vorgeschwebt hatte. Die Farben ließen sich, mit Öl bereitet, weit besser behandeln und vertreiben, sie gewannen unendlich an Lebhaftigkeit, ihr natür- licher Glanz machte jeden Firniß überflüssig, und die Dauerhaftigkeit der auf diese Weise gemalten Tafeln widerstand dem Wasser und den heftigsten Erschütterungen.
So ward Johann van Eyck, der zuerst die Luft- und Linienperspective entdeckte, jezt auch der Erfinder der Ölmalerei. Die Zeit in der dieses geschah, wird gewöhnlich um das Jahr 1410 an- genommen, doch ist dieß nur eine Vermuthung ohne besondern Grund.
Johann van Eyck sowohl als Hubert hielten diese Erfindung in der Folge fortwährend sehr geheim; keiner ihrer Schüler durfte die Art der Bereitung der Farben erfahren, die Meister arbei- teten nur bei verschloßnen Thüren; niemand betrat ihre Werkstatt, aus der von nun an Gemälde her- vorgingen, welche die Welt in immer neues höheres Erstaunen versetzten; um so mehr, da sie in tech- nischer Hinsicht von allen vorhergesehenen abwichen,
vorgeſchwebt hatte. Die Farben ließen ſich, mit Öl bereitet, weit beſſer behandeln und vertreiben, ſie gewannen unendlich an Lebhaftigkeit, ihr natür- licher Glanz machte jeden Firniß überflüſſig, und die Dauerhaftigkeit der auf dieſe Weiſe gemalten Tafeln widerſtand dem Waſſer und den heftigſten Erſchütterungen.
So ward Johann van Eyck, der zuerſt die Luft- und Linienperſpective entdeckte, jezt auch der Erfinder der Ölmalerei. Die Zeit in der dieſes geſchah, wird gewöhnlich um das Jahr 1410 an- genommen, doch iſt dieß nur eine Vermuthung ohne beſondern Grund.
Johann van Eyck ſowohl als Hubert hielten dieſe Erfindung in der Folge fortwährend ſehr geheim; keiner ihrer Schüler durfte die Art der Bereitung der Farben erfahren, die Meiſter arbei- teten nur bei verſchloßnen Thüren; niemand betrat ihre Werkſtatt, aus der von nun an Gemälde her- vorgingen, welche die Welt in immer neues höheres Erſtaunen verſetzten; um ſo mehr, da ſie in tech- niſcher Hinſicht von allen vorhergeſehenen abwichen,
<TEI><text><body><divn="1"><p><pbfacs="#f0059"n="47"/><lb/>
vorgeſchwebt hatte. Die Farben ließen ſich, mit<lb/>
Öl bereitet, weit beſſer behandeln und vertreiben,<lb/>ſie gewannen unendlich an Lebhaftigkeit, ihr natür-<lb/>
licher Glanz machte jeden Firniß überflüſſig, und<lb/>
die Dauerhaftigkeit der auf dieſe Weiſe gemalten<lb/>
Tafeln widerſtand dem Waſſer und den heftigſten<lb/>
Erſchütterungen.</p><lb/><p>So ward Johann van Eyck, der zuerſt die<lb/>
Luft- und Linienperſpective entdeckte, jezt auch der<lb/>
Erfinder der Ölmalerei. Die Zeit in der dieſes<lb/>
geſchah, wird gewöhnlich um das Jahr 1410 an-<lb/>
genommen, doch iſt dieß nur eine Vermuthung<lb/>
ohne beſondern Grund.</p><lb/><p>Johann van Eyck ſowohl als Hubert hielten<lb/>
dieſe Erfindung in der Folge fortwährend ſehr<lb/>
geheim; keiner ihrer Schüler durfte die Art der<lb/>
Bereitung der Farben erfahren, die Meiſter arbei-<lb/>
teten nur bei verſchloßnen Thüren; niemand betrat<lb/>
ihre Werkſtatt, aus der von nun an Gemälde her-<lb/>
vorgingen, welche die Welt in immer neues höheres<lb/>
Erſtaunen verſetzten; um ſo mehr, da ſie in tech-<lb/>
niſcher Hinſicht von allen vorhergeſehenen abwichen,<lb/></p></div></body></text></TEI>
[47/0059]
vorgeſchwebt hatte. Die Farben ließen ſich, mit
Öl bereitet, weit beſſer behandeln und vertreiben,
ſie gewannen unendlich an Lebhaftigkeit, ihr natür-
licher Glanz machte jeden Firniß überflüſſig, und
die Dauerhaftigkeit der auf dieſe Weiſe gemalten
Tafeln widerſtand dem Waſſer und den heftigſten
Erſchütterungen.
