Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Schönaich, Christoph Otto von: Die ganze Aesthetik in einer Nuß, oder Neologisches Wörterbuch. [Breslau], 1754.

Bild:
<< vorherige Seite

En
eine Wortfügung. Nach einem Endzwecke stre-
ben, ist schlecht geschrieben. Herr Buttstett
giebt es niedlicher:
Einen Endzweck eintreten.

Das ist deutsch! recht kern deutsch.

Engelbewacht,

a. St. von den Engeln bewacht.
So kann man nicht in der heiligen Dichtkunst sa-
gen, von Soldaten bewacht. Das wäre zwar
der Sprachlehre gemäß; aber es ist zu langweilig.
Sprich z. E. Nachtwächterbewacht: das wird
schön seyn.

Aber im niedersten Abschnitt des engelbewache-
ten Berges. Noah, 16 S.

Es verräth ein niederträchtiges Gemüth, wenn
Kunstrichter ihren Verstand anstrengen, aus den
Schriften berühmter Männer Fehler zu klauben.
Das ist eben so, als wenn in dem Heydenthume ein
naseweiser Witzling den Götzendienern die Spinne-
weben eines hölzernen und verehreten Jupiters
hätte sammlen, und wöchentlich den atheniensi-
schen Herren Studenten
verkaufen wollen.
Wir glauben, eine größere Seele zu zeigen; denn
bringen wir unsern Götzen nicht Weihrauch? Ja,
wir treiben unsere Abgötterey so hoch, daß wir ih-
nen, wie Boileau saget, oft mit dem Rauchfasse
übers Gesicht fahren.

Ent.

Endlich, meine Freunde! komme ich auf ein
Syllbchen, welches recht, wie die Zauberruthe der
Circe, die schlechtesten und oft nie gedachten Wör-
ter, gleichsam auf einen Schlag, vergöttert, und
verengelt. So sagen z. E. Se. Gn. der Herr v.

Haller

En
eine Wortfuͤgung. Nach einem Endzwecke ſtre-
ben, iſt ſchlecht geſchrieben. Herr Buttſtett
giebt es niedlicher:
Einen Endzweck eintreten.

Das iſt deutſch! recht kern deutſch.

Engelbewacht,

a. St. von den Engeln bewacht.
So kann man nicht in der heiligen Dichtkunſt ſa-
gen, von Soldaten bewacht. Das waͤre zwar
der Sprachlehre gemaͤß; aber es iſt zu langweilig.
Sprich z. E. Nachtwaͤchterbewacht: das wird
ſchoͤn ſeyn.

Aber im niederſten Abſchnitt des engelbewache-
ten Berges. Noah, 16 S.

Es verraͤth ein niedertraͤchtiges Gemuͤth, wenn
Kunſtrichter ihren Verſtand anſtrengen, aus den
Schriften beruͤhmter Maͤnner Fehler zu klauben.
Das iſt eben ſo, als wenn in dem Heydenthume ein
naſeweiſer Witzling den Goͤtzendienern die Spinne-
weben eines hoͤlzernen und verehreten Jupiters
haͤtte ſammlen, und woͤchentlich den athenienſi-
ſchen Herren Studenten
verkaufen wollen.
Wir glauben, eine groͤßere Seele zu zeigen; denn
bringen wir unſern Goͤtzen nicht Weihrauch? Ja,
wir treiben unſere Abgoͤtterey ſo hoch, daß wir ih-
nen, wie Boileau ſaget, oft mit dem Rauchfaſſe
uͤbers Geſicht fahren.

Ent.

Endlich, meine Freunde! komme ich auf ein
Syllbchen, welches recht, wie die Zauberruthe der
Circe, die ſchlechteſten und oft nie gedachten Woͤr-
ter, gleichſam auf einen Schlag, vergoͤttert, und
verengelt. So ſagen z. E. Se. Gn. der Herr v.

