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Schreber, Daniel Gottlob Moritz: Kallipädie oder Erziehung zur Schönheit. Leipzig, 1858.

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der damit verbundenen zu starken Erschütterung des Rückens
und Kopfes in der Dauer nachtheilig werden. Durch öfteres
Hinlenken der Aufmerksamkeit und dadurch, dass man ihnen
durch Vormachen beider Arten der Bewegung, der richtigen
und der falschen, den Unterschied vor Augen führt, wird ih-
nen bald eine leichte und elastische Fussbewegung dabei zur
Gewohnheit gemacht. -- Beim Springen über hohe oder breite
Gegenstände, besonders über letztere (wie Gräben u. dgl.),
begehen fast alle Kinder den Fehler, dass sie, um das Ziel
des Sprunges zu erreichen, den einen Fuss möglichst weit
vorausstrecken und so den Sprung mit stark gespreizten Bei-
nen ausführen. Es ist damit die Möglichkeit eines doppelten
Nachtheiles verbunden: einmal, dass der eine Fuss die ganze,
durch den Sprung beträchtlich verstärkte Körperlast auszuhal-
ten hat, desshalb eine Verstauchung der Fussgelenke leichter
möglich wird, und sodann, dass durch die gewaltsame und
jählinge Spreizung Veranlassung zu Bruchschäden gegeben wer-
den kann. Man halte deshalb darauf, dass die Kinder sich
gewöhnen, das Ziel eines jeden Sprunges mit eng aneinander
geschlossenen Füssen zu erreichen. Recht praktisch und em-
pfehlenswerth sind daher Uebungen im Springen mit gleichen
(geschlossenen) Füssen, wobei die letzteren auch beim Ab-
springen, das ohne Anlauf geschieht, nicht von einander ent-
fernt werden.

Die Rücksicht auf Gleichseitigkeit der körperlichen Hal-
tungen und Gewohnheiten macht sich auch bei manchen Arten
von Spielen dieses Alters geltend. Da es z. B. bei Wurf-,
Ball-, Reifenspielen u. s. w. mehr oder weniger auf eine ge-
wisse Geschicklichkeit ankommt, die erst durch Uebung er-
langt wird, so bleibt in der Regel der einmal eingeübte Arm
der dabei allein oder vorzugsweise thätige. Den anderen Arm
in gleicher Weise einzuüben, wird gewöhnlich aus Bequem-
lichkeit unterlassen. Daher ist es um so nothwendiger, die
Kinder dazu ernstlich anzuhalten, weil bei öfterer Wiederho-
lung solcher Spiele die sonst damit verbundene Einseitigkeit
der Körperhaltung und Muskelthätigkeit besonders im jugend-
lichen Alter nicht ohne Einfluss ist. Namentlich wird dadurch

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der damit verbundenen zu starken Erschütterung des Rückens
und Kopfes in der Dauer nachtheilig werden. Durch öfteres
Hinlenken der Aufmerksamkeit und dadurch, dass man ihnen
durch Vormachen beider Arten der Bewegung, der richtigen
und der falschen, den Unterschied vor Augen führt, wird ih-
nen bald eine leichte und elastische Fussbewegung dabei zur
Gewohnheit gemacht. — Beim Springen über hohe oder breite
Gegenstände, besonders über letztere (wie Gräben u. dgl.),
begehen fast alle Kinder den Fehler, dass sie, um das Ziel
des Sprunges zu erreichen, den einen Fuss möglichst weit
vorausstrecken und so den Sprung mit stark gespreizten Bei-
nen ausführen. Es ist damit die Möglichkeit eines doppelten
Nachtheiles verbunden: einmal, dass der eine Fuss die ganze,
durch den Sprung beträchtlich verstärkte Körperlast auszuhal-
ten hat, desshalb eine Verstauchung der Fussgelenke leichter
möglich wird, und sodann, dass durch die gewaltsame und
jählinge Spreizung Veranlassung zu Bruchschäden gegeben wer-
den kann. Man halte deshalb darauf, dass die Kinder sich
gewöhnen, das Ziel eines jeden Sprunges mit eng aneinander
geschlossenen Füssen zu erreichen. Recht praktisch und em-
pfehlenswerth sind daher Uebungen im Springen mit gleichen
(geschlossenen) Füssen, wobei die letzteren auch beim Ab-
springen, das ohne Anlauf geschieht, nicht von einander ent-
fernt werden.

