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Schönaich, Christoph Otto von: Die ganze Aesthetik in einer Nuß, oder Neologisches Wörterbuch. [Breslau], 1754.

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aufgeleget worden etc. Jch beneide sie wegen des un-
rechten Gebrauchs dieses Wortes nicht. Den sinnrei-
chen Kanzelrednern,
den Schöpfern ebentheu-
erlicher Wortverbindungen,
haben wir die zier-
lichste Anwendung dieses Wortes zu verdanken.
Der unverständige Haufe hat ja immer gesagt und
geschrieben: Der Mensch ist zur Glückseligkeit er-
schaffen worden. Was kann man hierbey denken?
Wenig! Auch die kleinen Kinder lernen von ih-
ren Schulmeistern, daß sie sind erschaffen worden.
Daß sie aber sind aufgeleget, ja zur allerseligsten
Glückseligkeit sind aufgeleget worden,
wissen
sie noch nicht. Sie brauchen es auch nicht zu wis-
sen: denn sie sind zu unverständig, die Stufen
dieser Vergleichung auszuspähen. Leute, die
mit den Pressen zu thun haben, können dabey ein
mehres gedenken. Diese verstehen den Redner,
wenn er seine Predigt mit den Worten anfängt:

Daß der Mensch zur allerseligsten Glückse-
ligkeit sey aufgeleget worden, wird nie-
mand leugnen können. Buttst.

Mögen doch andere Leute nicht wissen, was der
Redner haben will. Eine allgemeine Deutlichkeit
muß man niemanden anmuthen. Man prediget
eben nicht für alle Zuhörer. Ja, mancher Redner
prediget um sein selbst willen: denn was wären
sonst die häufigen Anführungen des Grundtextes,
der heiligen Väter, der Rabbinen, des Gro-
tius, Marshams, Spencers, Clericus,
Hammonds
und Buxtorfs, des Lundius und
Ligtfots nöthig?

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aufgeleget worden ꝛc. Jch beneide ſie wegen des un-
rechten Gebrauchs dieſes Wortes nicht. Den ſinnrei-
chen Kanzelrednern,
den Schoͤpfern ebentheu-
erlicher Wortverbindungen,
haben wir die zier-
lichſte Anwendung dieſes Wortes zu verdanken.
Der unverſtaͤndige Haufe hat ja immer geſagt und
geſchrieben: Der Menſch iſt zur Gluͤckſeligkeit er-
ſchaffen worden. Was kann man hierbey denken?
Wenig! Auch die kleinen Kinder lernen von ih-
ren Schulmeiſtern, daß ſie ſind erſchaffen worden.
Daß ſie aber ſind aufgeleget, ja zur allerſeligſten
Gluͤckſeligkeit ſind aufgeleget worden,
wiſſen
ſie noch nicht. Sie brauchen es auch nicht zu wiſ-
ſen: denn ſie ſind zu unverſtaͤndig, die Stufen
dieſer Vergleichung auszuſpaͤhen. Leute, die
mit den Preſſen zu thun haben, koͤnnen dabey ein
mehres gedenken. Dieſe verſtehen den Redner,
wenn er ſeine Predigt mit den Worten anfaͤngt:

Daß der Menſch zur allerſeligſten Gluͤckſe-
ligkeit ſey aufgeleget worden, wird nie-
mand leugnen koͤnnen. Buttſt.

Moͤgen doch andere Leute nicht wiſſen, was der
Redner haben will. Eine allgemeine Deutlichkeit
muß man niemanden anmuthen. Man prediget
eben nicht fuͤr alle Zuhoͤrer. Ja, mancher Redner
prediget um ſein ſelbſt willen: denn was waͤren
ſonſt die haͤufigen Anfuͤhrungen des Grundtextes,
der heiligen Vaͤter, der Rabbinen, des Gro-
tius, Marshams, Spencers, Clericus,
Hammonds
und Buxtorfs, des Lundius und
Ligtfots noͤthig?

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[23/0049] Au aufgeleget worden ꝛc. Jch beneide ſie wegen des un- rechten Gebrauchs dieſes Wortes nicht. Den ſinnrei- chen Kanzelrednern, den Schoͤpfern ebentheu- erlicher Wortverbindungen, haben wir die zier- lichſte Anwendung dieſes Wortes zu verdanken. Der unverſtaͤndige Haufe hat ja immer geſagt und geſchrieben: Der Menſch iſt zur Gluͤckſeligkeit er- ſchaffen worden. Was kann man hierbey denken? Wenig! Auch die kleinen Kinder lernen von ih- ren Schulmeiſtern, daß ſie ſind erſchaffen worden. Daß ſie aber ſind aufgeleget, ja zur allerſeligſten Gluͤckſeligkeit ſind aufgeleget worden, wiſſen ſie noch nicht. Sie brauchen es auch nicht zu wiſ- ſen: denn ſie ſind zu unverſtaͤndig, die Stufen dieſer Vergleichung auszuſpaͤhen. Leute, die mit den Preſſen zu thun haben, koͤnnen dabey ein mehres gedenken. Dieſe verſtehen den Redner, wenn er ſeine Predigt mit den Worten anfaͤngt: Daß der Menſch zur allerſeligſten Gluͤckſe- ligkeit ſey aufgeleget worden, wird nie- mand leugnen koͤnnen. Buttſt. Moͤgen doch andere Leute nicht wiſſen, was der Redner haben will. Eine allgemeine Deutlichkeit muß man niemanden anmuthen. Man prediget eben nicht fuͤr alle Zuhoͤrer. Ja, mancher Redner prediget um ſein ſelbſt willen: denn was waͤren ſonſt die haͤufigen Anfuͤhrungen des Grundtextes, der heiligen Vaͤter, der Rabbinen, des Gro- tius, Marshams, Spencers, Clericus, Hammonds und Buxtorfs, des Lundius und Ligtfots noͤthig? Auf- B 4

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Zitationshilfe: Schönaich, Christoph Otto von: Die ganze Aesthetik in einer Nuß, oder Neologisches Wörterbuch. [Breslau], 1754, S. 23. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/schoenaich_aesthetik_1754/49>, abgerufen am 21.11.2024.