das er oft bald als Venus, bald in anderer Gestalt malte, hat auch hier ihm zum Modell gedient, und das artige Kind sieht bei der blutigen Arbeit so ge- müthlich und unbefangen aus dem Bilde heraus, und führt den Hammer mit einem solchen Gleichmuth, als klopfe sie Nüsse auf.
Das große Altargemälde in der Hauptkirche zu Weimar ist ohnstreitig eine der größten so wie der vorzüglichsten Arbeiten Lukas Kranachs. Die Mitteltafel desselben hat eilf Fuß sechs Zoll Höhe, bei einer Breite von neun Fuß und eilf Zoll, und die beiden dazu gehörigen Seitentafeln sind bei näm- licher Höhe halb so breit. Jn der Mitte der Haupttafel sehen wir den Heiland am Kreuze, nicht unedel dargestellt, wenn gleich etwas hager, be- sonders an den Armen. Dicht neben dem Krucifix, zur Rechten desselben, erblicken wir ihn noch einmal ganz in Lebensgröße, als auferstandnen Sieger über Tod und Teufel, die unter seinem Fuße sich kraftlos winden, indem er sie mit der strahlenden Lanze von Kristall vollends vernichtet. Diese Figur ist weit vorzüglicher als der Gekreuzigte, besonders
das er oft bald als Venus, bald in anderer Geſtalt malte, hat auch hier ihm zum Modell gedient, und das artige Kind ſieht bei der blutigen Arbeit ſo ge- müthlich und unbefangen aus dem Bilde heraus, und führt den Hammer mit einem ſolchen Gleichmuth, als klopfe ſie Nüſſe auf.
Das große Altargemälde in der Hauptkirche zu Weimar iſt ohnſtreitig eine der größten ſo wie der vorzüglichſten Arbeiten Lukas Kranachs. Die Mitteltafel deſſelben hat eilf Fuß ſechs Zoll Höhe, bei einer Breite von neun Fuß und eilf Zoll, und die beiden dazu gehörigen Seitentafeln ſind bei näm- licher Höhe halb ſo breit. Jn der Mitte der Haupttafel ſehen wir den Heiland am Kreuze, nicht unedel dargeſtellt, wenn gleich etwas hager, be- ſonders an den Armen. Dicht neben dem Krucifix, zur Rechten deſſelben, erblicken wir ihn noch einmal ganz in Lebensgröße, als auferſtandnen Sieger über Tod und Teufel, die unter ſeinem Fuße ſich kraftlos winden, indem er ſie mit der ſtrahlenden Lanze von Kriſtall vollends vernichtet. Dieſe Figur iſt weit vorzüglicher als der Gekreuzigte, beſonders
<TEI><text><body><divn="1"><p><pbfacs="#f0135"n="125"/>
das er oft bald als Venus, bald in anderer Geſtalt<lb/>
malte, hat auch hier ihm zum Modell gedient, und<lb/>
das artige Kind ſieht bei der blutigen Arbeit ſo ge-<lb/>
müthlich und unbefangen aus dem Bilde heraus, und<lb/>
führt den Hammer mit einem ſolchen Gleichmuth,<lb/>
als klopfe ſie Nüſſe auf.</p><lb/><p>Das große Altargemälde in der Hauptkirche<lb/>
zu Weimar iſt ohnſtreitig eine der größten ſo wie<lb/>
der vorzüglichſten Arbeiten Lukas Kranachs. Die<lb/>
Mitteltafel deſſelben hat eilf Fuß ſechs Zoll Höhe,<lb/>
bei einer Breite von neun Fuß und eilf Zoll, und<lb/>
die beiden dazu gehörigen Seitentafeln ſind bei näm-<lb/>
licher Höhe halb ſo breit. Jn der Mitte der<lb/>
Haupttafel ſehen wir den Heiland am Kreuze, nicht<lb/>
unedel dargeſtellt, wenn gleich etwas hager, be-<lb/>ſonders an den Armen. Dicht neben dem Krucifix,<lb/>
zur Rechten deſſelben, erblicken wir ihn noch einmal<lb/>
ganz in Lebensgröße, als auferſtandnen Sieger<lb/>
über Tod und Teufel, die unter ſeinem Fuße ſich<lb/>
kraftlos winden, indem er ſie mit der ſtrahlenden<lb/>
Lanze von Kriſtall vollends vernichtet. Dieſe Figur<lb/>
iſt weit vorzüglicher als der Gekreuzigte, beſonders<lb/></p></div></body></text></TEI>
[125/0135]
das er oft bald als Venus, bald in anderer Geſtalt
malte, hat auch hier ihm zum Modell gedient, und
das artige Kind ſieht bei der blutigen Arbeit ſo ge-
müthlich und unbefangen aus dem Bilde heraus, und
führt den Hammer mit einem ſolchen Gleichmuth,
als klopfe ſie Nüſſe auf.
