werther Meister der alten von van Eyck stammen- den deutschen Schule.
Seine Gemälde sind in unsern Tagen selten anzutreffen, doch besitzt die Boissereesche Samm- lung eines davon; ein kleines, höchst anmuthiges Bild, welches sowohl durch die Wahl des Gegen- standes, als durch Pracht der Farben, durch sorg- fältige Ausführung und naturgemäße, höchst leben- dige Darstellung an die herrlichste Zeit der alten deutschen Kunst auf das Lebhafteste erinnert.
Es stellt die heiligen drei Könige zu den Füßen des Christkindes dar. Maria sitzt, das Kind auf dem Schooß haltend, in der Mitte des Gemäldes, und Huld und Anmuth umstrahlen die edle Gestalt der holdseligen Mutter. Der älteste der Könige bietet knieend dem kleinen Christus ein goldnes Prachtgefäß, und dieser hebt, kindlich spielend, den Deckel davon ab. Die Anmuth des wunder- schönen Kindes, der Kontrast dieses anmuthigen Spieles mit dem wahrhaft göttlich ernsten Blick, mit welchem es den knieenden König betrachtet, gibt dem Bilde etwas unnennbar Anziehendes. Ehr-
werther Meiſter der alten von van Eyck ſtammen- den deutſchen Schule.
Seine Gemälde ſind in unſern Tagen ſelten anzutreffen, doch beſitzt die Boiſſeréeſche Samm- lung eines davon; ein kleines, höchſt anmuthiges Bild, welches ſowohl durch die Wahl des Gegen- ſtandes, als durch Pracht der Farben, durch ſorg- fältige Ausführung und naturgemäße, höchſt leben- dige Darſtellung an die herrlichſte Zeit der alten deutſchen Kunſt auf das Lebhafteſte erinnert.
Es ſtellt die heiligen drei Könige zu den Füßen des Chriſtkindes dar. Maria ſitzt, das Kind auf dem Schooß haltend, in der Mitte des Gemäldes, und Huld und Anmuth umſtrahlen die edle Geſtalt der holdſeligen Mutter. Der älteſte der Könige bietet knieend dem kleinen Chriſtus ein goldnes Prachtgefäß, und dieſer hebt, kindlich ſpielend, den Deckel davon ab. Die Anmuth des wunder- ſchönen Kindes, der Kontraſt dieſes anmuthigen Spieles mit dem wahrhaft göttlich ernſten Blick, mit welchem es den knieenden König betrachtet, gibt dem Bilde etwas unnennbar Anziehendes. Ehr-
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werther Meiſter der alten von van Eyck ſtammen-
den deutſchen Schule.
Seine Gemälde ſind in unſern Tagen ſelten
anzutreffen, doch beſitzt die Boiſſeréeſche Samm-
lung eines davon; ein kleines, höchſt anmuthiges
Bild, welches ſowohl durch die Wahl des Gegen-
ſtandes, als durch Pracht der Farben, durch ſorg-
fältige Ausführung und naturgemäße, höchſt leben-
dige Darſtellung an die herrlichſte Zeit der alten
deutſchen Kunſt auf das Lebhafteſte erinnert.
Es ſtellt die heiligen drei Könige zu den Füßen
des Chriſtkindes dar. Maria ſitzt, das Kind auf
dem Schooß haltend, in der Mitte des Gemäldes,
und Huld und Anmuth umſtrahlen die edle Geſtalt
der holdſeligen Mutter. Der älteſte der Könige
bietet knieend dem kleinen Chriſtus ein goldnes
Prachtgefäß, und dieſer hebt, kindlich ſpielend,
den Deckel davon ab. Die Anmuth des wunder-
ſchönen Kindes, der Kontraſt dieſes anmuthigen
Spieles mit dem wahrhaft göttlich ernſten Blick,
mit welchem es den knieenden König betrachtet,
gibt dem Bilde etwas unnennbar Anziehendes. Ehr-
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Schopenhauer, Johanna: Johann van Eyck und seine Nachfolger. Bd. 2. Frankfurt (Main), 1822, S. 172. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/schopenhauer_eyck02_1822/180>, abgerufen am 29.07.2024.
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