Haller
<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <div n="2">
          <div n="3">
            <p><pb facs="#f0142" n="116"/><fw place="top" type="header">En</fw><lb/>
eine Wortfu&#x0364;gung. Nach einem Endzwecke &#x017F;tre-<lb/>
ben, i&#x017F;t &#x017F;chlecht ge&#x017F;chrieben. <hi rendition="#fr">Herr Butt&#x017F;tett</hi><lb/>
giebt es niedlicher:<lb/><hi rendition="#et"><hi rendition="#fr">Einen Endzweck eintreten.</hi></hi></p><lb/>
            <p>Das <hi rendition="#fr">i&#x017F;t deut&#x017F;ch! recht kern deut&#x017F;ch.</hi></p>
          </div><lb/>
          <div n="3">
            <head>Engelbewacht,</head>
            <p>a. St. <hi rendition="#fr">von den Engeln bewacht.</hi><lb/>
So kann man nicht in der <hi rendition="#fr">heiligen Dichtkun&#x017F;t</hi> &#x017F;a-<lb/>
gen, <hi rendition="#fr">von Soldaten bewacht.</hi> Das wa&#x0364;re zwar<lb/>
der Sprachlehre gema&#x0364;ß; aber es i&#x017F;t zu langweilig.<lb/>
Sprich z. E. <hi rendition="#fr">Nachtwa&#x0364;chterbewacht:</hi> das wird<lb/>
&#x017F;cho&#x0364;n &#x017F;eyn.</p><lb/>
            <cit>
              <quote>Aber im nieder&#x017F;ten Ab&#x017F;chnitt des <hi rendition="#fr">engelbewache-</hi><lb/><hi rendition="#et"><hi rendition="#fr">ten</hi> Berges. <hi rendition="#fr">Noah, 16 S.</hi></hi></quote>
              <bibl/>
            </cit><lb/>
            <p>Es verra&#x0364;th ein niedertra&#x0364;chtiges Gemu&#x0364;th, wenn<lb/>
Kun&#x017F;trichter ihren Ver&#x017F;tand an&#x017F;trengen, aus den<lb/>
Schriften beru&#x0364;hmter Ma&#x0364;nner Fehler zu klauben.<lb/>
Das i&#x017F;t eben &#x017F;o, als wenn in dem Heydenthume ein<lb/>
na&#x017F;ewei&#x017F;er Witzling den Go&#x0364;tzendienern die Spinne-<lb/>
weben eines ho&#x0364;lzernen und verehreten <hi rendition="#fr">Jupiters</hi><lb/>
ha&#x0364;tte &#x017F;ammlen, und wo&#x0364;chentlich den <hi rendition="#fr">athenien&#x017F;i-<lb/>
&#x017F;chen Herren Studenten</hi> verkaufen wollen.<lb/>
Wir glauben, eine gro&#x0364;ßere Seele zu zeigen; denn<lb/>
bringen wir un&#x017F;ern Go&#x0364;tzen nicht Weihrauch? Ja,<lb/>
wir treiben un&#x017F;ere Abgo&#x0364;tterey &#x017F;o hoch, daß wir ih-<lb/>
nen, wie <hi rendition="#fr">Boileau</hi> &#x017F;aget, oft mit dem Rauchfa&#x017F;&#x017F;e<lb/>
u&#x0364;bers Ge&#x017F;icht fahren.</p>
          </div><lb/>
          <div n="3">
            <head>Ent.</head>
            <p>Endlich, meine Freunde! komme ich auf ein<lb/>
Syllbchen, welches recht, wie die Zauberruthe der<lb/><hi rendition="#fr">Circe,</hi> die &#x017F;chlechte&#x017F;ten und oft nie gedachten Wo&#x0364;r-<lb/>
ter, gleich&#x017F;am auf einen Schlag, vergo&#x0364;ttert, und<lb/><hi rendition="#fr">verengelt.</hi> So &#x017F;agen z. E. <hi rendition="#fr">Se. Gn.</hi> der Herr v.<lb/>
<fw place="bottom" type="catch"><hi rendition="#fr">Haller</hi></fw><lb/></p>
          </div>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[116/0142] En eine Wortfuͤgung. Nach einem Endzwecke ſtre- ben, iſt ſchlecht geſchrieben. Herr Buttſtett giebt es niedlicher: Einen Endzweck eintreten. Das iſt deutſch! recht kern deutſch. Engelbewacht, a. St. von den Engeln bewacht. So kann man nicht in der heiligen Dichtkunſt ſa- gen, von Soldaten bewacht. Das waͤre zwar der Sprachlehre gemaͤß; aber es iſt zu langweilig. Sprich z. E. Nachtwaͤchterbewacht: das wird ſchoͤn ſeyn. Aber im niederſten Abſchnitt des engelbewache- ten Berges. Noah, 16 S. Es verraͤth ein niedertraͤchtiges Gemuͤth, wenn Kunſtrichter ihren Verſtand anſtrengen, aus den Schriften beruͤhmter Maͤnner Fehler zu klauben. Das iſt eben ſo, als wenn in dem Heydenthume ein naſeweiſer Witzling den Goͤtzendienern die Spinne- weben eines hoͤlzernen und verehreten Jupiters haͤtte ſammlen, und woͤchentlich den athenienſi- ſchen Herren Studenten verkaufen wollen. Wir glauben, eine groͤßere Seele zu zeigen; denn bringen wir unſern Goͤtzen nicht Weihrauch? Ja, wir treiben unſere Abgoͤtterey ſo hoch, daß wir ih- nen, wie Boileau ſaget, oft mit dem Rauchfaſſe uͤbers Geſicht fahren. Ent. Endlich, meine Freunde! komme ich auf ein Syllbchen, welches recht, wie die Zauberruthe der Circe, die ſchlechteſten und oft nie gedachten Woͤr- ter, gleichſam auf einen Schlag, vergoͤttert, und verengelt. So ſagen z. E. Se. Gn. der Herr v. Haller

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/schoenaich_aesthetik_1754
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/schoenaich_aesthetik_1754/142
Zitationshilfe: Schönaich, Christoph Otto von: Die ganze Aesthetik in einer Nuß, oder Neologisches Wörterbuch. [Breslau], 1754, S. 116. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/schoenaich_aesthetik_1754/142>, abgerufen am 21.11.2024.