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Schoppe, Amalie: Der Prophet. Bd. 1. Jena, 1846.

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-- "Vielleicht," versetzte der Prophet; "viel-
leicht auch etwas ihm Aehnliches; gewiß aber wird
das Alte von etwas Neuem verdrängt werden, weil
das Bedürfniß darnach da ist. An dem Alten ist
schon zu viel gerüttelt worden; es hat sich in allzu
viele Theile gespalten und ist dadurch so geschwächt,
daß es sich nicht mehr halten kann. Bedenken Sie,
wie viele Secten es giebt, deren Anhänger sich alle
Christen nennen und sich trotzdem auf Tod und Le-
ben anfeinden. Auf alle diese blicken lächelnd und
mit untergeschlagenen Armen die Freigewordenen und
rufen den Kämpfenden Worte der Ermunterung zu,
in der Hoffnung, daß, wenn Jeder an der Seite des
Nachbars rüttle, der morsche Bau um so eher zu-
sammenfallen werde, und er wird, er muß fallen."

-- "Und wenn er gefallen seyn wird, was
dann?" fragte Arnold ernst.

-- "Wird ein anderer wieder errichtet seyn,"
war die Antwort, "und wer es wohl mit der armen
Menschheit meint, muß mit daran bauen helfen."

-- "Sehen Sie," fuhr Smith nach einer Pause
fort, diese Ueberzeugung habe ich gewonnen und aus
dem Grunde baue ich emsig und unbekümmert um den
Spott und das Hohngelächter Derer fort, die nicht
auf der Höhe der Bildung stehen und mein Thun ver-
werfen, weil sie es nicht begreifen oder mir wohl gar

— „Vielleicht,“ verſetzte der Prophet; „viel-
leicht auch etwas ihm Aehnliches; gewiß aber wird
das Alte von etwas Neuem verdrängt werden, weil
das Bedürfniß darnach da iſt. An dem Alten iſt
ſchon zu viel gerüttelt worden; es hat ſich in allzu
viele Theile geſpalten und iſt dadurch ſo geſchwächt,
daß es ſich nicht mehr halten kann. Bedenken Sie,
wie viele Secten es giebt, deren Anhänger ſich alle
Chriſten nennen und ſich trotzdem auf Tod und Le-
ben anfeinden. Auf alle dieſe blicken lächelnd und
mit untergeſchlagenen Armen die Freigewordenen und
rufen den Kämpfenden Worte der Ermunterung zu,
in der Hoffnung, daß, wenn Jeder an der Seite des
Nachbars rüttle, der morſche Bau um ſo eher zu-
ſammenfallen werde, und er wird, er muß fallen.“

— „Und wenn er gefallen ſeyn wird, was
dann?“ fragte Arnold ernſt.

— „Wird ein anderer wieder errichtet ſeyn,“
war die Antwort, „und wer es wohl mit der armen
Menſchheit meint, muß mit daran bauen helfen.“

— „Sehen Sie,“ fuhr Smith nach einer Pauſe
fort, dieſe Ueberzeugung habe ich gewonnen und aus
dem Grunde baue ich emſig und unbekümmert um den
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[89/0097] — „Vielleicht,“ verſetzte der Prophet; „viel- leicht auch etwas ihm Aehnliches; gewiß aber wird das Alte von etwas Neuem verdrängt werden, weil das Bedürfniß darnach da iſt. An dem Alten iſt ſchon zu viel gerüttelt worden; es hat ſich in allzu viele Theile geſpalten und iſt dadurch ſo geſchwächt, daß es ſich nicht mehr halten kann. Bedenken Sie, wie viele Secten es giebt, deren Anhänger ſich alle Chriſten nennen und ſich trotzdem auf Tod und Le- ben anfeinden. Auf alle dieſe blicken lächelnd und mit untergeſchlagenen Armen die Freigewordenen und rufen den Kämpfenden Worte der Ermunterung zu, in der Hoffnung, daß, wenn Jeder an der Seite des Nachbars rüttle, der morſche Bau um ſo eher zu- ſammenfallen werde, und er wird, er muß fallen.“ — „Und wenn er gefallen ſeyn wird, was dann?“ fragte Arnold ernſt. — „Wird ein anderer wieder errichtet ſeyn,“ war die Antwort, „und wer es wohl mit der armen Menſchheit meint, muß mit daran bauen helfen.“ — „Sehen Sie,“ fuhr Smith nach einer Pauſe fort, dieſe Ueberzeugung habe ich gewonnen und aus dem Grunde baue ich emſig und unbekümmert um den Spott und das Hohngelächter Derer fort, die nicht auf der Höhe der Bildung ſtehen und mein Thun ver- werfen, weil ſie es nicht begreifen oder mir wohl gar

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Zitationshilfe: Schoppe, Amalie: Der Prophet. Bd. 1. Jena, 1846, S. 89. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/schoppe_prophet01_1846/97>, abgerufen am 24.11.2024.