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Schopenhauer, Johanna: Johann van Eyck und seine Nachfolger. Bd. 1. Frankfurt (Main), 1822.

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gen geleitet, seinen wunderbaren Christus malte.
Für diesen Beweis nämlich mußte ich einen Christus-
kopf ansehen, den ich dort fand mit folgender Unter-
schrift. Johes de eyk me fecit et apleivit anno
1438. 31. Jannary ALE. IXH. XAN. Primus
et Novissimo.

Dieser Kopf, der auch ohne die Unterschrift
für eines der Meisterwerke Johann van Eycks gelten
müßte, schien mir jenem von Hemling so durchaus
ähnlich, daß ich ihn für den nämlichen gehalten
hätte, ohne die Kruste von Kerzendampf und
Staub, welcher ihn noch verdunkelt, da hingegen
der, welchen die Herren Boisseree besitzen, von
allen jenen Unbilden befreit, in blendender Frische
der Farben stralt, als käme er eben von der
Staffelei. Wahrscheinlich würde sich mancher Unter-
schied zwischen beiden Gemälden entdecken lassen,
wäre es möglich sie neben einander zu stellen, doch
so dünkte mir die Ähnlichkeit täuschend, nur daß
mir das Berliner Gemälde bei genauer Betrachtung
minder groß vorkam als das der Boissereeschen
Sammlung. Jedes dieser Gemälde ist zu vortreff-


gen geleitet, ſeinen wunderbaren Chriſtus malte.
Für dieſen Beweis nämlich mußte ich einen Chriſtus-
kopf anſehen, den ich dort fand mit folgender Unter-
ſchrift. Johes de eyk me fecit et apleivit anno
1438. 31. Jannary AΛE. IXH. XAN. Primus
et Novissimo.

Dieſer Kopf, der auch ohne die Unterſchrift
für eines der Meiſterwerke Johann van Eycks gelten
müßte, ſchien mir jenem von Hemling ſo durchaus
ähnlich, daß ich ihn für den nämlichen gehalten
hätte, ohne die Kruſte von Kerzendampf und
Staub, welcher ihn noch verdunkelt, da hingegen
der, welchen die Herren Boiſſerée beſitzen, von
allen jenen Unbilden befreit, in blendender Friſche
der Farben ſtralt, als käme er eben von der
Staffelei. Wahrſcheinlich würde ſich mancher Unter-
ſchied zwiſchen beiden Gemälden entdecken laſſen,
wäre es möglich ſie neben einander zu ſtellen, doch
ſo dünkte mir die Ähnlichkeit täuſchend, nur daß
mir das Berliner Gemälde bei genauer Betrachtung
minder groß vorkam als das der Boiſſeréeſchen
Sammlung. Jedes dieſer Gemälde iſt zu vortreff-

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[192/0204] gen geleitet, ſeinen wunderbaren Chriſtus malte. Für dieſen Beweis nämlich mußte ich einen Chriſtus- kopf anſehen, den ich dort fand mit folgender Unter- ſchrift. Johes de eyk me fecit et apleivit anno 1438. 31. Jannary AΛE. IXH. XAN. Primus et Novissimo. Dieſer Kopf, der auch ohne die Unterſchrift für eines der Meiſterwerke Johann van Eycks gelten müßte, ſchien mir jenem von Hemling ſo durchaus ähnlich, daß ich ihn für den nämlichen gehalten hätte, ohne die Kruſte von Kerzendampf und Staub, welcher ihn noch verdunkelt, da hingegen der, welchen die Herren Boiſſerée beſitzen, von allen jenen Unbilden befreit, in blendender Friſche der Farben ſtralt, als käme er eben von der Staffelei. Wahrſcheinlich würde ſich mancher Unter- ſchied zwiſchen beiden Gemälden entdecken laſſen, wäre es möglich ſie neben einander zu ſtellen, doch ſo dünkte mir die Ähnlichkeit täuſchend, nur daß mir das Berliner Gemälde bei genauer Betrachtung minder groß vorkam als das der Boiſſeréeſchen Sammlung. Jedes dieſer Gemälde iſt zu vortreff-

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Zitationshilfe: Schopenhauer, Johanna: Johann van Eyck und seine Nachfolger. Bd. 1. Frankfurt (Main), 1822, S. 192. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/schopenhauer_eyck01_1822/204>, abgerufen am 29.03.2024.