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Schoppe, Amalie: Der Prophet. Bd. 3. Jena, 1846.

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Vater, "aber trotz dem lebt er und der Himmel hat
uns vor dem Unglück bewahrt, den Tod unseres
Freundes und Erretters beweinen zu müssen. Der
Elende, welcher ihm nach dem Leben trachtete, Hie-
ram, unser seitheriger Kerkermeister, ist durch die
Barmherzigkeit des Höchsten daran verhindert worden,
sein Vorhaben auszuführen: unser Freund lebt, seine
Wunde ist schmerzlich und sogar tief; allein nach
dem einstimmigen Urtheile der herbeigerufenen Aerzte
durchaus nicht tödtlich, und Du wirst Arnolden se-
hen, sobald Du selbst stärker und gefaßter als jetzt
seyn wirst."

-- "O, ich bin stark, mein Vater!" rief
Flora, sich mit der Anstrengung aller ihrer Kräfte
vom Lager erhebend, "und ich gelobe Dir, mich beim
Anblick seiner Leiden gefaßt zu zeigen! Aber wie
kommt es, daß er lebt? Wähnte ich ihn doch bereits
seit mehren Tagen todt, bei der Vertheidigung Van-
dalia's gefallen?"

-- "Der, welcher Dir diese Nachricht hinter-
brachte, hat Dir die Unwahrheit berichtet," war die
Antwort Mr. Boggs; "unser Freund war nicht
mehr in Vandalia, als dieses von den Mormons be-
lagert wurde, sondern bei seinen Freunden, den Sioux
und Chippewas, um sie zu unserer Hülfe zu be-
wegen. Es ist ihm gelungen; St. Louis wurde in

Vater, „aber trotz dem lebt er und der Himmel hat
uns vor dem Unglück bewahrt, den Tod unſeres
Freundes und Erretters beweinen zu müſſen. Der
Elende, welcher ihm nach dem Leben trachtete, Hie-
ram, unſer ſeitheriger Kerkermeiſter, iſt durch die
Barmherzigkeit des Höchſten daran verhindert worden,
ſein Vorhaben auszuführen: unſer Freund lebt, ſeine
Wunde iſt ſchmerzlich und ſogar tief; allein nach
dem einſtimmigen Urtheile der herbeigerufenen Aerzte
durchaus nicht tödtlich, und Du wirſt Arnolden ſe-
hen, ſobald Du ſelbſt ſtärker und gefaßter als jetzt
ſeyn wirſt.“

— „O, ich bin ſtark, mein Vater!“ rief
Flora, ſich mit der Anſtrengung aller ihrer Kräfte
vom Lager erhebend, „und ich gelobe Dir, mich beim
Anblick ſeiner Leiden gefaßt zu zeigen! Aber wie
kommt es, daß er lebt? Wähnte ich ihn doch bereits
ſeit mehren Tagen todt, bei der Vertheidigung Van-
dalia’s gefallen?“

— „Der, welcher Dir dieſe Nachricht hinter-
brachte, hat Dir die Unwahrheit berichtet,“ war die
Antwort Mr. Boggs; „unſer Freund war nicht
mehr in Vandalia, als dieſes von den Mormons be-
lagert wurde, ſondern bei ſeinen Freunden, den Sioux
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[152/0158] Vater, „aber trotz dem lebt er und der Himmel hat uns vor dem Unglück bewahrt, den Tod unſeres Freundes und Erretters beweinen zu müſſen. Der Elende, welcher ihm nach dem Leben trachtete, Hie- ram, unſer ſeitheriger Kerkermeiſter, iſt durch die Barmherzigkeit des Höchſten daran verhindert worden, ſein Vorhaben auszuführen: unſer Freund lebt, ſeine Wunde iſt ſchmerzlich und ſogar tief; allein nach dem einſtimmigen Urtheile der herbeigerufenen Aerzte durchaus nicht tödtlich, und Du wirſt Arnolden ſe- hen, ſobald Du ſelbſt ſtärker und gefaßter als jetzt ſeyn wirſt.“ — „O, ich bin ſtark, mein Vater!“ rief Flora, ſich mit der Anſtrengung aller ihrer Kräfte vom Lager erhebend, „und ich gelobe Dir, mich beim Anblick ſeiner Leiden gefaßt zu zeigen! Aber wie kommt es, daß er lebt? Wähnte ich ihn doch bereits ſeit mehren Tagen todt, bei der Vertheidigung Van- dalia’s gefallen?“ — „Der, welcher Dir dieſe Nachricht hinter- brachte, hat Dir die Unwahrheit berichtet,“ war die Antwort Mr. Boggs; „unſer Freund war nicht mehr in Vandalia, als dieſes von den Mormons be- lagert wurde, ſondern bei ſeinen Freunden, den Sioux und Chippewas, um ſie zu unſerer Hülfe zu be- wegen. Es iſt ihm gelungen; St. Louis wurde in

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Zitationshilfe: Schoppe, Amalie: Der Prophet. Bd. 3. Jena, 1846, S. 152. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/schoppe_prophet03_1846/158>, abgerufen am 29.11.2024.