Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Schoppe, Amalie: Der Prophet. Bd. 3. Jena, 1846.

Bild:
<< vorherige Seite

Hand, mit der er es entgegennahm. Er warf noch
einen letzten Blick auf Arnold, einen Blick, wie der
Tiger ihn auf die Beute werfen würde, auf die zu-
zuspringen er im Begriff wäre; dann entfernte er sich
langsam aus dem Gemache, dessen Thür er leise hin-
ter sich zumachte.

-- "Welch' einen Postillon d'amour hatte sich
der Prophet da erwählt!" rief Mr. Boggs, als
Jener sich entfernt hatte. "Jn meinem ganzen Leben
ist mir noch eine solche Galgenphysiognomie nicht vor-
gekommen! Das Blut erfriert einem in den Adern
beim Anblick dieses Menschen. Jst dieser einer seiner
Vertrauten?"

-- "Er hat keinen," versetzte Arnold; "nur
blinde Werkzeuge zur Ausführung seines Willens und
seiner Pläne können ihm dienen und dazu paßt nichts
so gut, als eben diese Fanatiker, zu denen besonders
dieser Joram Adams und sein Vater gehören. Sie
würden auf ein bloßes Wort ihres Propheten dem
Teufel ihre Seele verschreiben und doch in den Him-
mel zu gelangen glauben."

-- "Und gehorchen ihm alle Uebrigen eben so,
wie die beiden von Jhnen Genannten?"

-- "Wenn sich ihm auch nicht Alle in dem
Maße mit Leib und Seele hingegeben, so würde doch
kein Einziger anstehen, für diesen falschen Gottbegei-

Hand, mit der er es entgegennahm. Er warf noch
einen letzten Blick auf Arnold, einen Blick, wie der
Tiger ihn auf die Beute werfen würde, auf die zu-
zuſpringen er im Begriff wäre; dann entfernte er ſich
langſam aus dem Gemache, deſſen Thür er leiſe hin-
ter ſich zumachte.

— „Welch’ einen Postillon d’amour hatte ſich
der Prophet da erwählt!“ rief Mr. Boggs, als
Jener ſich entfernt hatte. „Jn meinem ganzen Leben
iſt mir noch eine ſolche Galgenphyſiognomie nicht vor-
gekommen! Das Blut erfriert einem in den Adern
beim Anblick dieſes Menſchen. Jſt dieſer einer ſeiner
Vertrauten?“

— „Er hat keinen,“ verſetzte Arnold; „nur
blinde Werkzeuge zur Ausführung ſeines Willens und
ſeiner Pläne können ihm dienen und dazu paßt nichts
ſo gut, als eben dieſe Fanatiker, zu denen beſonders
dieſer Joram Adams und ſein Vater gehören. Sie
würden auf ein bloßes Wort ihres Propheten dem
Teufel ihre Seele verſchreiben und doch in den Him-
mel zu gelangen glauben.“

— „Und gehorchen ihm alle Uebrigen eben ſo,
wie die beiden von Jhnen Genannten?“

— „Wenn ſich ihm auch nicht Alle in dem
Maße mit Leib und Seele hingegeben, ſo würde doch
kein Einziger anſtehen, für dieſen falſchen Gottbegei-

<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <p><pb facs="#f0042" n="36"/>
Hand, mit der er es entgegennahm. Er warf noch<lb/>
einen letzten Blick auf Arnold, einen Blick, wie der<lb/>
Tiger ihn auf die Beute werfen würde, auf die zu-<lb/>
zu&#x017F;pringen er im Begriff wäre; dann entfernte er &#x017F;ich<lb/>
lang&#x017F;am aus dem Gemache, de&#x017F;&#x017F;en Thür er lei&#x017F;e hin-<lb/>
ter &#x017F;ich zumachte.</p><lb/>
        <p>&#x2014; &#x201E;Welch&#x2019; einen <hi rendition="#aq">Postillon d&#x2019;amour</hi> hatte &#x017F;ich<lb/>
der Prophet da erwählt!&#x201C; rief Mr. Boggs, als<lb/>
Jener &#x017F;ich entfernt hatte. &#x201E;Jn meinem ganzen Leben<lb/>
i&#x017F;t mir noch eine &#x017F;olche Galgenphy&#x017F;iognomie nicht vor-<lb/>
gekommen! Das Blut erfriert einem in den Adern<lb/>
beim Anblick die&#x017F;es Men&#x017F;chen. J&#x017F;t die&#x017F;er einer &#x017F;einer<lb/>
Vertrauten?&#x201C;</p><lb/>
        <p>&#x2014; &#x201E;Er hat keinen,&#x201C; ver&#x017F;etzte Arnold; &#x201E;nur<lb/>
blinde Werkzeuge zur Ausführung &#x017F;eines Willens und<lb/>
&#x017F;einer Pläne können ihm dienen und dazu paßt nichts<lb/>
&#x017F;o gut, als eben die&#x017F;e Fanatiker, zu denen be&#x017F;onders<lb/>
die&#x017F;er Joram Adams und &#x017F;ein Vater gehören. Sie<lb/>
würden auf ein bloßes Wort ihres Propheten dem<lb/>
Teufel ihre Seele ver&#x017F;chreiben und doch in den Him-<lb/>
mel zu gelangen glauben.&#x201C;</p><lb/>
        <p>&#x2014; &#x201E;Und gehorchen ihm alle Uebrigen eben &#x017F;o,<lb/>
wie die beiden von Jhnen Genannten?&#x201C;</p><lb/>
        <p>&#x2014; &#x201E;Wenn &#x017F;ich ihm auch nicht Alle in dem<lb/>
Maße mit Leib und Seele hingegeben, &#x017F;o würde doch<lb/>
kein Einziger an&#x017F;tehen, für die&#x017F;en fal&#x017F;chen Gottbegei-<lb/></p>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[36/0042] Hand, mit der er es entgegennahm. Er warf noch einen letzten Blick auf Arnold, einen Blick, wie der Tiger ihn auf die Beute werfen würde, auf die zu- zuſpringen er im Begriff wäre; dann entfernte er ſich langſam aus dem Gemache, deſſen Thür er leiſe hin- ter ſich zumachte. — „Welch’ einen Postillon d’amour hatte ſich der Prophet da erwählt!“ rief Mr. Boggs, als Jener ſich entfernt hatte. „Jn meinem ganzen Leben iſt mir noch eine ſolche Galgenphyſiognomie nicht vor- gekommen! Das Blut erfriert einem in den Adern beim Anblick dieſes Menſchen. Jſt dieſer einer ſeiner Vertrauten?“ — „Er hat keinen,“ verſetzte Arnold; „nur blinde Werkzeuge zur Ausführung ſeines Willens und ſeiner Pläne können ihm dienen und dazu paßt nichts ſo gut, als eben dieſe Fanatiker, zu denen beſonders dieſer Joram Adams und ſein Vater gehören. Sie würden auf ein bloßes Wort ihres Propheten dem Teufel ihre Seele verſchreiben und doch in den Him- mel zu gelangen glauben.“ — „Und gehorchen ihm alle Uebrigen eben ſo, wie die beiden von Jhnen Genannten?“ — „Wenn ſich ihm auch nicht Alle in dem Maße mit Leib und Seele hingegeben, ſo würde doch kein Einziger anſtehen, für dieſen falſchen Gottbegei-

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/schoppe_prophet03_1846
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/schoppe_prophet03_1846/42
Zitationshilfe: Schoppe, Amalie: Der Prophet. Bd. 3. Jena, 1846, S. 36. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/schoppe_prophet03_1846/42>, abgerufen am 24.11.2024.