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Schnitzler, Arthur: Traumnovelle. Berlin, 1926.

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"Nein", sagte die Pierrette mit leuchtenden Augen, "einen Hermelinmantel mußt du diesem Herrn geben und ein rotseidenes Wams."

"Du rührst dich nicht von meiner Seite", sagte Gibiser und wies auf eine dunkle Kutte, die zwischen einem Landsknecht und einem venezianischen Senator hing. "Dieses entspricht Ihrer Größe, hier der passende Hut, nehmen Sie, rasch."

Nun meldeten sich von neuem die Femrichter. "Sie werden uns unverzüglich hinauslassen, Herr Chibisier", sie sprachen den Namen Gibiser zu Fridolins Befremden französisch aus.

"Davon kann keine Rede sein," erwiderte der Maskenverleiher höhnisch, "vorläufig werden Sie die Freundlichkeit haben, hier meine Rückkehr abzuwarten."

Indes fuhr Fridolin in die Kutte, band die Enden der herunterhängenden weißen Schnur in einen Knoten, Gibiser reichte ihm, auf einer schmalen Leiter stehend, den schwarzen, breitkrempigen Pilgerhut herunter, und Fridolin setzte ihn auf; doch dies alles tat er wie unter einem Zwang, denn immer stärker empfand er es wie eine Verpflichtung, zu bleiben und der Pierrette in einer drohenden Gefahr beizustehen. Die Larve, die Gibiser ihm nun in die Hand drückte und die er gleich probierte, roch nach einem fremdartigen, etwas widerlichen Parfüm.

„Nein“, sagte die Pierrette mit leuchtenden Augen, „einen Hermelinmantel mußt du diesem Herrn geben und ein rotseidenes Wams.“

„Du rührst dich nicht von meiner Seite“, sagte Gibiser und wies auf eine dunkle Kutte, die zwischen einem Landsknecht und einem venezianischen Senator hing. „Dieses entspricht Ihrer Größe, hier der passende Hut, nehmen Sie, rasch.“

Nun meldeten sich von neuem die Femrichter. „Sie werden uns unverzüglich hinauslassen, Herr Chibisier“, sie sprachen den Namen Gibiser zu Fridolins Befremden französisch aus.

„Davon kann keine Rede sein,“ erwiderte der Maskenverleiher höhnisch, „vorläufig werden Sie die Freundlichkeit haben, hier meine Rückkehr abzuwarten.“

Indes fuhr Fridolin in die Kutte, band die Enden der herunterhängenden weißen Schnur in einen Knoten, Gibiser reichte ihm, auf einer schmalen Leiter stehend, den schwarzen, breitkrempigen Pilgerhut herunter, und Fridolin setzte ihn auf; doch dies alles tat er wie unter einem Zwang, denn immer stärker empfand er es wie eine Verpflichtung, zu bleiben und der Pierrette in einer drohenden Gefahr beizustehen. Die Larve, die Gibiser ihm nun in die Hand drückte und die er gleich probierte, roch nach einem fremdartigen, etwas widerlichen Parfüm.

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[52/0054] „Nein“, sagte die Pierrette mit leuchtenden Augen, „einen Hermelinmantel mußt du diesem Herrn geben und ein rotseidenes Wams.“ „Du rührst dich nicht von meiner Seite“, sagte Gibiser und wies auf eine dunkle Kutte, die zwischen einem Landsknecht und einem venezianischen Senator hing. „Dieses entspricht Ihrer Größe, hier der passende Hut, nehmen Sie, rasch.“ Nun meldeten sich von neuem die Femrichter. „Sie werden uns unverzüglich hinauslassen, Herr Chibisier“, sie sprachen den Namen Gibiser zu Fridolins Befremden französisch aus. „Davon kann keine Rede sein,“ erwiderte der Maskenverleiher höhnisch, „vorläufig werden Sie die Freundlichkeit haben, hier meine Rückkehr abzuwarten.“ Indes fuhr Fridolin in die Kutte, band die Enden der herunterhängenden weißen Schnur in einen Knoten, Gibiser reichte ihm, auf einer schmalen Leiter stehend, den schwarzen, breitkrempigen Pilgerhut herunter, und Fridolin setzte ihn auf; doch dies alles tat er wie unter einem Zwang, denn immer stärker empfand er es wie eine Verpflichtung, zu bleiben und der Pierrette in einer drohenden Gefahr beizustehen. Die Larve, die Gibiser ihm nun in die Hand drückte und die er gleich probierte, roch nach einem fremdartigen, etwas widerlichen Parfüm.

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Zitationshilfe: Schnitzler, Arthur: Traumnovelle. Berlin, 1926, S. 52. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/schnitzler_traumnovelle_1926/54>, abgerufen am 28.04.2024.