufprägt. Die
Tragweite dieser unscheinbaren Übereinkunft (2×) ist kaum mit Ge-
ringerem zu vergleichen, als mit den Wirkungen der Einführung der
arithmetischen Null, der Aufnahme dieser unter die Ziffern und Zahlen.
Letztere war eine That, in Bezug auf die mich Herrn Hermann
Schubert
's interessante Studie „Zählen und Zahl“ (Hamburg 1887,
36 Seiten) belehrt (pag. 34), dass sie ungeachtet ihres heute allgemein
anerkannten Wertes seinerzeit hartnäckige und heftige Opposition her-
vorgerufen.

Zusatz 1 zu Def. (2). Es kann nicht mehr als ein Gebiet von
der in Def. (2×) resp. (2+) geforderten Eigenschaft geben.

Denn gäbe es ausser 0 resp. 1 auch noch ein zweites Gebiet 0'
resp. 1' von jener gedachten Eigenschaft, dass nämlich

0' ⋹ aa ⋹ 1'
allgemein sein müsste, so hätten wir auch
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[189/0209] § 4. Definition von 0 und 1. Folgesätze. zählen wir jedenfalls hinfort mit zu den „Gebieten“ unsrer Mannig- faltigkeit. Eventuell, möglicherweise, werden es „uneigentliche“ Ge- biete sein, d. h. sie bleiben leere Namen, wenn unter den bisher als solche angesehenen wirklichen oder „eigentlichen“ Gebieten, die mit der Mannigfaltigkeit zugleich uns virtuell, fakultativ gegeben erschei- nen, sie sich nicht nachweisen lassen sollten — eine Frage, auf die wir im System uns erst an einer späteren Stelle einlassen wollen. Auch die Beweggründe, welche uns zur Einführung ebendieser Symbole bestimmen, das Willkürliche, welches in ihrer Definition zu liegen scheint, erklärend rechtfertigen, können wir erst unter Def. (3) in § 5 auseinandersetzen. Lediglich aus didaktischen Gründen — damit der Leser, falls er nicht will, niemals den Leitfaden der Anschauung zu verlassen braucht — sei indess die Bedeutung welche den Symbolen 0 und 1 zukommen wird, vor- greifend schon hier kurz angegeben: Die 0 wird uns ein leeres Gebiet vor- stellen, welches keinen Punkt der Mannigfaltigkeit enthält, und wenn von Klassen die Rede ist, dem Begriffe des „Nichts“ entspricht. Die 1 dagegen wird die ganze Mannigfaltigkeit vorstellen, hier, im bevorzugten Falle, also die ganze Fläche der Schultafel. Und falls a, b, c, … uns Klassen vor- stellen, wird 1 die umfassendste Klasse bedeuten, welche alle die Klassen und Individuen, von denen in der Untersuchung die Rede ist, in sich ver- einigt. Vergleiche § 7. Es wird sich zeigen, dass die hier vollzogene Aufnahme, Einver- leibung, Adjungirung der identischen Null unter die Gebiete (der leeren Klasse unter die Klassen, des Begriffs des „Nichts“ unter die Begriffe) unsrer ganzen Disziplin ihren eigenartigen Charakter aufprägt. Die Tragweite dieser unscheinbaren Übereinkunft (2×) ist kaum mit Ge- ringerem zu vergleichen, als mit den Wirkungen der Einführung der arithmetischen Null, der Aufnahme dieser unter die Ziffern und Zahlen. Letztere war eine That, in Bezug auf die mich Herrn Hermann Schubert's interessante Studie „Zählen und Zahl“ (Hamburg 1887, 36 Seiten) belehrt (pag. 34), dass sie ungeachtet ihres heute allgemein anerkannten Wertes seinerzeit hartnäckige und heftige Opposition her- vorgerufen. Zusatz 1 zu Def. (2). Es kann nicht mehr als ein Gebiet von der in Def. (2×) resp. (2+) geforderten Eigenschaft geben. Denn gäbe es ausser 0 resp. 1 auch noch ein zweites Gebiet 0' resp. 1' von jener gedachten Eigenschaft, dass nämlich 0' ⋹ a a ⋹ 1' allgemein sein müsste, so hätten wir auch 0 ⋹ 0' nebst 0' ⋹ 0 1' ⋹ 1 nebst 1 ⋹ 1'

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Zitationshilfe: Schröder, Ernst: Vorlesungen über die Algebra der Logik. Bd. 1. Leipzig, 1890, S. 189. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/schroeder_logik01_1890/209>, abgerufen am 23.11.2024.