"Ach, stolze Sylvia, laß deinen Zorn sich wenden! "Jch will dir, wo du willst, auch wohl Ge- schenke senden; "Nicht etwa, die der Wald und unser Gar- ten hegt, "Nicht, wie das reife Feld ihn in die Scheu- ne legt: "Nein! sondern einen Putz mit Puder über- schlagen, "Wie in der Stadt itzund die Bürgertöchter tragen.
Mathilde sagte: sie wohne auf dem Lande; sey eine Schäferin; brauche also keinen Puder. Worauf er mit einem tiefen Seufzer versetzte, und den Strick zeigte:
"Doch, wo du auch hierdurch nicht zu bewe- gen bist: "So weis ich Aermster nicht, was weiter übrig ist, "Als daß ich meinen Rumpf an einen Eich- baum henke; "Vieleicht liebst du mich todt, weil ich dich le- bend kränke.
Ey! Ey! mein Sohn! sagte Rustefeil: ein sol- ches Verfahren ist zu gottlos für einen Schäfer. Du bist eine ehrliche Haut; aber in einer schlim- men Schule gewesen. Was machen da die Edel- steine auf dem Schäferhute? Das muß nicht seyn! Wir wollen nicht Hochzeit machen; son- dern den Tanz verschieben, und essen. "Mein
"Kind!
Sc
“Ach, ſtolze Sylvia, laß deinen Zorn ſich wenden! “Jch will dir, wo du willſt, auch wohl Ge- ſchenke ſenden; “Nicht etwa, die der Wald und unſer Gar- ten hegt, “Nicht, wie das reife Feld ihn in die Scheu- ne legt: “Nein! ſondern einen Putz mit Puder uͤber- ſchlagen, “Wie in der Stadt itzund die Buͤrgertoͤchter tragen.
Mathilde ſagte: ſie wohne auf dem Lande; ſey eine Schaͤferin; brauche alſo keinen Puder. Worauf er mit einem tiefen Seufzer verſetzte, und den Strick zeigte:
“Doch, wo du auch hierdurch nicht zu bewe- gen biſt: “So weis ich Aermſter nicht, was weiter uͤbrig iſt, “Als daß ich meinen Rumpf an einen Eich- baum henke; “Vieleicht liebſt du mich todt, weil ich dich le- bend kraͤnke.
Ey! Ey! mein Sohn! ſagte Ruſtefeil: ein ſol- ches Verfahren iſt zu gottlos fuͤr einen Schaͤfer. Du biſt eine ehrliche Haut; aber in einer ſchlim- men Schule geweſen. Was machen da die Edel- ſteine auf dem Schaͤferhute? Das muß nicht ſeyn! Wir wollen nicht Hochzeit machen; ſon- dern den Tanz verſchieben, und eſſen. “Mein
“Kind!
<TEI><text><body><divn="1"><divn="2"><divn="3"><divn="4"><pbfacs="#f0400"n="374"/><fwplace="top"type="header">Sc</fw><lb/><cit><quote><lgtype="poem"><l>“Ach, ſtolze Sylvia, laß deinen Zorn ſich</l><lb/><l><hirendition="#et">wenden!</hi></l><lb/><l>“Jch will dir, wo du willſt, auch wohl Ge-</l><lb/><l><hirendition="#et">ſchenke ſenden;</hi></l><lb/><l>“Nicht etwa, die der Wald und unſer Gar-</l><lb/><l><hirendition="#et">ten hegt,</hi></l><lb/><l>“Nicht, wie das reife Feld ihn in die Scheu-</l><lb/><l><hirendition="#et">ne legt:</hi></l><lb/><l><hirendition="#et">“Nein! ſondern einen Putz mit Puder uͤber-</hi></l><lb/><l><hirendition="#et">ſchlagen,</hi></l><lb/><l>“Wie in der Stadt itzund die Buͤrgertoͤchter</l><lb/><l><hirendition="#et">tragen.</hi></l></lg></quote><bibl/></cit><lb/><p><hirendition="#fr">Mathilde</hi>ſagte: ſie wohne auf dem Lande; ſey eine<lb/>
Schaͤferin; brauche alſo keinen <hirendition="#fr">Puder.</hi> Worauf<lb/>
er mit einem tiefen Seufzer verſetzte, und den<lb/><hirendition="#fr">Strick</hi> zeigte:</p><lb/><cit><quote><lgtype="poem"><l>“Doch, wo du auch hierdurch nicht zu bewe-</l><lb/><l><hirendition="#et">gen biſt:</hi></l><lb/><l>“So weis ich Aermſter nicht, was weiter</l><lb/><l><hirendition="#et">uͤbrig iſt,</hi></l><lb/><l>“Als daß ich meinen Rumpf an einen Eich-</l><lb/><l><hirendition="#et">baum henke;</hi></l><lb/><l>“Vieleicht liebſt du mich todt, weil ich dich le-</l><lb/><l><hirendition="#et">bend kraͤnke.</hi></l></lg></quote><bibl/></cit><lb/><p>Ey! Ey! mein Sohn! ſagte <hirendition="#fr">Ruſtefeil:</hi> ein ſol-<lb/>
ches Verfahren iſt zu gottlos fuͤr einen Schaͤfer.<lb/>
Du biſt eine ehrliche Haut; aber in einer <hirendition="#fr">ſchlim-<lb/>
men Schule</hi> geweſen. Was machen da die <hirendition="#fr">Edel-<lb/>ſteine</hi> auf dem <hirendition="#fr">Schaͤferhute?</hi> Das muß nicht<lb/>ſeyn! Wir wollen <hirendition="#fr">nicht Hochzeit machen;</hi>ſon-<lb/>
dern den <hirendition="#fr">Tanz verſchieben, und eſſen.</hi>“Mein<lb/><fwplace="bottom"type="catch">“Kind!</fw><lb/></p></div></div></div></div></body></text></TEI>
[374/0400]
Sc
“Ach, ſtolze Sylvia, laß deinen Zorn ſich
wenden!
