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Gisander [i. e. Schnabel, Johann Gottfried]: Wunderliche Fata einiger See-Fahrer. Bd. 4. Nordhausen, 1743.

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beyden wieder in die Höhe, er aber sagte: "Nun,
&q;meine Schwestern! will ich euch ein Stück mei-
&q;nes Lebens-Wandels erzehlen."

Er that dieses, und weiln weder die Printzes-
sin, noch ich, so gar besondere Lust zum Schlaffe
hatten; als höreten wir ihm mit Vergnügen zu, in-
dem er, so zu sagen, rechte Wunder-Geschichte
vorbrachte, biß der Tag fast anzubrechen schien,
denn weiln er uns etliche Persianische Decken und
Polster aufgebreitet hatte, so schlieffen wir bey ihm
weit ruhiger, als auf der Sand-Jnsul.

Kaum war die Sonne aufgegangen, da Ur-
banus,
wie wir mit unsern noch halb schläffrigen
Augen gewahr wurden, alle seine güldenen Bilder
um den gecreutzigten Heyland herum setzte, sich mit
dem heiligen Creutze vielmahl segnete, und hernach
sein Morgen-Gebet kniend verrichtete, dergleichen
auch wir beyde nach unserer Art und Andacht zu-
gleich mit thaten. Als dieses geschehen, gieng Ur-
banus
zur Clause hinaus, blieb über eine gute Stun-
de lang aussen, und brachte endlich einen ziemlich
grossen Kessel voll gekochten Caffee nebst einem Hu-
the Zucker unter seinem Arme herein getragen. Wir
genossen ein vieles von diesem edlen Geträncke, und
zwar mit gröstem Appetite, aus güldenen Scha-
len, worauf er uns ein anderes starckes Geträncke
darreichte, um das Caffee-Wasser, seinem Sa-
gen nach, damit nieder zu schlagen, welches er selb-
sten erstlich etliche mahl credentzete. Nachdem wir
nun auch von diesem etwas zu uns genommen, gieng
Urbanus an sein Schau-Fenster, rieff Mirzaman-

den
IV. Theil. (i i)

beyden wieder in die Hoͤhe, er aber ſagte: „Nun,
&q;meine Schweſtern! will ich euch ein Stuͤck mei-
&q;nes Lebens-Wandels erzehlen.‟

Er that dieſes, und weiln weder die Printzeſ-
ſin, noch ich, ſo gar beſondere Luſt zum Schlaffe
hatten; als hoͤreten wir ihm mit Vergnuͤgen zu, in-
dem er, ſo zu ſagen, rechte Wunder-Geſchichte
vorbrachte, biß der Tag faſt anzubrechen ſchien,
denn weiln er uns etliche Perſianiſche Decken und
Polſter aufgebreitet hatte, ſo ſchlieffen wir bey ihm
weit ruhiger, als auf der Sand-Jnſul.

Kaum war die Sonne aufgegangen, da Ur-
banus,
wie wir mit unſern noch halb ſchlaͤffrigen
Augen gewahr wurden, alle ſeine guͤldenen Bilder
um den gecreutzigten Heyland herum ſetzte, ſich mit
dem heiligen Creutze vielmahl ſegnete, und hernach
ſein Morgen-Gebet kniend verrichtete, dergleichen
auch wir beyde nach unſerer Art und Andacht zu-
gleich mit thaten. Als dieſes geſchehen, gieng Ur-
banus
zur Clauſe hinaus, blieb uͤber eine gute Stun-
de lang auſſen, und brachte endlich einen ziemlich
groſſen Keſſel voll gekochten Caffee nebſt einem Hu-
the Zucker unter ſeinem Arme herein getragen. Wir
genoſſen ein vieles von dieſem edlen Getraͤncke, und
zwar mit groͤſtem Appetite, aus guͤldenen Scha-
len, worauf er uns ein anderes ſtarckes Getraͤncke
darreichte, um das Caffee-Waſſer, ſeinem Sa-
gen nach, damit nieder zu ſchlagen, welches er ſelb-
ſten erſtlich etliche mahl credentzete. Nachdem wir
nun auch von dieſem etwas zu uns genommen, gieng
Urbanus an ſein Schau-Fenſter, rieff Mirzaman-

den
IV. Theil. (i i)
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[497/0507] beyden wieder in die Hoͤhe, er aber ſagte: „Nun, &q;meine Schweſtern! will ich euch ein Stuͤck mei- &q;nes Lebens-Wandels erzehlen.‟ Er that dieſes, und weiln weder die Printzeſ- ſin, noch ich, ſo gar beſondere Luſt zum Schlaffe hatten; als hoͤreten wir ihm mit Vergnuͤgen zu, in- dem er, ſo zu ſagen, rechte Wunder-Geſchichte vorbrachte, biß der Tag faſt anzubrechen ſchien, denn weiln er uns etliche Perſianiſche Decken und Polſter aufgebreitet hatte, ſo ſchlieffen wir bey ihm weit ruhiger, als auf der Sand-Jnſul. Kaum war die Sonne aufgegangen, da Ur- banus, wie wir mit unſern noch halb ſchlaͤffrigen Augen gewahr wurden, alle ſeine guͤldenen Bilder um den gecreutzigten Heyland herum ſetzte, ſich mit dem heiligen Creutze vielmahl ſegnete, und hernach ſein Morgen-Gebet kniend verrichtete, dergleichen auch wir beyde nach unſerer Art und Andacht zu- gleich mit thaten. Als dieſes geſchehen, gieng Ur- banus zur Clauſe hinaus, blieb uͤber eine gute Stun- de lang auſſen, und brachte endlich einen ziemlich groſſen Keſſel voll gekochten Caffee nebſt einem Hu- the Zucker unter ſeinem Arme herein getragen. Wir genoſſen ein vieles von dieſem edlen Getraͤncke, und zwar mit groͤſtem Appetite, aus guͤldenen Scha- len, worauf er uns ein anderes ſtarckes Getraͤncke darreichte, um das Caffee-Waſſer, ſeinem Sa- gen nach, damit nieder zu ſchlagen, welches er ſelb- ſten erſtlich etliche mahl credentzete. Nachdem wir nun auch von dieſem etwas zu uns genommen, gieng Urbanus an ſein Schau-Fenſter, rieff Mirzaman- den IV. Theil. (i i)

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Zitationshilfe: Gisander [i. e. Schnabel, Johann Gottfried]: Wunderliche Fata einiger See-Fahrer. Bd. 4. Nordhausen, 1743, S. 497. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/schnabel_fata04_1743/507>, abgerufen am 16.06.2024.