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Schreyvogel, Joseph: Samuel Brinks letzte Liebesgeschichte. In: Deutscher Novellenschatz. Hrsg. von Paul Heyse und Hermann Kurz. Bd. 10. 2. Aufl. Berlin, [1910], S. 1–94. In: Weitin, Thomas (Hrsg.): Volldigitalisiertes Korpus. Der Deutsche Novellenschatz. Darmstadt/Konstanz, 2016.

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ohne Stütze. Fassen Sie Muth, liebes Kind! Sie sind nicht so hülflos und abhängig in der Welt, als Sie sich vorstellen.

Dieser Gedanke schien besonders wohlthätig aus Gretchens Gemüthsstimmung zu wirken. Die letzte Spur von Trübsinn war aus ihren Gesichtszügen verschwunden. Sie blätterte unter meinen Musikalien herum und legte Einiges davon bei Seite. Wenn ich es erlaube, sagte sie, wolle sie Abends noch ein paar Stücke durchspielen. Darauf machte sie mir ihren anmuthigsten Knix und hüpfte zur Thüre hinaus.

Charmantes Mädchen! murmelte Paul, und ich mußte mir Gewalt anthun, um es nicht laut zu wiederholen. -- Wissen Sie, Herr, fuhr er, sich vertraulich zu mir wendend, fort, was ich ausgedacht habe? -- Nun? -- Ich habe den Frauenschneider aus dem oberen Stockwerk herabbestellt, um die schönen Sachen zu übernehmen, die Sie für Gretchen gekauft haben. Er versprach mir, in der Nacht aufzusitzen, damit der Anzug bis morgen fertig werden könne. -- Welch ein Einfall! sagte ich halb unwillig; es ist jetzt nicht Zeit, von dieser Armseligkeit mit Gretchen zu reden. -- Sie soll es ja noch gar nicht wissen, antwortete er hastig; das ist eben das Feine von der Sache. Ich habe dem Schneider das Kleidchen gewiesen, das Gretchen gestern Abends auszog; er braucht nun weiter kein Maß zu nehmen, wie er sagt. -- Nun, wenn's so ist! -- Ja wohl, Herr! Und ich will die Sachen nur gleich selbst hinauftragen, so

ohne Stütze. Fassen Sie Muth, liebes Kind! Sie sind nicht so hülflos und abhängig in der Welt, als Sie sich vorstellen.

Dieser Gedanke schien besonders wohlthätig aus Gretchens Gemüthsstimmung zu wirken. Die letzte Spur von Trübsinn war aus ihren Gesichtszügen verschwunden. Sie blätterte unter meinen Musikalien herum und legte Einiges davon bei Seite. Wenn ich es erlaube, sagte sie, wolle sie Abends noch ein paar Stücke durchspielen. Darauf machte sie mir ihren anmuthigsten Knix und hüpfte zur Thüre hinaus.

Charmantes Mädchen! murmelte Paul, und ich mußte mir Gewalt anthun, um es nicht laut zu wiederholen. — Wissen Sie, Herr, fuhr er, sich vertraulich zu mir wendend, fort, was ich ausgedacht habe? — Nun? — Ich habe den Frauenschneider aus dem oberen Stockwerk herabbestellt, um die schönen Sachen zu übernehmen, die Sie für Gretchen gekauft haben. Er versprach mir, in der Nacht aufzusitzen, damit der Anzug bis morgen fertig werden könne. — Welch ein Einfall! sagte ich halb unwillig; es ist jetzt nicht Zeit, von dieser Armseligkeit mit Gretchen zu reden. — Sie soll es ja noch gar nicht wissen, antwortete er hastig; das ist eben das Feine von der Sache. Ich habe dem Schneider das Kleidchen gewiesen, das Gretchen gestern Abends auszog; er braucht nun weiter kein Maß zu nehmen, wie er sagt. — Nun, wenn's so ist! — Ja wohl, Herr! Und ich will die Sachen nur gleich selbst hinauftragen, so

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[0038] ohne Stütze. Fassen Sie Muth, liebes Kind! Sie sind nicht so hülflos und abhängig in der Welt, als Sie sich vorstellen. Dieser Gedanke schien besonders wohlthätig aus Gretchens Gemüthsstimmung zu wirken. Die letzte Spur von Trübsinn war aus ihren Gesichtszügen verschwunden. Sie blätterte unter meinen Musikalien herum und legte Einiges davon bei Seite. Wenn ich es erlaube, sagte sie, wolle sie Abends noch ein paar Stücke durchspielen. Darauf machte sie mir ihren anmuthigsten Knix und hüpfte zur Thüre hinaus. Charmantes Mädchen! murmelte Paul, und ich mußte mir Gewalt anthun, um es nicht laut zu wiederholen. — Wissen Sie, Herr, fuhr er, sich vertraulich zu mir wendend, fort, was ich ausgedacht habe? — Nun? — Ich habe den Frauenschneider aus dem oberen Stockwerk herabbestellt, um die schönen Sachen zu übernehmen, die Sie für Gretchen gekauft haben. Er versprach mir, in der Nacht aufzusitzen, damit der Anzug bis morgen fertig werden könne. — Welch ein Einfall! sagte ich halb unwillig; es ist jetzt nicht Zeit, von dieser Armseligkeit mit Gretchen zu reden. — Sie soll es ja noch gar nicht wissen, antwortete er hastig; das ist eben das Feine von der Sache. Ich habe dem Schneider das Kleidchen gewiesen, das Gretchen gestern Abends auszog; er braucht nun weiter kein Maß zu nehmen, wie er sagt. — Nun, wenn's so ist! — Ja wohl, Herr! Und ich will die Sachen nur gleich selbst hinauftragen, so

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Thomas Weitin: Herausgeber
Digital Humanities Cooperation Konstanz/Darmstadt: Bereitstellung der Texttranskription. (2017-03-16T11:30:04Z) Bitte beachten Sie, dass die aktuelle Transkription (und Textauszeichnung) mittlerweile nicht mehr dem Stand zum Zeitpunkt der Übernahme des Werkes in das DTA entsprechen muss.
Jan Merkt, Thomas Gilli, Jasmin Bieber, Katharina Herget, Anni Peter, Christian Thomas, Benjamin Fiechter: Bearbeitung der digitalen Edition. (2017-03-16T11:30:04Z)

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Zitationshilfe: Schreyvogel, Joseph: Samuel Brinks letzte Liebesgeschichte. In: Deutscher Novellenschatz. Hrsg. von Paul Heyse und Hermann Kurz. Bd. 10. 2. Aufl. Berlin, [1910], S. 1–94. In: Weitin, Thomas (Hrsg.): Volldigitalisiertes Korpus. Der Deutsche Novellenschatz. Darmstadt/Konstanz, 2016, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/schreyvogel_liebesgeschichte_1910/38>, abgerufen am 22.11.2024.