Das große Altargemälde in der Hauptkirche
zu Weimar iſt ohnſtreitig eine der größten ſo wie
der vorzüglichſten Arbeiten Lukas Kranachs. Die
Mitteltafel deſſelben hat eilf Fuß ſechs Zoll Höhe,
bei einer Breite von neun Fuß und eilf Zoll, und
die beiden dazu gehörigen Seitentafeln ſind bei näm-
licher Höhe halb ſo breit. Jn der Mitte der
Haupttafel ſehen wir den Heiland am Kreuze, nicht
unedel dargeſtellt, wenn gleich etwas hager, be-
ſonders an den Armen. Dicht neben dem Krucifix,
zur Rechten deſſelben, erblicken wir ihn noch einmal
ganz in Lebensgröße, als auferſtandnen Sieger
über Tod und Teufel, die unter ſeinem Fuße ſich
kraftlos winden, indem er ſie mit der ſtrahlenden
Lanze von Kriſtall vollends vernichtet. Dieſe Figur
iſt weit vorzüglicher als der Gekreuzigte, beſonders
Informationen zur CAB-Ansicht
Diese Ansicht bietet Ihnen die Darstellung des Textes in normalisierter Orthographie.
Diese Textvariante wird vollautomatisch erstellt und kann aufgrund dessen auch Fehler enthalten.
Alle veränderten Wortformen sind grau hinterlegt. Als fremdsprachliches Material erkannte
Textteile sind ausgegraut dargestellt.
Schopenhauer, Johanna: Johann van Eyck und seine Nachfolger. Bd. 2. Frankfurt (Main), 1822, S. 125. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/schopenhauer_eyck02_1822/135>, abgerufen am 16.02.2025.
Alle Inhalte dieser Seite unterstehen, soweit nicht anders gekennzeichnet, einer
Creative-Commons-Lizenz.
Die Rechte an den angezeigten Bilddigitalisaten, soweit nicht anders gekennzeichnet, liegen bei den besitzenden Bibliotheken.
Weitere Informationen finden Sie in den DTA-Nutzungsbedingungen.
Insbesondere im Hinblick auf die §§ 86a StGB und 130 StGB wird festgestellt, dass die auf
diesen Seiten abgebildeten Inhalte weder in irgendeiner Form propagandistischen Zwecken
dienen, oder Werbung für verbotene Organisationen oder Vereinigungen darstellen, oder
nationalsozialistische Verbrechen leugnen oder verharmlosen, noch zum Zwecke der
Herabwürdigung der Menschenwürde gezeigt werden.
Die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte (in Wort und Bild) dienen im Sinne des
§ 86 StGB Abs. 3 ausschließlich historischen, sozial- oder kulturwissenschaftlichen
Forschungszwecken. Ihre Veröffentlichung erfolgt in der Absicht, Wissen zur Anregung
der intellektuellen Selbstständigkeit und Verantwortungsbereitschaft des Staatsbürgers zu
vermitteln und damit der Förderung seiner Mündigkeit zu dienen.
2007–2025 Deutsches Textarchiv, Berlin-Brandenburgische Akademie der Wissenschaften
(Kontakt).
Zitierempfehlung: Deutsches Textarchiv. Grundlage für ein Referenzkorpus der neuhochdeutschen Sprache. Herausgegeben von der Berlin-Brandenburgischen Akademie der Wissenschaften, Berlin 2025. URL: https://www.deutschestextarchiv.de/.