Schnitzler, Arthur: Reigen. Wien, 1903. Graf. Aber in Wien grad' so! Die Menschen sind überall dieselben; da wo mehr sind, ist halt das Gedräng' größer, das ist der ganze Unterschied. Sagen S' Fräulein, haben Sie die Menschen eigentlich gern? Schauspielerin. Gern --?? Ich hasse sie! Ich kann keine seh'n! Ich seh' auch nie jemanden. Ich bin immer allein, dieses Haus betritt niemand. Graf. Seh'n S', das hab' ich mir gedacht, daß Sie eigentlich eine Menschenfeindin sind. Bei der Kunst muß das oft vorkommen. Wenn man so in den höheren Regionen .... na, Sie haben 's gut, Sie wissen doch wenigstens, warum Sie leben! Schauspielerin. Wer sagt Ihnen das? Ich habe keine Ahnung, wozu ich lebe! Graf. Ich bitt' Sie, Fräulein, -- berühmt -- gefeiert -- Graf. Aber in Wien grad’ so! Die Menschen sind überall dieselben; da wo mehr sind, ist halt das Gedräng’ größer, das ist der ganze Unterschied. Sagen S’ Fräulein, haben Sie die Menschen eigentlich gern? Schauspielerin. Gern —?? Ich hasse sie! Ich kann keine seh’n! Ich seh’ auch nie jemanden. Ich bin immer allein, dieses Haus betritt niemand. Graf. Seh’n S’, das hab’ ich mir gedacht, daß Sie eigentlich eine Menschenfeindin sind. Bei der Kunst muß das oft vorkommen. Wenn man so in den höheren Regionen .... na, Sie haben ’s gut, Sie wissen doch wenigstens, warum Sie leben! Schauspielerin. Wer sagt Ihnen das? Ich habe keine Ahnung, wozu ich lebe! Graf. Ich bitt’ Sie, Fräulein, — berühmt — gefeiert — <TEI> <text> <body> <div n="2"> <pb facs="#f0221" n="213"/> <sp who="#GRAF"> <speaker> <hi rendition="#b">Graf.</hi> </speaker><lb/> <p>Aber in Wien grad’ so! Die Menschen sind<lb/> überall dieselben; da wo mehr sind, ist halt<lb/> das Gedräng’ größer, das ist der ganze<lb/> Unterschied. Sagen S’ Fräulein, haben Sie<lb/> die Menschen eigentlich gern?</p> </sp><lb/> <sp who="#SCHAU"> <speaker> <hi rendition="#b">Schauspielerin.</hi> </speaker><lb/> <p>Gern —?? Ich hasse sie! Ich kann keine<lb/> seh’n! Ich seh’ auch nie jemanden. Ich bin<lb/> immer allein, dieses Haus betritt niemand.</p> </sp><lb/> <sp who="#GRAF"> <speaker> <hi rendition="#b">Graf.</hi> </speaker><lb/> <p>Seh’n S’, das hab’ ich mir gedacht, daß Sie<lb/> eigentlich eine Menschenfeindin sind. Bei<lb/> der Kunst muß das oft vorkommen. Wenn<lb/> man so in den höheren Regionen .... na,<lb/> Sie haben ’s gut, Sie wissen doch wenigstens,<lb/> warum Sie leben!</p> </sp><lb/> <sp who="#SCHAU"> <speaker> <hi rendition="#b">Schauspielerin.</hi> </speaker><lb/> <p>Wer sagt Ihnen das? Ich habe keine Ahnung,<lb/> wozu ich lebe!</p> </sp><lb/> <sp who="#GRAF"> <speaker> <hi rendition="#b">Graf.</hi> </speaker><lb/> <p>Ich bitt’ Sie, Fräulein, — berühmt — gefeiert —</p> </sp><lb/> </div> </body> </text> </TEI> [213/0221]
Graf.
Aber in Wien grad’ so! Die Menschen sind
überall dieselben; da wo mehr sind, ist halt
das Gedräng’ größer, das ist der ganze
Unterschied. Sagen S’ Fräulein, haben Sie
die Menschen eigentlich gern?
Schauspielerin.
Gern —?? Ich hasse sie! Ich kann keine
seh’n! Ich seh’ auch nie jemanden. Ich bin
immer allein, dieses Haus betritt niemand.
Graf.
Seh’n S’, das hab’ ich mir gedacht, daß Sie
eigentlich eine Menschenfeindin sind. Bei
der Kunst muß das oft vorkommen. Wenn
man so in den höheren Regionen .... na,
Sie haben ’s gut, Sie wissen doch wenigstens,
warum Sie leben!
Schauspielerin.
Wer sagt Ihnen das? Ich habe keine Ahnung,
wozu ich lebe!
Graf.
Ich bitt’ Sie, Fräulein, — berühmt — gefeiert —
Suche im WerkInformationen zum Werk
Download dieses Werks
XML (TEI P5) ·
HTML ·
Text Metadaten zum WerkTEI-Header · CMDI · Dublin Core Ansichten dieser Seite
Voyant Tools
|
URL zu diesem Werk: | https://www.deutschestextarchiv.de/schnitzler_reigen_1903 |
URL zu dieser Seite: | https://www.deutschestextarchiv.de/schnitzler_reigen_1903/221 |
Zitationshilfe: | Schnitzler, Arthur: Reigen. Wien, 1903, S. 213. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/schnitzler_reigen_1903/221>, abgerufen am 28.07.2024. |