Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Schoppe, Amalie: Der Prophet. Bd. 2. Jena, 1846.

Bild:
<< vorherige Seite

sorgniß haben hingeben dürfen, wenn nicht der klar
und unverschleiert am Himmel stehende Vollmond sein
sicherer Schutz gewesen wäre. Denn so sehr scheuen
diese Bestien das Licht, daß man beim Mondschein
völlig ruhig vor ihnen seyn kann.

Das wußte Arnold durch sein längeres Verwei-
len unter den Wilden und daher unterließ er auch
die sonst übliche Vorsicht, ein großes Feuer anzu-
machen und sich ganz in der Nähe desselben zur Ruhe
niederzulegen.

Die Sonne war bereits untergegangen, als er
den Wald erreichte und ein so tiefes Schweigen herrschte
nach dem Verstummen aller Vögel darin, daß man
das Schlüpfen eines Frosches oder einer Eidechse hätte
hören können.

Bruno hatte sich behaglich neben seinem Gebieter
ausgestreckt und schloß, die zottige Schnauze auf die
vorgestreckten Pfoten gelegt, die Augen zum Schlafe;
plötzlich aber richtete er sich, durch irgend ein nur
von seinem scharfen Gehör wahrgenommenes Geräusch
aufgeweckt, hoch empor, stellte sich auf seine Füße
und sah sich nach allen Seiten um, als wittere er
das Herannahen eines ihm unheimlichen Gegenstandes,
wobei er einige knurrende Laute ausstieß. Arnold, der
die Wachsamkeit und Klugheit des Thiers kannte, er-
hob sich bei dieser Erscheinung augenblicklich von der

ſorgniß haben hingeben dürfen, wenn nicht der klar
und unverſchleiert am Himmel ſtehende Vollmond ſein
ſicherer Schutz geweſen wäre. Denn ſo ſehr ſcheuen
dieſe Beſtien das Licht, daß man beim Mondſchein
völlig ruhig vor ihnen ſeyn kann.

Das wußte Arnold durch ſein längeres Verwei-
len unter den Wilden und daher unterließ er auch
die ſonſt übliche Vorſicht, ein großes Feuer anzu-
machen und ſich ganz in der Nähe deſſelben zur Ruhe
niederzulegen.

Die Sonne war bereits untergegangen, als er
den Wald erreichte und ein ſo tiefes Schweigen herrſchte
nach dem Verſtummen aller Vögel darin, daß man
das Schlüpfen eines Froſches oder einer Eidechſe hätte
hören können.

Bruno hatte ſich behaglich neben ſeinem Gebieter
ausgeſtreckt und ſchloß, die zottige Schnauze auf die
vorgeſtreckten Pfoten gelegt, die Augen zum Schlafe;
plötzlich aber richtete er ſich, durch irgend ein nur
von ſeinem ſcharfen Gehör wahrgenommenes Geräuſch
aufgeweckt, hoch empor, ſtellte ſich auf ſeine Füße
und ſah ſich nach allen Seiten um, als wittere er
das Herannahen eines ihm unheimlichen Gegenſtandes,
wobei er einige knurrende Laute ausſtieß. Arnold, der
die Wachſamkeit und Klugheit des Thiers kannte, er-
hob ſich bei dieſer Erſcheinung augenblicklich von der