“Jch will dir, wo du willſt, auch wohl Ge-
ſchenke ſenden;
“Nicht etwa, die der Wald und unſer Gar-
ten hegt,
“Nicht, wie das reife Feld ihn in die Scheu-
ne legt:
“Nein! ſondern einen Putz mit Puder uͤber-
ſchlagen,
“Wie in der Stadt itzund die Buͤrgertoͤchter
tragen.
Mathilde ſagte: ſie wohne auf dem Lande; ſey eine
Schaͤferin; brauche alſo keinen Puder. Worauf
er mit einem tiefen Seufzer verſetzte, und den
Strick zeigte:
“Doch, wo du auch hierdurch nicht zu bewe-
gen biſt:
“So weis ich Aermſter nicht, was weiter
uͤbrig iſt,
“Als daß ich meinen Rumpf an einen Eich-
baum henke;
“Vieleicht liebſt du mich todt, weil ich dich le-
bend kraͤnke.
Ey! Ey! mein Sohn! ſagte Ruſtefeil: ein ſol-
ches Verfahren iſt zu gottlos fuͤr einen Schaͤfer.
Du biſt eine ehrliche Haut; aber in einer ſchlim-
men Schule geweſen. Was machen da die Edel-
ſteine auf dem Schaͤferhute? Das muß nicht
ſeyn! Wir wollen nicht Hochzeit machen; ſon-
dern den Tanz verſchieben, und eſſen. “Mein
“Kind!
Informationen zur CAB-Ansicht
Diese Ansicht bietet Ihnen die Darstellung des Textes in normalisierter Orthographie.
Diese Textvariante wird vollautomatisch erstellt und kann aufgrund dessen auch Fehler enthalten.
Alle veränderten Wortformen sind grau hinterlegt. Als fremdsprachliches Material erkannte
Textteile sind ausgegraut dargestellt.
Schönaich, Christoph Otto von: Die ganze Aesthetik in einer Nuß, oder Neologisches Wörterbuch. [Breslau], 1754, S. 374. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/schoenaich_aesthetik_1754/400>, abgerufen am 21.11.2024.
Alle Inhalte dieser Seite unterstehen, soweit nicht anders gekennzeichnet, einer
Creative-Commons-Lizenz.
Die Rechte an den angezeigten Bilddigitalisaten, soweit nicht anders gekennzeichnet, liegen bei den besitzenden Bibliotheken.
Weitere Informationen finden Sie in den DTA-Nutzungsbedingungen.
Insbesondere im Hinblick auf die §§ 86a StGB und 130 StGB wird festgestellt, dass die auf
diesen Seiten abgebildeten Inhalte weder in irgendeiner Form propagandistischen Zwecken
dienen, oder Werbung für verbotene Organisationen oder Vereinigungen darstellen, oder
nationalsozialistische Verbrechen leugnen oder verharmlosen, noch zum Zwecke der
Herabwürdigung der Menschenwürde gezeigt werden.
Die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte (in Wort und Bild) dienen im Sinne des
§ 86 StGB Abs. 3 ausschließlich historischen, sozial- oder kulturwissenschaftlichen
Forschungszwecken. Ihre Veröffentlichung erfolgt in der Absicht, Wissen zur Anregung
der intellektuellen Selbstständigkeit und Verantwortungsbereitschaft des Staatsbürgers zu
vermitteln und damit der Förderung seiner Mündigkeit zu dienen.
Zitierempfehlung: Deutsches Textarchiv. Grundlage für ein Referenzkorpus der neuhochdeutschen Sprache. Herausgegeben von der Berlin-Brandenburgischen Akademie der Wissenschaften, Berlin 2024. URL: https://www.deutschestextarchiv.de/.