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Schoppe, Amalie: Der Prophet. Bd. 1. Jena, 1846.

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Man sagte ihm nicht, als er seinen Entschluß,
sie wieder zu verlassen, zu erkennen gab: bleib doch
noch! aber in Aller Blicken las er Traurigkeit und
als endlich die Stunde des Abschieds wirklich da war,
äußerte sie sich durch lautes Wehklagen. Jndeß sein
Entschluß stand fest und so nahm er Abschied von sei-
nen Freunden.

White-hawk hatte seinen besten Mustang, ein
schönes, edles Thier, das er mit großer Mühe ge-
zähmt und abgerichtet, für Arnolden gesattelt und ge-
zäumt und ein zweites Pferd für sich; denn er wollte
es sich nicht nehmen lassen, seinen Lebensretter durch
die Prairie und wenigstens bis zur Grenze von Jlli-
nois zu begleiten, um jede Gefahr von ihm abzu-
halten.

Als man den Missisippi wieder passirt hatte,
nahm White-hawk Abschied von seinem Freunde, und
als dieser ihm das Pferd wieder zustellen wollte, bat
er ihn mit wenigen, aber eindringlichen Worten, es
ihm zu Liebe zu behalten, eine Bitte, der sich Arnold
um so lieber fügte, da er an dem schönen, muntern
und doch so zahmen Thiere ein großes Wohlgefal-
len fand.

-- "Bleichgesicht," sagte White-hawk mit ab-
gewandtem Gesichte zu dem Europäer, als es an's
Abschiednehmen ging, "Bleichgesicht, vergiß niemals,

Man ſagte ihm nicht, als er ſeinen Entſchluß,
ſie wieder zu verlaſſen, zu erkennen gab: bleib doch
noch! aber in Aller Blicken las er Traurigkeit und
als endlich die Stunde des Abſchieds wirklich da war,
äußerte ſie ſich durch lautes Wehklagen. Jndeß ſein
Entſchluß ſtand feſt und ſo nahm er Abſchied von ſei-
nen Freunden.

White-hawk hatte ſeinen beſten Muſtang, ein
ſchönes, edles Thier, das er mit großer Mühe ge-
zähmt und abgerichtet, für Arnolden geſattelt und ge-
zäumt und ein zweites Pferd für ſich; denn er wollte
es ſich nicht nehmen laſſen, ſeinen Lebensretter durch
die Prairie und wenigſtens bis zur Grenze von Jlli-
nois zu begleiten, um jede Gefahr von ihm abzu-
halten.

Als man den Miſſiſippi wieder paſſirt hatte,
nahm White-hawk Abſchied von ſeinem Freunde, und
als dieſer ihm das Pferd wieder zuſtellen wollte, bat
er ihn mit wenigen, aber eindringlichen Worten, es
ihm zu Liebe zu behalten, eine Bitte, der ſich Arnold
um ſo lieber fügte, da er an dem ſchönen, muntern
und doch ſo zahmen Thiere ein großes Wohlgefal-
len fand.

— „Bleichgeſicht,“ ſagte White-hawk mit ab-
gewandtem Geſichte zu dem Europäer, als es an’s
Abſchiednehmen ging, „Bleichgeſicht, vergiß niemals,

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[58/0066] Man ſagte ihm nicht, als er ſeinen Entſchluß, ſie wieder zu verlaſſen, zu erkennen gab: bleib doch noch! aber in Aller Blicken las er Traurigkeit und als endlich die Stunde des Abſchieds wirklich da war, äußerte ſie ſich durch lautes Wehklagen. Jndeß ſein Entſchluß ſtand feſt und ſo nahm er Abſchied von ſei- nen Freunden. White-hawk hatte ſeinen beſten Muſtang, ein ſchönes, edles Thier, das er mit großer Mühe ge- zähmt und abgerichtet, für Arnolden geſattelt und ge- zäumt und ein zweites Pferd für ſich; denn er wollte es ſich nicht nehmen laſſen, ſeinen Lebensretter durch die Prairie und wenigſtens bis zur Grenze von Jlli- nois zu begleiten, um jede Gefahr von ihm abzu- halten. Als man den Miſſiſippi wieder paſſirt hatte, nahm White-hawk Abſchied von ſeinem Freunde, und als dieſer ihm das Pferd wieder zuſtellen wollte, bat er ihn mit wenigen, aber eindringlichen Worten, es ihm zu Liebe zu behalten, eine Bitte, der ſich Arnold um ſo lieber fügte, da er an dem ſchönen, muntern und doch ſo zahmen Thiere ein großes Wohlgefal- len fand. — „Bleichgeſicht,“ ſagte White-hawk mit ab- gewandtem Geſichte zu dem Europäer, als es an’s Abſchiednehmen ging, „Bleichgeſicht, vergiß niemals,

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Zitationshilfe: Schoppe, Amalie: Der Prophet. Bd. 1. Jena, 1846, S. 58. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/schoppe_prophet01_1846/66>, abgerufen am 11.12.2024.