<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <p><pb facs="#f0013" n="7"/>
&#x017F;orgniß haben hingeben dürfen, wenn nicht der klar<lb/>
und unver&#x017F;chleiert am Himmel &#x017F;tehende Vollmond &#x017F;ein<lb/>
&#x017F;icherer Schutz gewe&#x017F;en wäre. Denn &#x017F;o &#x017F;ehr &#x017F;cheuen<lb/>
die&#x017F;e Be&#x017F;tien das Licht, daß man beim Mond&#x017F;chein<lb/>
völlig ruhig vor ihnen &#x017F;eyn kann.</p><lb/>
        <p>Das wußte Arnold durch &#x017F;ein längeres Verwei-<lb/>
len unter den Wilden und daher unterließ er auch<lb/>
die &#x017F;on&#x017F;t übliche Vor&#x017F;icht, ein großes Feuer anzu-<lb/>
machen und &#x017F;ich ganz in der Nähe de&#x017F;&#x017F;elben zur Ruhe<lb/>
niederzulegen.</p><lb/>
        <p>Die Sonne war bereits untergegangen, als er<lb/>
den Wald erreichte und ein &#x017F;o tiefes Schweigen herr&#x017F;chte<lb/>
nach dem Ver&#x017F;tummen aller Vögel darin, daß man<lb/>
das Schlüpfen eines Fro&#x017F;ches oder einer Eidech&#x017F;e hätte<lb/>
hören können.</p><lb/>
        <p>Bruno hatte &#x017F;ich behaglich neben &#x017F;einem Gebieter<lb/>
ausge&#x017F;treckt und &#x017F;chloß, die zottige Schnauze auf die<lb/>
vorge&#x017F;treckten Pfoten gelegt, die Augen zum Schlafe;<lb/>
plötzlich aber richtete er &#x017F;ich, durch irgend ein nur<lb/>
von &#x017F;einem &#x017F;charfen Gehör wahrgenommenes Geräu&#x017F;ch<lb/>
aufgeweckt, hoch empor, &#x017F;tellte &#x017F;ich auf &#x017F;eine Füße<lb/>
und &#x017F;ah &#x017F;ich nach allen Seiten um, als wittere er<lb/>
das Herannahen eines ihm unheimlichen Gegen&#x017F;tandes,<lb/>
wobei er einige knurrende Laute aus&#x017F;tieß. Arnold, der<lb/>
die Wach&#x017F;amkeit und Klugheit des Thiers kannte, er-<lb/>
hob &#x017F;ich bei die&#x017F;er Er&#x017F;cheinung augenblicklich von der<lb/></p>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[7/0013] ſorgniß haben hingeben dürfen, wenn nicht der klar und unverſchleiert am Himmel ſtehende Vollmond ſein ſicherer Schutz geweſen wäre. Denn ſo ſehr ſcheuen dieſe Beſtien das Licht, daß man beim Mondſchein völlig ruhig vor ihnen ſeyn kann. Das wußte Arnold durch ſein längeres Verwei- len unter den Wilden und daher unterließ er auch die ſonſt übliche Vorſicht, ein großes Feuer anzu- machen und ſich ganz in der Nähe deſſelben zur Ruhe niederzulegen. Die Sonne war bereits untergegangen, als er den Wald erreichte und ein ſo tiefes Schweigen herrſchte nach dem Verſtummen aller Vögel darin, daß man das Schlüpfen eines Froſches oder einer Eidechſe hätte hören können. Bruno hatte ſich behaglich neben ſeinem Gebieter ausgeſtreckt und ſchloß, die zottige Schnauze auf die vorgeſtreckten Pfoten gelegt, die Augen zum Schlafe; plötzlich aber richtete er ſich, durch irgend ein nur von ſeinem ſcharfen Gehör wahrgenommenes Geräuſch aufgeweckt, hoch empor, ſtellte ſich auf ſeine Füße und ſah ſich nach allen Seiten um, als wittere er das Herannahen eines ihm unheimlichen Gegenſtandes, wobei er einige knurrende Laute ausſtieß. Arnold, der die Wachſamkeit und Klugheit des Thiers kannte, er- hob ſich bei dieſer Erſcheinung augenblicklich von der

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/schoppe_prophet02_1846
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/schoppe_prophet02_1846/13
Zitationshilfe: Schoppe, Amalie: Der Prophet. Bd. 2. Jena, 1846, S. 7. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/schoppe_prophet02_1846/13>, abgerufen am 03.12.2024.