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Schoppe, Amalie: Der Prophet. Bd. 1. Jena, 1846.

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-- "So viel Sie wollen," versetzte Arnold und
schob ihm einen Stuhl hin, um ihn zum Sitzen ein-
zuladen, was aber der Prophet mit einer Bewegung
der Hand ablehnte; denn wie alle Menschen, die große
Pläne und Absichten mit sich umhertragen, liebte er
das Sitzen nicht.

-- "Sie halten mich also für irreligiös," wandte
Joe sich fragend an Arnold, "und nebenbei für einen
Heuchler, weil ich eine Rolle spiele, die Sie und viel-
leicht noch viele Andere nicht begreifen? Sie glau-
ben in Folge dessen das Recht zu haben, mich verach-
ten zu dürfen? gestehen Sie es nur!"

Arnold schwieg und er fuhr fort:

-- "Es ist wahr, ich habe mit dem Dogma,
mit Allem, was in der Religion Menschensatzung ist,
seit lange und für immer gebrochen. Früh schon lüf-
tete mein Verstand die geheimnißvolle Knospe des
Glaubens, und als sie geöffnet vor mir dalag, er-
blickte ich nichts darin, als Moder und Wurmfraß
und erstaunte darüber, daß sich die arme Menschheit
so viele Jahrhunderte lang so heillos hatte täuschen
lassen" ......

-- "Und trotz dem," unterbrach ihn Arnold,
"daß Sie durch Jhren forschenden Verstand zu solchen
Resultaten gelangten und im edlen Unwillen, wenig-
stens für sich, den Tempel zertrümmerten, in dem nach

— „So viel Sie wollen,“ verſetzte Arnold und
ſchob ihm einen Stuhl hin, um ihn zum Sitzen ein-
zuladen, was aber der Prophet mit einer Bewegung
der Hand ablehnte; denn wie alle Menſchen, die große
Pläne und Abſichten mit ſich umhertragen, liebte er
das Sitzen nicht.

— „Sie halten mich alſo für irreligiös,“ wandte
Joe ſich fragend an Arnold, „und nebenbei für einen
Heuchler, weil ich eine Rolle ſpiele, die Sie und viel-
leicht noch viele Andere nicht begreifen? Sie glau-
ben in Folge deſſen das Recht zu haben, mich verach-
ten zu dürfen? geſtehen Sie es nur!“

Arnold ſchwieg und er fuhr fort:

— „Es iſt wahr, ich habe mit dem Dogma,
mit Allem, was in der Religion Menſchenſatzung iſt,
ſeit lange und für immer gebrochen. Früh ſchon lüf-
tete mein Verſtand die geheimnißvolle Knospe des
Glaubens, und als ſie geöffnet vor mir dalag, er-
blickte ich nichts darin, als Moder und Wurmfraß
und erſtaunte darüber, daß ſich die arme Menſchheit
ſo viele Jahrhunderte lang ſo heillos hatte täuſchen
laſſen“ ......

— „Und trotz dem,“ unterbrach ihn Arnold,
„daß Sie durch Jhren forſchenden Verſtand zu ſolchen
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ſtens für ſich, den Tempel zertrümmerten, in dem nach

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[86/0094] — „So viel Sie wollen,“ verſetzte Arnold und ſchob ihm einen Stuhl hin, um ihn zum Sitzen ein- zuladen, was aber der Prophet mit einer Bewegung der Hand ablehnte; denn wie alle Menſchen, die große Pläne und Abſichten mit ſich umhertragen, liebte er das Sitzen nicht. — „Sie halten mich alſo für irreligiös,“ wandte Joe ſich fragend an Arnold, „und nebenbei für einen Heuchler, weil ich eine Rolle ſpiele, die Sie und viel- leicht noch viele Andere nicht begreifen? Sie glau- ben in Folge deſſen das Recht zu haben, mich verach- ten zu dürfen? geſtehen Sie es nur!“ Arnold ſchwieg und er fuhr fort: — „Es iſt wahr, ich habe mit dem Dogma, mit Allem, was in der Religion Menſchenſatzung iſt, ſeit lange und für immer gebrochen. Früh ſchon lüf- tete mein Verſtand die geheimnißvolle Knospe des Glaubens, und als ſie geöffnet vor mir dalag, er- blickte ich nichts darin, als Moder und Wurmfraß und erſtaunte darüber, daß ſich die arme Menſchheit ſo viele Jahrhunderte lang ſo heillos hatte täuſchen laſſen“ ...... — „Und trotz dem,“ unterbrach ihn Arnold, „daß Sie durch Jhren forſchenden Verſtand zu ſolchen Reſultaten gelangten und im edlen Unwillen, wenig- ſtens für ſich, den Tempel zertrümmerten, in dem nach

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Zitationshilfe: Schoppe, Amalie: Der Prophet. Bd. 1. Jena, 1846, S. 86. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/schoppe_prophet01_1846/94>, abgerufen am 28.11.2024.