Schnitzler, Arthur: Fräulein Else. Novelle. Berlin u. a., 1924.denn eigentlich, Fräulein Else? Was steht denn in dem traurigen Brief von Mama!" - "Herr von Dorsday, der Papa" - Mir zittern die Knie. "Die Mama schreibt mir, daß der Papa" - "Aber um Gottes willen, Else, was ist Ihnen denn? Wollen Sie nicht lieber - hier ist eine Bank. Darf ich Ihnen den Mantel umgeben? Es ist etwas kühl." - "Danke, Herr von Dorsday, o, es ist nichts, gar nichts besonderes." So, da sitze ich nun plötzlich auf der Bank. Wer ist die Dame, die da vorüber kommt? Kenn' ich gar nicht. Wenn ich nur nicht weiterreden müßte. Wie er mich ansieht! Wie konntest du das von mir verlangen, Papa? Das war nicht recht von dir, Papa. Nun ist es einmal geschehen. Ich hätte bis nach dem Diner warten sollen. "Nun, Fräulein Else?" - Sein Monokel baumelt. Dumm sieht das aus. Soll ich ihm antworten? Ich muß ja. Also geschwind, damit ich es hinter mir habe. Was kann mir denn passieren? Er ist ein Freund von Papa. "Ach Gott, Herr von Dorsday, Sie sind ja ein alter Freund unseres Hauses." Das habe ich sehr gut gesagt. "Und es wird Sie wahrscheinlich nicht wundern, wenn ich Ihnen erzähle, daß Papa sich wieder einmal in einer recht denn eigentlich, Fräulein Else? Was steht denn in dem traurigen Brief von Mama!“ – „Herr von Dorsday, der Papa“ – Mir zittern die Knie. „Die Mama schreibt mir, daß der Papa“ – „Aber um Gottes willen, Else, was ist Ihnen denn? Wollen Sie nicht lieber – hier ist eine Bank. Darf ich Ihnen den Mantel umgeben? Es ist etwas kühl.“ – „Danke, Herr von Dorsday, o, es ist nichts, gar nichts besonderes.“ So, da sitze ich nun plötzlich auf der Bank. Wer ist die Dame, die da vorüber kommt? Kenn’ ich gar nicht. Wenn ich nur nicht weiterreden müßte. Wie er mich ansieht! Wie konntest du das von mir verlangen, Papa? Das war nicht recht von dir, Papa. Nun ist es einmal geschehen. Ich hätte bis nach dem Diner warten sollen. „Nun, Fräulein Else?“ – Sein Monokel baumelt. Dumm sieht das aus. Soll ich ihm antworten? Ich muß ja. Also geschwind, damit ich es hinter mir habe. Was kann mir denn passieren? Er ist ein Freund von Papa. „Ach Gott, Herr von Dorsday, Sie sind ja ein alter Freund unseres Hauses.“ Das habe ich sehr gut gesagt. „Und es wird Sie wahrscheinlich nicht wundern, wenn ich Ihnen erzähle, daß Papa sich wieder einmal in einer recht <TEI> <text> <body> <div n="1"> <p><hi rendition="#i"><pb facs="#f0044" n="46"/> denn eigentlich, Fräulein Else? Was steht denn in dem traurigen Brief von Mama!“</hi> – „Herr von Dorsday, der Papa“ – Mir zittern die Knie. „Die Mama schreibt mir, daß der Papa“ – <hi rendition="#i">„Aber um Gottes willen, Else, was ist Ihnen denn? Wollen Sie nicht lieber – hier ist eine Bank. Darf ich Ihnen den Mantel umgeben? Es ist etwas kühl.“</hi> – „Danke, Herr von Dorsday, o, es ist nichts, gar nichts besonderes.“ So, da sitze ich nun plötzlich auf der Bank. Wer ist die Dame, die da vorüber kommt? Kenn’ ich gar nicht. Wenn ich nur nicht weiterreden müßte. Wie er mich ansieht! Wie konntest du das von mir verlangen, Papa? Das war nicht recht von dir, Papa. Nun ist es einmal geschehen. Ich hätte bis nach dem Diner warten sollen. <hi rendition="#i">„Nun, Fräulein Else?“</hi> – Sein Monokel baumelt. Dumm sieht das aus. Soll ich ihm antworten? Ich muß ja. Also geschwind, damit ich es hinter mir habe. Was kann mir denn passieren? Er ist ein Freund von Papa. „Ach Gott, Herr von Dorsday, Sie sind ja ein alter Freund unseres Hauses.“ Das habe ich sehr gut gesagt. „Und es wird Sie wahrscheinlich nicht wundern, wenn ich Ihnen erzähle, daß Papa sich wieder einmal in einer recht </p> </div> </body> </text> </TEI> [46/0044]