So ward Johann van Eyck, der zuerſt die
Luft- und Linienperſpective entdeckte, jezt auch der
Erfinder der Ölmalerei. Die Zeit in der dieſes
geſchah, wird gewöhnlich um das Jahr 1410 an-
genommen, doch iſt dieß nur eine Vermuthung
ohne beſondern Grund.
Johann van Eyck ſowohl als Hubert hielten
dieſe Erfindung in der Folge fortwährend ſehr
geheim; keiner ihrer Schüler durfte die Art der
Bereitung der Farben erfahren, die Meiſter arbei-
teten nur bei verſchloßnen Thüren; niemand betrat
ihre Werkſtatt, aus der von nun an Gemälde her-
vorgingen, welche die Welt in immer neues höheres
Erſtaunen verſetzten; um ſo mehr, da ſie in tech-
niſcher Hinſicht von allen vorhergeſehenen abwichen,
Informationen zur CAB-Ansicht
Diese Ansicht bietet Ihnen die Darstellung des Textes in normalisierter Orthographie.
Diese Textvariante wird vollautomatisch erstellt und kann aufgrund dessen auch Fehler enthalten.
Alle veränderten Wortformen sind grau hinterlegt. Als fremdsprachliches Material erkannte
Textteile sind ausgegraut dargestellt.
Schopenhauer, Johanna: Johann van Eyck und seine Nachfolger. Bd. 1. Frankfurt (Main), 1822, S. 47. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/schopenhauer_eyck01_1822/59>, abgerufen am 24.11.2024.
Alle Inhalte dieser Seite unterstehen, soweit nicht anders gekennzeichnet, einer
Creative-Commons-Lizenz.
Die Rechte an den angezeigten Bilddigitalisaten, soweit nicht anders gekennzeichnet, liegen bei den besitzenden Bibliotheken.
Weitere Informationen finden Sie in den DTA-Nutzungsbedingungen.
Insbesondere im Hinblick auf die §§ 86a StGB und 130 StGB wird festgestellt, dass die auf
diesen Seiten abgebildeten Inhalte weder in irgendeiner Form propagandistischen Zwecken
dienen, oder Werbung für verbotene Organisationen oder Vereinigungen darstellen, oder
nationalsozialistische Verbrechen leugnen oder verharmlosen, noch zum Zwecke der
Herabwürdigung der Menschenwürde gezeigt werden.
Die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte (in Wort und Bild) dienen im Sinne des
§ 86 StGB Abs. 3 ausschließlich historischen, sozial- oder kulturwissenschaftlichen
Forschungszwecken. Ihre Veröffentlichung erfolgt in der Absicht, Wissen zur Anregung
der intellektuellen Selbstständigkeit und Verantwortungsbereitschaft des Staatsbürgers zu
vermitteln und damit der Förderung seiner Mündigkeit zu dienen.
Zitierempfehlung: Deutsches Textarchiv. Grundlage für ein Referenzkorpus der neuhochdeutschen Sprache. Herausgegeben von der Berlin-Brandenburgischen Akademie der Wissenschaften, Berlin 2024. URL: https://www.deutschestextarchiv.de/.