Schoppe, Amalie: Der Prophet. Bd. 2. Jena, 1846.geschleudert und so nicht von ihm bemerkt worden. Jch Zum ersten Mal in meinem Leben bemächtigte "Ueber Alles Geliebter!" -- "Du hast mich wieder verlassen; Dein schönes -- "Ja, diese Trennung, dieses Verbergen des geſchleudert und ſo nicht von ihm bemerkt worden. Jch Zum erſten Mal in meinem Leben bemächtigte „Ueber Alles Geliebter!“ — „Du haſt mich wieder verlaſſen; Dein ſchönes — „Ja, dieſe Trennung, dieſes Verbergen des <TEI> <text> <body> <div n="1"> <p><pb facs="#f0146" n="140"/> geſchleudert und ſo nicht von ihm bemerkt worden. Jch<lb/> hob ihn auf und würde ihn ungeleſen bis zu ſeiner<lb/> nächſten Wiederkehr aufbewahrt und ihm wieder zuge-<lb/> ſtellt haben, wenn mir die überaus ſchöne und zier-<lb/> liche Frauenhand in der Aufſchrift nicht aufgefal-<lb/> len wäre.</p><lb/> <p>Zum erſten Mal in meinem Leben bemächtigte<lb/> ſich das Gefühl der Eiferſucht meiner Seele: ich wollte<lb/> der Verſuchung widerſtehen, dieſen mich ſo ſehr be-<lb/> unruhigenden Brief zu leſen, vermochte es aber nicht.<lb/> Jch öffnete ihn endlich mit zitternder Hand und las:</p><lb/> <floatingText> <body> <div type="letter"> <opener> <salute> <hi rendition="#c">„Ueber Alles Geliebter!“</hi> </salute> </opener><lb/> <p>— „Du haſt mich wieder verlaſſen; Dein ſchönes<lb/> „Auge blickt mich und das Pfand unſerer Liebe nicht<lb/> „mehr mit Entzücken an; das Gemach, welches wäh-<lb/> „rend Deiner Anweſenheit ein Tempel des Glücks<lb/> „war, iſt wieder verödet und die Wände, welche un-<lb/> „ſere Liebesſchwüre vernahmen, widerhallen nur noch<lb/> „von meinen Seufzern. Nichts iſt mir geblieben, als<lb/> „das mir ſo oft als möglich verſtohlen gegönnte Glück,<lb/> „unſer Kind, dieſen Zeugen unſerer heiligen Liebe,<lb/> „ſehen und in meine Mutterarme ſchließen zu können,<lb/> „in ſeinen Zügen die Deinigen aufzuſuchen.“</p><lb/> <p>— „Ja, dieſe Trennung, dieſes Verbergen des<lb/> „höchſten Glücks vor den Augen der Welt, iſt grau-<lb/></p> </div> </body> </floatingText> </div> </body> </text> </TEI> [140/0146]
geſchleudert und ſo nicht von ihm bemerkt worden. Jch
hob ihn auf und würde ihn ungeleſen bis zu ſeiner
nächſten Wiederkehr aufbewahrt und ihm wieder zuge-
ſtellt haben, wenn mir die überaus ſchöne und zier-
liche Frauenhand in der Aufſchrift nicht aufgefal-
len wäre.
Zum erſten Mal in meinem Leben bemächtigte
ſich das Gefühl der Eiferſucht meiner Seele: ich wollte
der Verſuchung widerſtehen, dieſen mich ſo ſehr be-
unruhigenden Brief zu leſen, vermochte es aber nicht.
Jch öffnete ihn endlich mit zitternder Hand und las:
„Ueber Alles Geliebter!“
— „Du haſt mich wieder verlaſſen; Dein ſchönes
„Auge blickt mich und das Pfand unſerer Liebe nicht
„mehr mit Entzücken an; das Gemach, welches wäh-
„rend Deiner Anweſenheit ein Tempel des Glücks
„war, iſt wieder verödet und die Wände, welche un-
„ſere Liebesſchwüre vernahmen, widerhallen nur noch
„von meinen Seufzern. Nichts iſt mir geblieben, als
„das mir ſo oft als möglich verſtohlen gegönnte Glück,
„unſer Kind, dieſen Zeugen unſerer heiligen Liebe,
„ſehen und in meine Mutterarme ſchließen zu können,
„in ſeinen Zügen die Deinigen aufzuſuchen.“
— „Ja, dieſe Trennung, dieſes Verbergen des
„höchſten Glücks vor den Augen der Welt, iſt grau-
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