Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Schönaich, Christoph Otto von: Die ganze Aesthetik in einer Nuß, oder Neologisches Wörterbuch. [Breslau], 1754.

Bild:
<< vorherige Seite
Bl
"aus machet. Es giebt Erweiterer, welche die
"glückliche Gabe besitzen, ein halb Dutzend ge-
"ringer und schlechter Gedanken so auszudehnen,
"daß daraus ein ganzer Foliant wird."

So
Swift. Antilongin 55 S.
Unter den Erwei-
terern
aus neuen Zeiten verdienet den ersten Rang
mit seinem Octavbändchen auf der Dichterbank der
Wohlgebohrne und gelehrte Hr. von Haller.
Dieser göttliche und kaum für einen Menschen ge-
haltene Mann, dieser eingefleischte Seraph sa-
get unter andern:

Sein Leib verfällt in Staub; sein Blut ver-
fliegt in Rauch:

So stirbt ein großer Mann; so sterben Vieher
auch. 39 S.

Ob das Blut in Rauch verflieget, das überlasse
ich den Phisikverständigen zu erläutern. Jch be-
gnüge mich, die Redensart, in Staub verfallen,
a. St. wie Staub zerfallen, und die mehrere
Zahl
von Vieh zu bewundern. So sterben Och-
sen
oder Esel auch, wäre freylich niedrig. Wir
haben Ursache, ihm zu danken, daß er uns Mittel
gewiesen, eine mehrere Zahl zu machen, wo keine
ist. Sonst wärmte man nur Suppen auf.
Allein siehe! wie der große Mann eine Küchenre-
densart auf den Parnaß erhebet. Glieder läßt
er, welche Glieder? aufwärmen:

Der Wollust sanfte Glut wärmt ihre Glieder
auf; e. d. a. e. d. S.

Noch
E
Bl
“aus machet. Es giebt Erweiterer, welche die
“gluͤckliche Gabe beſitzen, ein halb Dutzend ge-
“ringer und ſchlechter Gedanken ſo auszudehnen,
“daß daraus ein ganzer Foliant wird.”

So
Swift. Antilongin 55 S.
Unter den Erwei-
terern
aus neuen Zeiten verdienet den erſten Rang
mit ſeinem Octavbaͤndchen auf der Dichterbank der
Wohlgebohrne und gelehrte Hr. von Haller.
Dieſer goͤttliche und kaum fuͤr einen Menſchen ge-
haltene Mann, dieſer eingefleiſchte Seraph ſa-
get unter andern:

Sein Leib verfaͤllt in Staub; ſein Blut ver-
fliegt in Rauch:

So ſtirbt ein großer Mann; ſo ſterben Vieher
auch. 39 S.

Ob das Blut in Rauch verflieget, das uͤberlaſſe
ich den Phiſikverſtaͤndigen zu erlaͤutern. Jch be-
gnuͤge mich, die Redensart, in Staub verfallen,
a. St. wie Staub zerfallen, und die mehrere
Zahl
von Vieh zu bewundern. So ſterben Och-
ſen
oder Eſel auch, waͤre freylich niedrig. Wir
haben Urſache, ihm zu danken, daß er uns Mittel
gewieſen, eine mehrere Zahl zu machen, wo keine
iſt. Sonſt waͤrmte man nur Suppen auf.
Allein ſiehe! wie der große Mann eine Kuͤchenre-
densart auf den Parnaß erhebet. Glieder laͤßt
er, welche Glieder? aufwaͤrmen:

Der Wolluſt ſanfte Glut waͤrmt ihre Glieder
auf; e. d. a. e. d. S.