denn eigentlich, Fräulein Else? Was steht denn in dem traurigen Brief von Mama!“ – „Herr von Dorsday, der Papa“ – Mir zittern die Knie. „Die Mama schreibt mir, daß der Papa“ – „Aber um Gottes willen, Else, was ist Ihnen denn? Wollen Sie nicht lieber – hier ist eine Bank. Darf ich Ihnen den Mantel umgeben? Es ist etwas kühl.“ – „Danke, Herr von Dorsday, o, es ist nichts, gar nichts besonderes.“ So, da sitze ich nun plötzlich auf der Bank. Wer ist die Dame, die da vorüber kommt? Kenn’ ich gar nicht. Wenn ich nur nicht weiterreden müßte. Wie er mich ansieht! Wie konntest du das von mir verlangen, Papa? Das war nicht recht von dir, Papa. Nun ist es einmal geschehen. Ich hätte bis nach dem Diner warten sollen. „Nun, Fräulein Else?“ – Sein Monokel baumelt. Dumm sieht das aus. Soll ich ihm antworten? Ich muß ja. Also geschwind, damit ich es hinter mir habe. Was kann mir denn passieren? Er ist ein Freund von Papa. „Ach Gott, Herr von Dorsday, Sie sind ja ein alter Freund unseres Hauses.“ Das habe ich sehr gut gesagt. „Und es wird Sie wahrscheinlich nicht wundern, wenn ich Ihnen erzähle, daß Papa sich wieder einmal in einer recht
Suche im WerkInformationen zum Werk
Download dieses Werks
XML (TEI P5) ·
HTML ·
Text Metadaten zum WerkTEI-Header · CMDI · Dublin Core Ansichten dieser Seite
Voyant Tools ?Language Resource Switchboard?FeedbackSie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden. Kommentar zur DTA-AusgabeDieses Werk wurde im Rahmen des Moduls DTA-Erweiterungen (DTAE) digitalisiert. Weitere Informationen … Wikisource: Bereitstellung der Texttranskription und Auszeichnung in Wikisource-Syntax.
(2012-10-29T10:30:31Z)
Bitte beachten Sie, dass die aktuelle Transkription (und Textauszeichnung) mittlerweile nicht mehr dem Stand zum Zeitpunkt der Übernahme aus Wikisource entsprechen muss.
Wikimedia Commons: Bereitstellung der Bilddigitalisate
(2012-10-29T10:30:31Z)
Frank Wiegand: Konvertierung von Wikisource-Markup nach XML/TEI gemäß DTA-Basisformat.
(2012-10-29T10:30:31Z)
Weitere Informationen:Anmerkungen zur Transkription:
|
Insbesondere im Hinblick auf die §§ 86a StGB und 130 StGB wird festgestellt, dass die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte weder in irgendeiner Form propagandistischen Zwecken dienen, oder Werbung für verbotene Organisationen oder Vereinigungen darstellen, oder nationalsozialistische Verbrechen leugnen oder verharmlosen, noch zum Zwecke der Herabwürdigung der Menschenwürde gezeigt werden. Die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte (in Wort und Bild) dienen im Sinne des § 86 StGB Abs. 3 ausschließlich historischen, sozial- oder kulturwissenschaftlichen Forschungszwecken. Ihre Veröffentlichung erfolgt in der Absicht, Wissen zur Anregung der intellektuellen Selbstständigkeit und Verantwortungsbereitschaft des Staatsbürgers zu vermitteln und damit der Förderung seiner Mündigkeit zu dienen.
2007–2024 Deutsches Textarchiv, Berlin-Brandenburgische Akademie der Wissenschaften.
Kontakt: redaktion(at)deutschestextarchiv.de. |