Die Rücksicht auf Gleichseitigkeit der körperlichen Hal-
tungen und Gewohnheiten macht sich auch bei manchen Arten
von Spielen dieses Alters geltend. Da es z. B. bei Wurf-,
Ball-, Reifenspielen u. s. w. mehr oder weniger auf eine ge-
wisse Geschicklichkeit ankommt, die erst durch Uebung er-
langt wird, so bleibt in der Regel der einmal eingeübte Arm
der dabei allein oder vorzugsweise thätige. Den anderen Arm
in gleicher Weise einzuüben, wird gewöhnlich aus Bequem-
lichkeit unterlassen. Daher ist es um so nothwendiger, die
Kinder dazu ernstlich anzuhalten, weil bei öfterer Wiederho-
lung solcher Spiele die sonst damit verbundene Einseitigkeit
der Körperhaltung und Muskelthätigkeit besonders im jugend-
lichen Alter nicht ohne Einfluss ist. Namentlich wird dadurch

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[210/0214] 8. — 16. JAHR. KÖRPERL. SEITE. KÖRPER-FORM, HALTUNGEN U. GEWOHNHEITEN. der damit verbundenen zu starken Erschütterung des Rückens und Kopfes in der Dauer nachtheilig werden. Durch öfteres Hinlenken der Aufmerksamkeit und dadurch, dass man ihnen durch Vormachen beider Arten der Bewegung, der richtigen und der falschen, den Unterschied vor Augen führt, wird ih- nen bald eine leichte und elastische Fussbewegung dabei zur Gewohnheit gemacht. — Beim Springen über hohe oder breite Gegenstände, besonders über letztere (wie Gräben u. dgl.), begehen fast alle Kinder den Fehler, dass sie, um das Ziel des Sprunges zu erreichen, den einen Fuss möglichst weit vorausstrecken und so den Sprung mit stark gespreizten Bei- nen ausführen. Es ist damit die Möglichkeit eines doppelten Nachtheiles verbunden: einmal, dass der eine Fuss die ganze, durch den Sprung beträchtlich verstärkte Körperlast auszuhal- ten hat, desshalb eine Verstauchung der Fussgelenke leichter möglich wird, und sodann, dass durch die gewaltsame und jählinge Spreizung Veranlassung zu Bruchschäden gegeben wer- den kann. Man halte deshalb darauf, dass die Kinder sich gewöhnen, das Ziel eines jeden Sprunges mit eng aneinander geschlossenen Füssen zu erreichen. Recht praktisch und em- pfehlenswerth sind daher Uebungen im Springen mit gleichen (geschlossenen) Füssen, wobei die letzteren auch beim Ab- springen, das ohne Anlauf geschieht, nicht von einander ent- fernt werden. Die Rücksicht auf Gleichseitigkeit der körperlichen Hal- tungen und Gewohnheiten macht sich auch bei manchen Arten von Spielen dieses Alters geltend. Da es z. B. bei Wurf-, Ball-, Reifenspielen u. s. w. mehr oder weniger auf eine ge- wisse Geschicklichkeit ankommt, die erst durch Uebung er- langt wird, so bleibt in der Regel der einmal eingeübte Arm der dabei allein oder vorzugsweise thätige. Den anderen Arm in gleicher Weise einzuüben, wird gewöhnlich aus Bequem- lichkeit unterlassen. Daher ist es um so nothwendiger, die Kinder dazu ernstlich anzuhalten, weil bei öfterer Wiederho- lung solcher Spiele die sonst damit verbundene Einseitigkeit der Körperhaltung und Muskelthätigkeit besonders im jugend- lichen Alter nicht ohne Einfluss ist. Namentlich wird dadurch

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Zitationshilfe: Schreber, Daniel Gottlob Moritz: Kallipädie oder Erziehung zur Schönheit. Leipzig, 1858, S. 210. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/schreber_kallipaedie_1858/214>, abgerufen am 10.05.2024.