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Schreyvogel, Joseph: Samuel Brinks letzte Liebesgeschichte. In: Deutscher Novellenschatz. Hrsg. von Paul Heyse und Hermann Kurz. Bd. 10. 2. Aufl. Berlin, [1910], S. 1–94. In: Weitin, Thomas (Hrsg.): Volldigitalisiertes Korpus. Der Deutsche Novellenschatz. Darmstadt/Konstanz, 2016.

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kind gesehen? fragte ich. -- Hier auf der Straße, Freund! schon zweimal; aber sie ist mir immer so schnell entwischt, daß ich nicht entdecken konnte, in welchem Stockwerke sie wohnt. -- Ich kenne das Mädchen, Baron, sagte ich trocken; und, um es kurz zu machen, der Grillenfänger, dem sie Gesellschaft leisten soll, bin ich. Verlangen Sie sonst noch etwas, mein Herr? -- Liebster Freund! rief der Geck mit erzwungenem Lachen, ich bitte tausendmal um Vergebung! Das war dumm, ich gesteh' es, aber auch drollig; wie? Ha, ha, ha! -- Ich ließ ihn mit einem verächtlichen Blicke stehen und ging rasch die Treppe hinauf.

Das Erste, was ich beim Eintritte in meine Wohnung hörte, war, daß Herr von Ebert, derselbe, welcher mir den Possen mit Gretchens Schuhen gespielt hatte, sich zum Mittagessen habe anmelden lassen. -- Sind denn heute alle Narren und Pflastertreter in Bewegung, rief ich zornig, um mich aus den Thoren zu treiben? Geh sogleich hin, Paul, und sage Herrn von Ebert, daß ich heute unmöglich die Ehre haben könne, ihn zu bewirthen. -- Wenn er aber nicht zu finden ist und geraden Weges herkommt? -- So -- verwünscht! -- so -- bestelle Pferde, Paul, Pferde! Wir gehen aufs Land, Alter! -- Juchhe! So ist's recht! rief Paul. Gleich will ich Ihre Aufträge besorgen, die Pferde zuerst. Sehen Sie indeß, Herr, wie Sie das liebe Mädchen trösten können, das in ihrem Kämmerchen sitzt und weint. -- Sie weint, Paul? Was hat man

kind gesehen? fragte ich. — Hier auf der Straße, Freund! schon zweimal; aber sie ist mir immer so schnell entwischt, daß ich nicht entdecken konnte, in welchem Stockwerke sie wohnt. — Ich kenne das Mädchen, Baron, sagte ich trocken; und, um es kurz zu machen, der Grillenfänger, dem sie Gesellschaft leisten soll, bin ich. Verlangen Sie sonst noch etwas, mein Herr? — Liebster Freund! rief der Geck mit erzwungenem Lachen, ich bitte tausendmal um Vergebung! Das war dumm, ich gesteh' es, aber auch drollig; wie? Ha, ha, ha! — Ich ließ ihn mit einem verächtlichen Blicke stehen und ging rasch die Treppe hinauf.

Das Erste, was ich beim Eintritte in meine Wohnung hörte, war, daß Herr von Ebert, derselbe, welcher mir den Possen mit Gretchens Schuhen gespielt hatte, sich zum Mittagessen habe anmelden lassen. — Sind denn heute alle Narren und Pflastertreter in Bewegung, rief ich zornig, um mich aus den Thoren zu treiben? Geh sogleich hin, Paul, und sage Herrn von Ebert, daß ich heute unmöglich die Ehre haben könne, ihn zu bewirthen. — Wenn er aber nicht zu finden ist und geraden Weges herkommt? — So — verwünscht! — so — bestelle Pferde, Paul, Pferde! Wir gehen aufs Land, Alter! — Juchhe! So ist's recht! rief Paul. Gleich will ich Ihre Aufträge besorgen, die Pferde zuerst. Sehen Sie indeß, Herr, wie Sie das liebe Mädchen trösten können, das in ihrem Kämmerchen sitzt und weint. — Sie weint, Paul? Was hat man

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[0051] kind gesehen? fragte ich. — Hier auf der Straße, Freund! schon zweimal; aber sie ist mir immer so schnell entwischt, daß ich nicht entdecken konnte, in welchem Stockwerke sie wohnt. — Ich kenne das Mädchen, Baron, sagte ich trocken; und, um es kurz zu machen, der Grillenfänger, dem sie Gesellschaft leisten soll, bin ich. Verlangen Sie sonst noch etwas, mein Herr? — Liebster Freund! rief der Geck mit erzwungenem Lachen, ich bitte tausendmal um Vergebung! Das war dumm, ich gesteh' es, aber auch drollig; wie? Ha, ha, ha! — Ich ließ ihn mit einem verächtlichen Blicke stehen und ging rasch die Treppe hinauf. Das Erste, was ich beim Eintritte in meine Wohnung hörte, war, daß Herr von Ebert, derselbe, welcher mir den Possen mit Gretchens Schuhen gespielt hatte, sich zum Mittagessen habe anmelden lassen. — Sind denn heute alle Narren und Pflastertreter in Bewegung, rief ich zornig, um mich aus den Thoren zu treiben? Geh sogleich hin, Paul, und sage Herrn von Ebert, daß ich heute unmöglich die Ehre haben könne, ihn zu bewirthen. — Wenn er aber nicht zu finden ist und geraden Weges herkommt? — So — verwünscht! — so — bestelle Pferde, Paul, Pferde! Wir gehen aufs Land, Alter! — Juchhe! So ist's recht! rief Paul. Gleich will ich Ihre Aufträge besorgen, die Pferde zuerst. Sehen Sie indeß, Herr, wie Sie das liebe Mädchen trösten können, das in ihrem Kämmerchen sitzt und weint. — Sie weint, Paul? Was hat man

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Digital Humanities Cooperation Konstanz/Darmstadt: Bereitstellung der Texttranskription. (2017-03-16T11:30:04Z) Bitte beachten Sie, dass die aktuelle Transkription (und Textauszeichnung) mittlerweile nicht mehr dem Stand zum Zeitpunkt der Übernahme des Werkes in das DTA entsprechen muss.
Jan Merkt, Thomas Gilli, Jasmin Bieber, Katharina Herget, Anni Peter, Christian Thomas, Benjamin Fiechter: Bearbeitung der digitalen Edition. (2017-03-16T11:30:04Z)

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Zitationshilfe: Schreyvogel, Joseph: Samuel Brinks letzte Liebesgeschichte. In: Deutscher Novellenschatz. Hrsg. von Paul Heyse und Hermann Kurz. Bd. 10. 2. Aufl. Berlin, [1910], S. 1–94. In: Weitin, Thomas (Hrsg.): Volldigitalisiertes Korpus. Der Deutsche Novellenschatz. Darmstadt/Konstanz, 2016, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/schreyvogel_liebesgeschichte_1910/51>, abgerufen am 04.05.2024.