wegzuziehen und sie in ihrer ursprünglichen Pracht und Reinheit wieder herzustellen.
Jm Jahr 1420, gerade zur Zeit da des Johann van Eyck Geist und Talent am herrlichsten sich entfalteten, kam Philipp der Gütige als Herzog von Burgund und Graf von Flandern zur Regierung. Abwechselnd hielt er seinen glänzenden Hof in den einander nah gelegnen Städten, in Gent und in Brügge, wo der berühmte Name der Brüder van Eyck bald bis zu ihm dringen mußte. Er lernte sie und ihre Werke kennen, und diese sowohl als ihre Persönlichkeit erwarben ihnen Achtung und Wohlwollen des kunstliebenden Fürsten. Hubert, der damals schon mit starken Schritten sich dem Greisenalter nahte, erhielt bei näherer Bekannt- schaft jede ehrende Auszeichnung seines Herzogs, die ein so bedeutender Künstler nur immer verdienen und erwarten mochte; doch die Anmuth der Sitten des noch jugendlichen Johannes gewann das Herz Philipps des Gütigen, die Offenheit und Milde seines Charackters fesselten den ihm gleichgesinnten Fürsten mit jedem Tage mehr, und die auch ohne
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wegzuziehen und ſie in ihrer urſprünglichen Pracht und Reinheit wieder herzuſtellen.
Jm Jahr 1420, gerade zur Zeit da des Johann van Eyck Geiſt und Talent am herrlichſten ſich entfalteten, kam Philipp der Gütige als Herzog von Burgund und Graf von Flandern zur Regierung. Abwechſelnd hielt er ſeinen glänzenden Hof in den einander nah gelegnen Städten, in Gent und in Brügge, wo der berühmte Name der Brüder van Eyck bald bis zu ihm dringen mußte. Er lernte ſie und ihre Werke kennen, und dieſe ſowohl als ihre Perſönlichkeit erwarben ihnen Achtung und Wohlwollen des kunſtliebenden Fürſten. Hubert, der damals ſchon mit ſtarken Schritten ſich dem Greiſenalter nahte, erhielt bei näherer Bekannt- ſchaft jede ehrende Auszeichnung ſeines Herzogs, die ein ſo bedeutender Künſtler nur immer verdienen und erwarten mochte; doch die Anmuth der Sitten des noch jugendlichen Johannes gewann das Herz Philipps des Gütigen, die Offenheit und Milde ſeines Charackters feſſelten den ihm gleichgeſinnten Fürſten mit jedem Tage mehr, und die auch ohne
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wegzuziehen und ſie in ihrer urſprünglichen Pracht
und Reinheit wieder herzuſtellen.
Jm Jahr 1420, gerade zur Zeit da des
Johann van Eyck Geiſt und Talent am herrlichſten
ſich entfalteten, kam Philipp der Gütige als Herzog
von Burgund und Graf von Flandern zur Regierung.
Abwechſelnd hielt er ſeinen glänzenden Hof in den
einander nah gelegnen Städten, in Gent und in
Brügge, wo der berühmte Name der Brüder van
Eyck bald bis zu ihm dringen mußte. Er lernte
ſie und ihre Werke kennen, und dieſe ſowohl als
ihre Perſönlichkeit erwarben ihnen Achtung und
Wohlwollen des kunſtliebenden Fürſten. Hubert,
der damals ſchon mit ſtarken Schritten ſich dem
Greiſenalter nahte, erhielt bei näherer Bekannt-
ſchaft jede ehrende Auszeichnung ſeines Herzogs,
die ein ſo bedeutender Künſtler nur immer verdienen
und erwarten mochte; doch die Anmuth der Sitten
des noch jugendlichen Johannes gewann das Herz
Philipps des Gütigen, die Offenheit und Milde
ſeines Charackters feſſelten den ihm gleichgeſinnten
Fürſten mit jedem Tage mehr, und die auch ohne
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Schopenhauer, Johanna: Johann van Eyck und seine Nachfolger. Bd. 1. Frankfurt (Main), 1822, S. 49. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/schopenhauer_eyck01_1822/61>, abgerufen am 06.07.2024.
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