Schottel, Justus Georg: Grausame Beschreibung und Vorstellung Der Hölle Und der Höllischen Qwal . Wolfenbüttel, 1676.der Hölle und Höllischen Zustandes. selbst uns erinnern der Furcht für das Hinfallen/ undfür das hingestürtzet werden in die Hölle! wan aber ge- schiehet das? Der HErr sagt selbst/ so ihr todt sein wer- det: Nun kan ein Mensch alle Stunde und Augenblikk/ so lang er das brüchliche und brechhafte Gefäß seines Lei- bes herum schleppet/ todt werden und sterben/ und also stehet auch alle Stunde und Augenblikk der Höllen Rache für den sicheren Menschen weit offen/ daß er durch die Hand des Todes dahinnein sinken kan. Nun ist die Unbedachtsamkeit der Menschen so gleich-
der Hoͤlle und Hoͤlliſchen Zuſtandes. ſelbſt uns erinnern der Furcht fuͤr das Hinfallen/ undfuͤr das hingeſtuͤrtzet werden in die Hoͤlle! wan aber ge- ſchiehet das? Der HErꝛ ſagt ſelbſt/ ſo ihr todt ſein wer- det: Nun kan ein Menſch alle Stunde und Augenblikk/ ſo lang er das bruͤchliche und brechhafte Gefaͤß ſeines Lei- bes herum ſchleppet/ todt werden und ſterben/ und alſo ſtehet auch alle Stunde und Augenblikk der Hoͤllen Rache fuͤr den ſicheren Menſchen weit offen/ daß er durch die Hand des Todes dahinnein ſinken kan. Nun iſt die Unbedachtſamkeit der Menſchen ſo gleich-
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der Hoͤlle und Hoͤlliſchen Zuſtandes.
ſelbſt uns erinnern der Furcht fuͤr das Hinfallen/ und
fuͤr das hingeſtuͤrtzet werden in die Hoͤlle! wan aber ge-
ſchiehet das? Der HErꝛ ſagt ſelbſt/ ſo ihr todt ſein wer-
det: Nun kan ein Menſch alle Stunde und Augenblikk/
ſo lang er das bruͤchliche und brechhafte Gefaͤß ſeines Lei-
bes herum ſchleppet/ todt werden und ſterben/ und alſo
ſtehet auch alle Stunde und Augenblikk der Hoͤllen
Rache fuͤr den ſicheren Menſchen weit offen/ daß er
durch die Hand des Todes dahinnein ſinken kan.
Nun iſt die Unbedachtſamkeit der Menſchen ſo
groß/ daß man unſer ſchwaches/ muͤrbes/ faules Fleiſch/
gleich einer eiſernen Maur zu ſchaͤtzen/ und einen Grund
mit Qwaderſtuͤkken auf dieſe Waſſerblaſe zu bauen ver-
meinet/ in dem man auf den nachſchleichenden Tod/ und
daranhangender Hoͤllengefahr/ ſo wenig gedenken wil.
Unſer fleiſchernes Gebaͤu des Leibes/ und das darin ſich
aufhaltende Leben/ hat zu ſeiner Befeſtigung nur Ge-
ſtank und Speichel/ iſt eine zum Fall ſtetigſt uͤberhengen-
Wand: Darunter man dennoch ruhig bleiben und ſich-
er ſchlaffen wil/ und feſt zu ſitzen immer luͤſtren wird.
Wan einer ſein Ruhebette wolte unter eine gantz uͤber-
hangende/ ſchon abſinkende und zum Niederſturtz faſt
herkrachende Wand/ fein ſanfte machen laſſen/ ſich auf
lange ſichere Zeit ſchlaffen legen/ er wuͤrde aber erinnert
der gantz baufaͤlligen feſtloſen Wand oder Gemaͤur/ und
daß er kein Augenblikk daſelbſt ohn Lebensgefahr ver-
weilen koͤnte/ ein ſolcher Sicherling aber achtete es nicht/
ſchlieff und ſchnarchte immer mehr/ und dann im Augen-
blikke/ die krachende Wand niederſchluͤge/ uñ den Schlaf-
fenden zergroͤſelte/ wem haͤtte derſelbe anderſt/ als ſei-
ner vorſetzlichen Vermeſſenheit den Untergang zu dank-
en? Gleiche Bewandniß hat es mit einem jeden Men-
ſchen/ der ſeine Seele unter das baufaͤllige/ wuͤrbe/ ge-
brechliche fleiſcherne Dach ſeines Leibes ruhig halten/ und
gleich-
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