Schnitzler, Arthur: Reigen. Wien, 1903.Abend. -- Ein mit banaler Eleganz möblierter Salon in einem Hause der Schwindgasse. Der junge Herr ist eben eingetreten, zündet, während er noch den Hut auf dem Kopf und den Überzieher an hat, die Kerzen an. Dann öffnet er die Tür zum Neben- zimmer und wirft einen Blick hinein. Von den Kerzen des Salons geht der Lichtschein über das Parkett bis zu einem Himmelbett, das an der abschließenden Wand steht. Von dem Kamin in einer Ecke des Schlafzimmers ver- breitet sich ein rötlicher Lichtschein auf die Vorhänge des Bettes. -- Der junge Herr besichtigt auch das Schlaf- zimmer. Von dem Trumeau nimmt er einen Sprayapparat und bespritzt die Bettpolster mit feinen Strahlen von Veilchenparfüm. Dann geht er mit dem Sprayapparat durch beide Zimmer und drückt unaufhörlich auf den kleinen Ballon, so daß es bald überall nach Veilchen riecht. Dann legt er Überzieher und Hut ab. Er setzt sich auf das blausammtene Fauteuil, zündet sich eine Zigarette an und raucht. Nach einer kleinen Weile erhebt er sich wieder und vergewissert sich, daß die grünen Jalousien geschlossen sind. Plötzlich geht er wieder ins Schlafzimmer, öffnet die Lade des Nachtkästchens. Er fühlt hinein und findet eine Schildkrothaarnadel. Er sucht nach einem Ort, sie zu verstecken, gibt sie endlich in die Tasche seines Überziehers. Dann öffnet er einen Abend. — Ein mit banaler Eleganz möblierter Salon in einem Hause der Schwindgasse. Der junge Herr ist eben eingetreten, zündet, während er noch den Hut auf dem Kopf und den Überzieher an hat, die Kerzen an. Dann öffnet er die Tür zum Neben- zimmer und wirft einen Blick hinein. Von den Kerzen des Salons geht der Lichtschein über das Parkett bis zu einem Himmelbett, das an der abschließenden Wand steht. Von dem Kamin in einer Ecke des Schlafzimmers ver- breitet sich ein rötlicher Lichtschein auf die Vorhänge des Bettes. — Der junge Herr besichtigt auch das Schlaf- zimmer. Von dem Trumeau nimmt er einen Sprayapparat und bespritzt die Bettpolster mit feinen Strahlen von Veilchenparfüm. Dann geht er mit dem Sprayapparat durch beide Zimmer und drückt unaufhörlich auf den kleinen Ballon, so daß es bald überall nach Veilchen riecht. Dann legt er Überzieher und Hut ab. Er setzt sich auf das blausammtene Fauteuil, zündet sich eine Zigarette an und raucht. Nach einer kleinen Weile erhebt er sich wieder und vergewissert sich, daß die grünen Jalousien geschlossen sind. Plötzlich geht er wieder ins Schlafzimmer, öffnet die Lade des Nachtkästchens. Er fühlt hinein und findet eine Schildkrothaarnadel. Er sucht nach einem Ort, sie zu verstecken, gibt sie endlich in die Tasche seines Überziehers. Dann öffnet er einen <TEI> <text> <body> <div n="2"> <pb facs="#f0055" n="[47]"/> <stage>Abend. — Ein mit banaler Eleganz möblierter Salon in<lb/> einem Hause der Schwindgasse.<lb/><hi rendition="#g">Der junge Herr</hi> ist eben eingetreten, zündet, während er<lb/> noch den Hut auf dem Kopf und den Überzieher an hat,<lb/> die Kerzen an. Dann öffnet er die Tür zum Neben-<lb/> zimmer und wirft einen Blick hinein. Von den Kerzen<lb/> des Salons geht der Lichtschein über das Parkett bis zu<lb/> einem Himmelbett, das an der abschließenden Wand steht.<lb/> Von dem Kamin in einer Ecke des Schlafzimmers ver-<lb/> breitet sich ein rötlicher Lichtschein auf die Vorhänge<lb/> des Bettes. — Der junge Herr besichtigt auch das Schlaf-<lb/> zimmer. Von dem Trumeau nimmt er einen Sprayapparat<lb/> und bespritzt die Bettpolster mit feinen Strahlen von<lb/> Veilchenparfüm. Dann geht er mit dem Sprayapparat<lb/> durch beide Zimmer und drückt unaufhörlich auf den<lb/> kleinen Ballon, so daß es bald überall nach Veilchen<lb/> riecht. Dann legt er Überzieher und Hut ab. Er setzt<lb/> sich auf das blausammtene Fauteuil, zündet sich eine<lb/> Zigarette an und raucht. Nach einer kleinen Weile erhebt<lb/> er sich wieder und vergewissert sich, daß die grünen<lb/> Jalousien geschlossen sind. Plötzlich geht er wieder ins<lb/> Schlafzimmer, öffnet die Lade des Nachtkästchens. Er<lb/> fühlt hinein und findet eine Schildkrothaarnadel. Er sucht<lb/> nach einem Ort, sie zu verstecken, gibt sie endlich in<lb/> die Tasche seines Überziehers. Dann öffnet er einen<lb/></stage> </div> </body> </text> </TEI> [[47]/0055]
Abend. — Ein mit banaler Eleganz möblierter Salon in
einem Hause der Schwindgasse.
Der junge Herr ist eben eingetreten, zündet, während er
noch den Hut auf dem Kopf und den Überzieher an hat,
die Kerzen an. Dann öffnet er die Tür zum Neben-
zimmer und wirft einen Blick hinein. Von den Kerzen
des Salons geht der Lichtschein über das Parkett bis zu
einem Himmelbett, das an der abschließenden Wand steht.
Von dem Kamin in einer Ecke des Schlafzimmers ver-
breitet sich ein rötlicher Lichtschein auf die Vorhänge
des Bettes. — Der junge Herr besichtigt auch das Schlaf-
zimmer. Von dem Trumeau nimmt er einen Sprayapparat
und bespritzt die Bettpolster mit feinen Strahlen von
Veilchenparfüm. Dann geht er mit dem Sprayapparat
durch beide Zimmer und drückt unaufhörlich auf den
kleinen Ballon, so daß es bald überall nach Veilchen
riecht. Dann legt er Überzieher und Hut ab. Er setzt
sich auf das blausammtene Fauteuil, zündet sich eine
Zigarette an und raucht. Nach einer kleinen Weile erhebt
er sich wieder und vergewissert sich, daß die grünen
Jalousien geschlossen sind. Plötzlich geht er wieder ins
Schlafzimmer, öffnet die Lade des Nachtkästchens. Er
fühlt hinein und findet eine Schildkrothaarnadel. Er sucht
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Zitationshilfe: | Schnitzler, Arthur: Reigen. Wien, 1903, S. [47]. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/schnitzler_reigen_1903/55>, abgerufen am 16.02.2025. |