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Schnitzler, Arthur: Fräulein Else. Novelle. Berlin u. a., 1924.

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zu sprechen, sehr ernsthaft. Er hält etwas auf mich. Ich darf sagen, wenn jemand einen gewissen Einfluß auf ihn zu nehmen imstande ist, so bin es noch am ehesten ich" - "Sie sind ja ein rührendes, ein entzückendes Geschöpf, Fräulein Else." - Seine Stimme klingt schon wieder. Wie zuwider ist mir das, wenn es so zu klingen anfängt bei den Männern. Auch bei Fred mag ich es nicht. - "Ein entzückendes Geschöpf in der Tat." - Warum sagt er ,in der Tat'? Das ist abgeschmackt. Das sagt man doch nur im Burgtheater. - "Aber so gern ich Ihren Optimismus teilen möchte - wenn der Karren einmal so verfahren ist." - "Das ist er nicht, Herr von Dorsday. Wenn ich an Papa nicht glauben würde, wenn ich nicht ganz überzeugt wäre, daß diese dreißigtausend Gulden" - Ich weiß nicht, was ich weiter sagen soll. Ich kann ihn doch nicht geradezu anbetteln. Er überlegt. Offenbar. Vielleicht weiß er die Adresse von Fiala nicht? Unsinn. Die Situation ist unmöglich. Ich sitze da wie eine arme Sünderin. Er steht vor mir und bohrt mir das Monokel in die Stirn und schweigt. Ich werde jetzt aufstehen, das ist das beste. Ich lasse mich nicht so behandeln. Papa soll

zu sprechen, sehr ernsthaft. Er hält etwas auf mich. Ich darf sagen, wenn jemand einen gewissen Einfluß auf ihn zu nehmen imstande ist, so bin es noch am ehesten ich“ – „Sie sind ja ein rührendes, ein entzückendes Geschöpf, Fräulein Else.“ – Seine Stimme klingt schon wieder. Wie zuwider ist mir das, wenn es so zu klingen anfängt bei den Männern. Auch bei Fred mag ich es nicht. – „Ein entzückendes Geschöpf in der Tat.“ – Warum sagt er ‚in der Tat‘? Das ist abgeschmackt. Das sagt man doch nur im Burgtheater. – „Aber so gern ich Ihren Optimismus teilen möchte – wenn der Karren einmal so verfahren ist.“ – „Das ist er nicht, Herr von Dorsday. Wenn ich an Papa nicht glauben würde, wenn ich nicht ganz überzeugt wäre, daß diese dreißigtausend Gulden“ – Ich weiß nicht, was ich weiter sagen soll. Ich kann ihn doch nicht geradezu anbetteln. Er überlegt. Offenbar. Vielleicht weiß er die Adresse von Fiala nicht? Unsinn. Die Situation ist unmöglich. Ich sitze da wie eine arme Sünderin. Er steht vor mir und bohrt mir das Monokel in die Stirn und schweigt. Ich werde jetzt aufstehen, das ist das beste. Ich lasse mich nicht so behandeln. Papa soll

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[53/0051] zu sprechen, sehr ernsthaft. Er hält etwas auf mich. Ich darf sagen, wenn jemand einen gewissen Einfluß auf ihn zu nehmen imstande ist, so bin es noch am ehesten ich“ – „Sie sind ja ein rührendes, ein entzückendes Geschöpf, Fräulein Else.“ – Seine Stimme klingt schon wieder. Wie zuwider ist mir das, wenn es so zu klingen anfängt bei den Männern. Auch bei Fred mag ich es nicht. – „Ein entzückendes Geschöpf in der Tat.“ – Warum sagt er ‚in der Tat‘? Das ist abgeschmackt. Das sagt man doch nur im Burgtheater. – „Aber so gern ich Ihren Optimismus teilen möchte – wenn der Karren einmal so verfahren ist.“ – „Das ist er nicht, Herr von Dorsday. Wenn ich an Papa nicht glauben würde, wenn ich nicht ganz überzeugt wäre, daß diese dreißigtausend Gulden“ – Ich weiß nicht, was ich weiter sagen soll. Ich kann ihn doch nicht geradezu anbetteln. Er überlegt. Offenbar. Vielleicht weiß er die Adresse von Fiala nicht? Unsinn. Die Situation ist unmöglich. Ich sitze da wie eine arme Sünderin. Er steht vor mir und bohrt mir das Monokel in die Stirn und schweigt. Ich werde jetzt aufstehen, das ist das beste. Ich lasse mich nicht so behandeln. Papa soll

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Zitationshilfe: Schnitzler, Arthur: Fräulein Else. Novelle. Berlin u. a., 1924, S. 53. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/schnitzler_else_1924/51>, abgerufen am 26.04.2024.