Noch
E
<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <div n="2">
          <div n="3">
            <cit>
              <quote><pb facs="#f0091" n="65"/><fw place="top" type="header">Bl</fw><lb/>
&#x201C;aus machet. Es giebt Erweiterer, welche die<lb/>
&#x201C;glu&#x0364;ckliche Gabe be&#x017F;itzen, ein halb Dutzend ge-<lb/>
&#x201C;ringer und &#x017F;chlechter Gedanken &#x017F;o auszudehnen,<lb/>
&#x201C;daß daraus ein ganzer <hi rendition="#fr">Foliant</hi> wird.&#x201D;</quote>
              <bibl/>
            </cit>
            <p><hi rendition="#fr">So<lb/>
Swift. Antilongin 55 S.</hi> Unter den <hi rendition="#fr">Erwei-<lb/>
terern</hi> aus neuen Zeiten verdienet den er&#x017F;ten Rang<lb/>
mit &#x017F;einem Octavba&#x0364;ndchen auf der Dichterbank der<lb/><hi rendition="#fr">Wohlgebohrne</hi> und gelehrte Hr. von <hi rendition="#fr">Haller.</hi><lb/>
Die&#x017F;er go&#x0364;ttliche und kaum fu&#x0364;r einen Men&#x017F;chen ge-<lb/>
haltene Mann, die&#x017F;er <hi rendition="#fr">eingeflei&#x017F;chte Seraph</hi> &#x017F;a-<lb/>
get unter andern:</p><lb/>
            <cit>
              <quote>Sein Leib <hi rendition="#fr">verfa&#x0364;llt in Staub;</hi> &#x017F;ein <hi rendition="#fr">Blut ver-<lb/><hi rendition="#et">fliegt in Rauch:</hi></hi><lb/>
So &#x017F;tirbt ein großer Mann; &#x017F;o &#x017F;terben <hi rendition="#fr">Vieher</hi><lb/><hi rendition="#et">auch. 39 <hi rendition="#fr">S.</hi></hi></quote>
              <bibl/>
            </cit><lb/>
            <p>Ob das <hi rendition="#fr">Blut</hi> in <hi rendition="#fr">Rauch verflieget,</hi> das u&#x0364;berla&#x017F;&#x017F;e<lb/>
ich den Phi&#x017F;ikver&#x017F;ta&#x0364;ndigen zu erla&#x0364;utern. Jch be-<lb/>
gnu&#x0364;ge mich, die Redensart, <hi rendition="#fr">in Staub verfallen,</hi><lb/>
a. St. <hi rendition="#fr">wie Staub zerfallen,</hi> und die <hi rendition="#fr">mehrere<lb/>
Zahl</hi> von <hi rendition="#fr">Vieh</hi> zu bewundern. So &#x017F;terben <hi rendition="#fr">Och-<lb/>
&#x017F;en</hi> oder <hi rendition="#fr">E&#x017F;el</hi> auch, wa&#x0364;re freylich niedrig. Wir<lb/>
haben Ur&#x017F;ache, ihm zu danken, daß er uns Mittel<lb/>
gewie&#x017F;en, eine <hi rendition="#fr">mehrere Zahl</hi> zu machen, wo keine<lb/>
i&#x017F;t. Son&#x017F;t <hi rendition="#fr">wa&#x0364;rmte</hi> man nur <hi rendition="#fr">Suppen auf.</hi><lb/>
Allein &#x017F;iehe! wie der große Mann eine Ku&#x0364;chenre-<lb/>
densart auf den Parnaß erhebet. <hi rendition="#fr">Glieder</hi> la&#x0364;ßt<lb/>
er, <hi rendition="#fr">welche Glieder? aufwa&#x0364;rmen:</hi></p><lb/>
            <cit>
              <quote>Der Wollu&#x017F;t &#x017F;anfte Glut <hi rendition="#fr">wa&#x0364;rmt ihre Glieder<lb/><hi rendition="#et">auf; e. d. a. e. d. S.</hi></hi><lb/>
<fw place="bottom" type="sig">E</fw><fw place="bottom" type="catch"><hi rendition="#fr">Noch</hi></fw><lb/></quote>
            </cit>
          </div>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[65/0091] Bl “aus machet. Es giebt Erweiterer, welche die “gluͤckliche Gabe beſitzen, ein halb Dutzend ge- “ringer und ſchlechter Gedanken ſo auszudehnen, “daß daraus ein ganzer Foliant wird.” So Swift. Antilongin 55 S. Unter den Erwei- terern aus neuen Zeiten verdienet den erſten Rang mit ſeinem Octavbaͤndchen auf der Dichterbank der Wohlgebohrne und gelehrte Hr. von Haller. Dieſer goͤttliche und kaum fuͤr einen Menſchen ge- haltene Mann, dieſer eingefleiſchte Seraph ſa- get unter andern: Sein Leib verfaͤllt in Staub; ſein Blut ver- fliegt in Rauch: So ſtirbt ein großer Mann; ſo ſterben Vieher auch. 39 S. Ob das Blut in Rauch verflieget, das uͤberlaſſe ich den Phiſikverſtaͤndigen zu erlaͤutern. Jch be- gnuͤge mich, die Redensart, in Staub verfallen, a. St. wie Staub zerfallen, und die mehrere Zahl von Vieh zu bewundern. So ſterben Och- ſen oder Eſel auch, waͤre freylich niedrig. Wir haben Urſache, ihm zu danken, daß er uns Mittel gewieſen, eine mehrere Zahl zu machen, wo keine iſt. Sonſt waͤrmte man nur Suppen auf. Allein ſiehe! wie der große Mann eine Kuͤchenre- densart auf den Parnaß erhebet. Glieder laͤßt er, welche Glieder? aufwaͤrmen: Der Wolluſt ſanfte Glut waͤrmt ihre Glieder auf; e. d. a. e. d. S. Noch E

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/schoenaich_aesthetik_1754
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/schoenaich_aesthetik_1754/91
Zitationshilfe: Schönaich, Christoph Otto von: Die ganze Aesthetik in einer Nuß, oder Neologisches Wörterbuch. [Breslau], 1754, S. 65. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/schoenaich_aesthetik_1754/91>, abgerufen am 22.11.2024.